Test E-SUV Mercedes EQC 400: Zielvorgabe erreicht?

Seite 2: Fahrwerk und Antrieb

Inhaltsverzeichnis

Fahrwerk und Lenkung vereinen Mercedes-Tugenden in ihrer besten Form. Das adaptive Fahrwerk schluckt alles, was man von der Straße nicht spüren will. Im Sportmodus ist aber auch keine störende Seitenneigung zu spüren und mit der exakten Lenkung fährt es sich entspannt durch enge Kurven. Er fährt souverän, ohne übertriebene Sportlichkeit. Man ist immer schneller unterwegs als man glaubt. Dabei handelt es sich aber um Souveränität, nicht um Dynamik. Der EQC fährt. