Test Opel Corsa 1.2
Nach vielen Jahren gibt es endlich wieder einen komplett neuen Corsa. Im Test mit dem 100-PS-Benziner sollte er seine Qualitäten unter Beweis stellen
Manche Wege im Leben kreuzen sich nur fast. Vor vielen Jahren wollte ich eigentlich nur die Hinterachsbuchsen in meinem alten Dreier wechseln. Dabei entdeckte ich ein ölfeuchtes Differenzial und reichlich Rost, wo keiner sein sollte. Dann riss auch noch die Bremsleitung. Die Zuneigung zu meinem E30 war temporär ein wenig getrübt. Es war der winzige Moment, in dem ein Corsa Joy mit Schiebedach, Klimaanlage und 82 PS, der so beim örtlichen Opel-Händler stand, plötzlich eine gewisse Anziehungskraft hatte. Eine realistische Betrachtung meiner finanziellen Möglichkeiten und meine nachhaltige E30-Begeisterung verhinderten, dass der Corsa und ich Lebensabschnittspartner wurden. Sympathisch blieben mir die Corsas, was einerseits mit der Fahrzeuggröße, andererseits auch damit zusammenhängt, dass sie innen nicht ganz so verspielt sind.
Ordentlich zusammengesetzt
In dieser Hinsicht unterscheidet sich der neue Corsa – für mich wohltuend – vom Peugeot 208 auf gleicher Basis, der deutlich progressiver gestaltet ist. Wichtiger erscheint aber, dass der Corsa ordentlich zusammengebaut ist. Auch bei der Materialauswahl wirkt nichts übertrieben gespart, ohne dass Opel hier neue Maßstäbe angestrebt hätte. Die setzt das Auto leider auch bei der Nutzung der Verkehrsfläche nicht. Für meine langen Beine ließ sich der elektrisch verstellbare, eigentlich recht bequeme Fahrersitz nicht weit genug nach hinten rücken. Das klappt im Mini meiner Frau erheblich besser.
Ich bin mit großen Füßen gestraft, die sich im knappen Fußraum mit eng stehenden Pedalen schon mal verheddern. Auch der Kofferraum ist mit 309 Litern etwas kleiner als beispielsweise im Renault Clio. Unabhängig davon ist im Fond das Raumangebot etwas knapper als beispielsweise im Seat Ibiza (Test). Im Testwagen wurde die Kopffreiheit hinten vom optionalen Glasdach eingeschränkt, das sich nun, anders als noch im Vorgänger, nicht mehr öffnen lässt. Ein Rückschritt, den einige Fahrer in der Redaktion bedauerten.
Verschachtelt
Das feste Glasdach ist nicht die einzige Stelle, an der die Handschrift der Franzosen deutlich wird. Im Testwagen war das „Multimedia Navi Pro“ eingebaut. Es kostet 1000 Euro und ist nur zusammen mit einem schlüssellosen Zugang und der Klimaautomatik zu haben. Letztere war im Testwagen nicht verbaut – eine Kombination, die es so also eigentlich nicht geben dürfte. Leider reagiert der Berührungsbildschirm etwas zäh auf Eingaben.
Doch das eigentliche Problem liegt an anderer Stelle: PSA, von denen Opel dieses System übernommen hat, hat sich viel Mühe gegeben, Optionen in verschiedenen Menüs auf unterschiedlichen Ebenen zu verstecken – und war leider erfolgreich. Das ganze System wirkt unglaublich verschachtelt. Der Mensch gewöhnt sich letztlich an vieles, wenn die grundsätzliche Bereitschaft dazu da ist. Hier stellt sich für mich aber die Frage, warum das derart gedankenlos zusammengesteckt wurde. Meine Empfehlung: Sparen Sie sich das Geld und nutzen Sie Android Auto oder Apple Carplay. Beides ist ab der Ausstattungslinie Elegance serienmäßig.
Test Opel Corsa 1.2 (33 Bilder)
(Bild: Florian Pillau)
Damit bleibt einem auch das Display als Kombiinstrument erspart. Mit seinen breiten Rändern und der frugalen Darstellung wirkt es neben dem Instrumenteneinsatz mit Zeigern etwas unglücklich, um nicht zu sagen: billig. Glücklicherweise kann der Kunde hier frei wählen, sofern er nicht die große Ausbaustufe des Navigationssystems ordert.
Sehschwäche
Die Assistenzsysteme agieren auf unterschiedlichem Niveau. Der Spurhalte-Assistent pflegt dabei eine gewisse Tradition. Wie schon in einigen Testwagen von Opel beobachtet, hat er eine erhebliche Sehschwäche. Die Erkennungsquote würde ich auf 60 Prozent schätzen, womit dieser Helfer nicht hilfreich ist. Sehr viel besser funktioniert der Abstandstempomat, der meistens ohne rüde Bremsmanöver auskommt. In Verbindung mit dem Schaltgetriebe arbeitet er ab 30 km/h.
Zuverlässiger Schatten
Gut gefallen hat mir das aufpreispflichtige Matrix-Licht, das in dieser Klasse aktuell nur der Corsa und der Mazda 2 bieten. Der Corsa erkennt andere Verkehrsteilnehmer sehr zuverlässig und blendet diese aus. Wer unbedingt nörgeln will, könnte dem System ankreiden, dass der Schatten teilweise etwas groß ist. Aber in dieser Klasse ist für eine noch feinere Auflösung die Marge zu klein. Für den Corsa Elegance kostet das Matrix-Licht 700 Euro, die es meines Erachtens wert sind.
Gelungene Mitte
Aufgeräumt hat Opel bei den Motoren. Im Vorgänger war noch eine wilde Mischung aus Saug- und Turbomotoren mit unterschiedlicher Zylinderzahl und verschiedenen Getrieben zu haben. Dagegen ist die Preisliste vom Dezember 2019 ziemlich übersichtlich. Dort findet sich der Corsa-e, ein Diesel mit 102 PS sowie drei Dreizylinder-Benziner mit 75, 100 und 130 PS. Der Diesel erfüllt die Abgasnorm Euro 6d-Temp, die Benziner alle die Euro 6d.