Test Yamaha Ténéré 700 Explore Edition: Tiefergelegt

Seite 2: Yamaha Ténéré 700 Explore Edition im Test

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Wichtig für Geländeeinlagen ist natürlich, vorher das dreistufige ABS auszuschalten. Das erfolgt über ein fünf Zoll große TFT-Display, welches interessanterweise hochkant steht. Es ist erfreulich übersichtlich und gut ablesbar, leider ist seine Bedienung suboptimal. Die sitzt rechts am Lenker in Form eines Rädchens mit dem der Fahrer sich durch das Menü scrollt. Zum einen ist es während des Fahrens fast unmöglich, das Rädchen mit dem Daumen zu drehen, ohne am Gasgriff zu ruckeln, zum anderen ist es so empfindlich eingestellt, dass man oft einen Menüpunkt zu weit dreht. Warum die Entwickler es nicht an das linke Lenkerende gelegt haben, bleibt mir ein Rätsel. Für das Ausschalten des ABS sind übrigens fünf Einzelschritte im Menü notwendig. Bei der ersten Ténéré 700, die noch ohne TFT-Display auskam, gab es einen simplen Knopf, der das ABS deaktivierte. Die aktuelle Ténéré 700 besitzt einen Knopf im Cockpit, um das ABS wieder anzuschalten. Zusätzlich aktiviert die Yamaha das ABS sicherheitshalber auch noch automatisch bei jedem Motorstart.

Yamaha Ténéré 700 Explore Edition (7 Bilder)

Der von Yamaha "CP2" genannte Reihenzweizylindern gehört zu den besten Motoren auf dem Markt. Er fühlt sich für mich in jeder Yamaha nach mehr als 73 PS an.
(Bild: Ingo Gach)

Bei der niedrigeren Sitzbank müssen Fahrer und Sozia keine sonderlichen Komfortabstriche machen, weil schon der etwas höhere Sitz der Basis-Version kein Ausbund an Bequemlichkeit ist, dafür geriet er zu schmal. Dennoch lässt es sich auf der Explore Edition selbst auf längeren Etappen aushalten, eine gewisse Leidensfähigkeit gehört bei geländetauglichen Enduros halt dazu. Dafür ist die Sitzhaltung nach wie vor sehr entspannt, der Lenker in optimaler Höhe gelagert, sodass er auch im Stehendfahren keine Verrenkungen erfordert. Die breiten Alu-Fußrasten mit ihren gezackten Kanten geben den Stiefeln im Offroad sicheren Halt, vorausgesetzt die Gummieinlagen wurden entfernt. Sie dienen eigentlich dazu, Vibrationen zu dämpfen, allerdings produziert der Zweizylinder so gut wie keine.

Es bleibt dabei: Der CP2 ist einer der besten Motoren auf dem Markt. Er geht spontan ans Gas und dreht locker bis zur Nenndrehzahl von 9000/min, so dass er dem Fahrer viel stärker vorkommt, als er eigentlich ist. Selbst in Sachen Durchzug gibt der Motor sich keine Blöße, dabei leistet er gerade mal 68 Nm Drehmoment bei 6500/min. Wer im sechsten Gang auf der Landstraße zum Überholen das Gas aufreißt, wird nicht enttäuscht, die Yamaha drückt ordentlich an. Auch auf Asphalt schlägt sich die Ténéré 700 bravourös, durchzirkelt präzise jeden Radius und ist fern jeglicher Nervosität. Trotz ihres langen Radstands von 1590 mm und ihres 21-Zoll-Vorderrads zeigt sie sich erfreulich handlich und lässt sich locker von einer Kurve in die nächste umlegen. Die Pirelli-Reifen gewähren selbst bei hoher Schräglage noch beruhigende Sicherheitsreserven, was in Anbetracht des groben Profils keine Selbstverständlichkeit ist. Die beiden Brembo-Bremszangen am Vorderrad erfüllen ihren Job unspektakulär, aber effektiv.

Meine Befürchtung, die höhere Scheibe könnte den Blick nach vorne verzerren, bewahrheitet sich zum Glück nicht. Stattdessen erweist sie sich als vorzüglicher Windschutz, selbst bei hohen Geschwindigkeiten und die Explore Edition erreicht immerhin 186 km/h. Dabei neigt die Yamaha auch mit montierten Softbags nicht einmal ansatzweise zum Pendeln, sie zieht bei Topspeed stur ihre Bahn. Die Halterungen sind zwar serienmäßig an der Explore Edition vorhanden, das optionale Softtaschen-Set kostet allerdings 757,95 Euro plus 35,95 Euro für die beiden Adapter. Die wahlweise montierbaren Aluminiumkoffer in Silber würden mit insgesamt 927,90 Euro zu Buche schlagen. Sowohl die Softbags, als auch die Koffer werden mit einem Schlüssel an der Halterung verriegelt.

Wer mit der Explore Edition auf Tour geht, darf sich über die Sparsamkeit des Motors freuen. Im Test konsumierten die beiden Zylinder 4,4 Liter Benzin auf hundert Kilometer, wohlgemerkt mit Softtaschen und hoher Scheibe. In Verbindung mit einem 16 Liter fassenden Tank schafft die Yamaha eine theoretische Reichweite von 363 Kilometern. Bei Autobahnrichtgeschwindigkeit genehmigt sich der Motor im Schnitt 5,4 Liter auf hundert Kilometer, immer noch ein ordentlicher Wert für ein hochbeiniges und damit nicht gerade aerodynamisches Motorrad. Im Cockpit sorgt die Tankanzeige für unnötige Nervosität, denn die Reserve-Warnung geht viel zu früh an, dabei schwappen noch rund fünf Liter im Spritfass, entsprechend über hundert Kilometer Zusatzreichweite.

Yamaha erwartet für die Ténéré 700 Explore Edition 12.174 Euro, das sind 800 Euro mehr als für die Basis-Version. Der Mehrwert lässt sich aber nicht nur durch die zusätzliche Ausstattung beziffern, sondern liegt vor allem darin begründet, auch für etwas kleinere Fahrer geeignet zu sein. Die Explore Edition erweist sich als sinnvolle Bereicherung der Ténéré-700-Familie, die im Übrigen mit der Ténéré 700 World Ride sogar noch eine höhergelegte Variante bietet.

(fpi)