Triumph Speed Triple 1200 RR im Test: Sportler im Retrolook

Seite 2: Triumph Speed Triple 1200 RR: Semi-aktives Fahrwerk, brachiale Bremsen

Inhaltsverzeichnis

Im Gegensatz zur RS verfügt die RR über ein semi-aktives Fahrwerk von Öhlins. Es funktioniert ausgezeichnet und hebt die verkleidete Speedy auf ein höheres fahrdynamisches Niveau. Standesgemäß kommen zwei Stylema-Bremszangen von Brembo am Vorderrad zum Einsatz, die auf 320 mm große Bremsscheiben wirken, hinten unterstützt von einer 220-mm-Scheibe und Doppelkolben-Sattel.

Die Wirkung der Bremsen als brachial zu bezeichnen wäre fast eine Untertreibung. Die radialen Monoblock-Bremszangen sind fein dosierbar, packen aber bei Bedarf gnadenlos zu. Erfreulicherweise dabei ist das nur geringe Aufstellmoment in Kurven. Der Bremshebel, ebenso wie der Kupplungshebel, ist über ein Stellrädchen exakt auf die eigene Handgröße einstellbar und die radiale Bremse im Übersetzungsverhältnis dreifach variabel.

In der Stadt lastet viel Gewicht auf den Handgelenken. Sobald ich aber die Stadtgrenze hinter mir gelassen habe, entlastet der Winddruck die Arme und die Speed Triple 1200 RR verwöhnt mit einem superben Fahrgefühl. Sie holt ihre gewaltige Kraft mit Lässigkeit aus dem großen Hubraum. Im TFT-Display lassen sich über den genial einfachen Fünf-Wege-Joystick am linken Lenkerende jede Menge Infos aufrufen und Parameter einstellen.

Die Triumph verfügt über fünf Fahrmodi: Rain, Road, Sport, Track und Rider. Den Rain-Modus braucht man vermutlich nur bei Flußdurchquerungen, Road hingegen passt prima zur Landstraße, zumal das semi-aktive Fahrwerk hier noch erstaunlich viel Komfort bietet. Selbst Löcher und Fugen im Asphalt dämpft die Speedy ordentlich. Wenn ich auf den Sport-Modus umschalte, wird das Fahrwerk spürbar härter und die Gasannahme noch direkter. Solange die Straße topfeben ist, durcheilt die Triumph Kurven aller Radien präzise und souverän. Sie flößt dann großes Vertrauen ein und so fährt man oft viel schneller unterwegs als gedacht.

Triumph Speed Triple 1200 RR (7 Bilder)

Wie es sich für eine Speed Triple gehört, wird das sechs Zoll breite Hinterrad von einer mächtigen Einarmschwinge geführt.

Auf holprigen Strecken teilt die Speedy aber im Sport-Modus gnadenlose Schläge an Hände und Hintern aus. Der Track-Modus schließlich sollte wirklich dem Rennstreckenbetrieb vorbehalten bleiben, denn hier greifen Kurven-ABS und Schlupfregelung nur noch minimal ein. Der frei konfigurierbare Rider-Modus ist unterteilt in On Road und Track. Wer sich die Zeit nimmt, kann die elektronischen Helfer der Speedy genau auf seine Vorstellung abstimmen, hier lässt sich sogar die Schlupfregelung ganz abstellen, was aber in Anbetracht der 125 Nm Drehmoment bei 9000/min nur Profis angeraten sei.

Die Speed Triple 1200 RR verfügt über eine ansehnliche Serienausstattung, neben diversen elektronischen Assistenzsystemen erfreut sie unter anderem mit einem Tempomat und beleuchteten Knöpfen am Lenker, so dass sie auch nachts einwandfrei zu bedienen sind. Per Bluetooth kann das TFT-Display eine Verbindung zum Smartphone aufbauen und verschiedene Optionen darstellen, unter anderem ist auch eine Pfeilnavigation möglich. Für die Fahrmodi-Auswahl gibt es eine eigene Taste und wer direkt zum Hauptbildschirm zurückkehren will, muss nur rechts am Lenker die Home-Taste drücken. Was mich allerdings an dem ansonsten sehr gut gemachten Menü nervt, ist die mühsame Suche nach dem Gesamtkilometerstand, fündig werde ich schließlich unter dem Punkt "Service".

