Test Suzuki GSX-S 1000 GX: HochgefĂĽhl

Suzuki hat in der GSX-S 1000 GX sein erstes semi-aktives Fahrwerk im Programm. Höhergelegt will das Crossover-Bike mehr Komfort auf längeren Fahrten bieten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Suzuki GSX-S 1000 GX

(Bild: Ingo Gach)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Suzuki hat seinen Baukasten erweitert, nach dem Naked-Bike GSX-S 1000 und dem vollverkleideten Sporttourer GSX-S 1000 GT, nennt sich das jüngste Modell GSX-S 1000 GX und gehört zur Sparte der Crossover-Bikes. Optisch fast eine Reiseenduro, neudeutsch: Adventure Bike, in Wahrheit jedoch eine höhergelegte Straßenmaschine. Die GX-Version übernimmt Rahmen, Motor, Auspuff, Schwinge, Felgen, Bremsen und Tank von der Basis, bekommt aber eine neue Halbschalenverkleidung mit Windschild, ein längeres Heck, dicker gepolsterten Fahrer- und Beifahrersitz, längere Federwege und vor allem ein semi-aktives Fahrwerk. Ein Eyecatcher ist der Gitterrohr-Heckrahmen.

Ihr Design passt sich den Anforderungen nach mehr Komfort an. Nicht nur wird sie durch die längeren Federwege etwas höher, auch die Verkleidung reicht recht weit nach oben. Beim ersten Aufsitzen merke ich, dass das Crossover-Bike gar nicht so hoch ist, wie es wirkt. Mit seiner Sitzhöhe von 845 mm kommen alle über 1,75 m gut zurecht. Es überrascht mich, weil die GSX-S 1000 als Naked-Bike gerade mal 35 mm niedriger ist. Die technischen Daten liefern die Erklärung: die GX hat vorne und hinten 150 mm Federweg, nur 30 bzw. 20 mm mehr als das Naked-Bike.

Es hockt sich sehr entspannt auf der GSX-S 1000 GX, der breite Lenker wurde mittels eines Distanzstücks höher positioniert, um eine aufrechte Sitzposition zu erreichen, der weite Kniewinkel passt dazu. Das 6,5 Zoll große TFT-Display teilt die angezeigten Informationen gut auf: Links ein runder Drehzahlmesser – er imitiert eine analoge Uhr – in dessen Mitte die Geschwindigkeit groß angezeigt wird.

Test Suzuki GSX-S 1000 GX (7 Bilder)

Suzuki hat sein erstes Motorrad mit semi-aktivem Fahrwerk herausgebracht. Grund genug, die GSX-S 1000 GX zu testen. (Bild:

Ingo Gach

)

Rechts sind kreisförmig Symbole für die elektronischen Assistenzsysteme angeordnet. Sie lassen sich vom linken Lenkerende aus mit einem Vierwege-Joystick, einer Bestätigungs- und einer Returntaste narrensicher ansteuern. Außerdem können noch vier Anzeigen unten eingeblendet werden, beispielsweise die Kühlmittel- und Außentemperatur, Restreichweite und der aktuelle Verbrauch. Oben ergänzt noch die Uhrzeit den Informationsreigen. Links im Cockpit befindet sich ein wasserdichter USB-Anschluss, um Telefon oder Navi zu laden.

Beim Starten bellt es rau aus dem kurzen, mattschwarz lackierten Endschalldämpfer. Spätestens das Motorengeräusch hätte mich darauf gebracht, dass die GSX-S 1000 GX von einem sehr potenten Motor befeuert wird. Der Reihenvierzylinder basiert auf dem beliebten K5, der 2005 im Superbike GSX-R 1000 eingesetzt wurde. Für den Einsatz im aktuellen Crossover-Bike ist die Spitzenleistung zwar auf 152 PS zurückgenommen worden, das reicht aber immer noch für eindrucksvolle Fahrleistungen. Doch zunächst geht es einmal durch die Stadt. Die Kupplung lässt sich butterweich bedienen, kommt jedoch wegen des bi-direktionalen Quickshifters nur selten zum Einsatz. Ich probiere alle drei Fahrmodi der GSX-S 1000 GX und behalte schließlich den mittleren Modus B bei. Hier nimmt der Motor spontan genug Gas an, ohne so ruppig zu wirken wie in Modus A und gibt sich nicht so defensiv wie in C.

Dennoch hätte ich bei niedrigen Drehzahlen in einem Crossover-Bike mehr Druck bei niedrigen Drehzahlen erwartet, hier kommt der Nachteil eines gedrosselten Rennmotors zutage. Erst ab etwa 8000/min reißt der Reihenvierzylinder auf einmal an und dreht vehement bis zur Nenndrehzahl von 11.000/min. Das maximale Drehmoment von 106 Nm liegt erst bei 9250/min an. Zwar kann ich auf der GSX-S 1000 GX auch im sechsten Gang problemlos bei rund 4200 Touren mit Tempo 100 über die Landstraße surfen, aber beim plötzlichen Gasaufreißen wirkt sie dann etwas zäh. Im Drehzahlbereich zwischen 4000 und 5500/min sind leider auch hochfrequente Vibrationen im Lenker und den Fußrasten zu spüren.

Als sehr gelungen kristallisiert sich bald das semi-aktive Fahrwerk von Showa heraus. Die Software passt die Dämpfung automatisch den Fahr- und Beladungszuständen an, nur die Vorspannung der Upside-down-Gabel muss am Gabelfuß manuell justiert werden. Die Dämpfung und Zugstufe von Gabel und Federbein regelt die Elektronik. Wahlweise kann im TFT-Display vom Automatik-Modus in die Alternativen "Solo-Fahrer", "Zwei Personen" oder "Zwei Personen mit Gepäck" gewechselt werden.

Test Suzuki GSX-S 1000 GX II (8 Bilder)

Der Reihenvierzylinder ist ein gedrosselter Rennmotor, leistet aber immer noch 152 PS. (Bild:

Ingo Gach

)

Doch damit nicht genug, die Härte der Dämpfung lässt sich über das Menü in Hard, Medium und Soft einstellen, zusätzlich gibt es noch den User-Modus, in dem der Fahrer die drei vorgegebenen Modi in drei Stufen feintunen kann. Nach einigem Ausprobieren verbleibe ich schließlich in der Stufe Soft, weil sich Hard bestenfalls für die Rennstrecke eignet und auch Medium auf Landstraßen noch deutliche Stöße zum Fahrer weiterleitet. Wenn ich schon ein Crossover-Bike fahre, dann bitte gediegen komfortabel.

Doch mit der elektronischen Dämpfung auf der weichsten Stufe tritt das Problem auf, dass die Gabel beim Anbremsen ziemlich tief eintaucht. GSX-S 1000 GX ist durchaus handlich, ein Radstand von 1470 mm, der Nachlauf von nur 97 mm und der Lenkkopfwinkel von 64,5 Grad kommen ihr zugute. Ihr Leergewicht von 234 kg ist hier kaum zu spüren. Sie will aber mit einem bewussten Einlenkimpuls am breiten Lenker auf Kurs gebracht werden. In der Kurve wirkt sie manchmal etwas kippelig und zeigt Aufstelltendenzen. An den bewährten Dunlop Sportmax Roadsport dürfte es eher nicht liegen, sondern vermutlich an der breiten Dimension des Hinterrads von 190/50ZR17.

Reifen fĂĽr die Suzuki GSX-S 1000 GX im Preisvergleich

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmung wird hier ein externer Preisvergleich (heise Preisvergleich) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (heise Preisvergleich) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Wer sich darauf einstellt, kann aber sehr schnell Kurven aller Art durcheilen, die passende Stufe der Schlupfregelung vorausgesetzt. Sie lässt sich in sieben Stufen einstellen, hier bleibe ich die meiste Zeit in Stufe vier, was noch genügend Sicherheitspolster garantiert, aber der Spaß nicht zu kurz kommt. Nur bei nassem Asphalt wechsle ich mindestens eine Stufe höher. Die radialen Vierkolben-Bremszangen von Brembo verzögern zwar zuverlässig, aber der Druckpunkt ist etwas schwammig, sodass ein gezieltes Anbremsen vor der Kurve schwierig wird. Merkwürdigerweise lässt sich das ABS nicht einstellen, was nicht zum sportlichen Motor passt.

Auf Tour schützt der Windschild in der höchsten Stufe zwar recht gut, der Windstrom trifft aber genau und lautstark auf das Visier. Das Tieferstellen des Schilds ist unverständlicherweise nur mittels eines Inbus möglich. Auf der Autobahn kann die GSX-S 1000 GX ihre Kraft demonstrieren und reißt mächtig an. Doch ab rund 180 km/h gerät bei nicht topfebenem Asphalt die Front gelegentlich in leichte Rührbewegungen. Offensichtlich erzeugt der Fahrtwind durch die hoch über dem Vorderrad sitzende Verkleidung zu viel Auftrieb und überträgt die Unruhe ins Fahrwerk. Suzuki regelt die GSX-S 1000 GX daher wohlweislich bei 215 km/h ab, während ihre Naked Bike-Schwester und der Sporttourer glatte 240 km/h rennen dürfen. Der Verbrauch des hoch aufragenden Crossover-Bikes liegt im Durchschnitt bei 5,4 Liter auf 100 km/h, was ihr eine theoretische Reichweite von 352 km beschert, bevor der 19-Liter-Tank trocken fällt.

Suzuki setzt für die GSX-S 1000 GX einen Listenpreis von 17.400 Euro an. Dafür bekommt der Kunde ein schick aussehendes Crossover-Bike mit einem eigentlich sehr kräftigen Motor, der aber leider auf der Landstraße sein Potenzial nicht wirklich ausspielen kann. Das semi-aktive Fahrwerk unterstützt eine angenehme Beförderung, wer es jedoch in Kurven sportlich angehen lassen will, muss die elektronische Dämpfung härter stellen, was auf Kosten des Komforts geht.