Enge Kurven nimmt die RR nicht ganz so locker wie ihre Naked-Bike-Schwester RS mit der breiten Lenkstange, aber dennoch lässt sie sich erfreulich unangestrengt durch die Radien dirigieren. Dank der sportlichen Sitzergonomie und des schmalen Tanks fällt die Gewichtsverlagerung leicht und die geriffelten Fußrasten aus Aluminium gewähren den Stiefeln sicheren Halt. Ihre Handlichkeit verdankt die Speed Triple 1200 RR nicht zuletzt ihrem geringen Leergewicht von nur 199 kg. Ein Blick in die Daten bestätigt den agilen Eindruck, ihr Radstand von 1439 mm (6 mm kürzer als bei der RS) ist moderat und der Lenkkopfwinkel mit 66,1 Grad steil. Sorgen um den Geradeauslauf muss man sich dennoch nicht machen, die Speedy liegt auch bei über 200 km/h absolut ruhig auf der Straße, eingetragen in die Fahrzeugpapiere sind glaubhafte 245 km/h.

Dabei schützt die Halbschalenverkleidung mit der niedrigen Scheibe den Fahrer erstaunlich gut. Ihr LED-Rundscheinwerfer liefert eine helle Lichtausbeute und leuchtet die Straße bestens aus. Kleines Manko: Die Rückspiegel bieten keine sonderlich gute Sicht nach hinten, was direkt hinter mir fährt, wird von den Ellenbogen verdeckt. Die aufgezogenen Pirelli Diablo Supercorsa SP V3, vorne in 120/70 ZR17 und hinten in 190/55 ZR17, sind reine Sportreifen und sorgen für sehr guten Grip, sobald sie auf Temperatur gekommen sind. Dass sie bei kalten Witterungsbedingungen mit Vorsicht zu genießen sind, versteht sich von selbst.

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Der serienmäßige Quickshifter funktioniert in beide Richtungen und macht einem das Leben leichter. Wobei die Kupplung nur wenig Handkraft erfordert und einwandfrei arbeitet. Auch das Getriebe gibt keinen Anlass zur Kritik und schaltete sich präzise. Wer es drauf anlegt, kann auf der Speed Triple 1200 RR extrem schnell unterwegs sein. Sie bringt alle Voraussetzungen für ein vergnügliches Wochenende bei einem Rennstreckentraining mit. Auch wenn sie leistungsmäßig nicht ganz mit den aktuellen 1000er-Superbikes mithalten kann, gehört sie ganz sicher zur schnellen Truppe. Dank ihres früh anliegenden Drehmoments und ihrer Drehfreudigkeit dürfte sie so manchen Fahrer vollverkleideter Sportbikes verblüffen. Ihr Kennzeichenträger und die Rückspiegel lassen sich für den Einsatz auf dem Rundkurs rasch entfernen.

Was die Alltagstauglichkeit angeht, muss die RR klar hinter der RS zurückstecken. Ihre Sitzposition mit weit vorgebeugtem Oberkörper und engerem Kniewinkel ist deutlich radikaler und unbequemer. Für die Urlaubstour fällt sie entsprechend ganz aus und zwar nicht nur, weil auf ihr kaum Gepäck befördert werden kann.

Wer viel Leistung will, muss auch viel Energie reinstecken, und dennoch dürfte der Durchschnittverbrauch von 6,3 Litern auf hundert Kilometern ruhig etwas niedriger ausfallen. Bei einem Tankvolumen von 15,5 Litern geht der Triumph rein rechnerisch nach 246 km der Sprit aus. Wo wir gerade bei den Kosten sind: Die Speed Triple 1200 RR gibt es ab 20.400 Euro. Allerdings nur in "Crystal White/Storm Grey", die Lackierung "Red Hopper/Storm Grey" unserer Testmaschine kostet 300 Euro Aufpreis. Wobei sich mir der Grund dafür nicht erschließt, denn beides sind Zwei-Farben-Lackierungen inklusive einer feinen Goldlinie und die rote Farbe dürfte wohl kaum teurer sein.

Sicher ist die Speed Triple 1200 RR kein Sonderangebot, aber dafür bekommt der Käufer eine außergewöhnliche Schönheit, an der er sich nie sattsehen und beim sportlichen Einsatz – auch auf der Rennstrecke – viel Spaß haben wird.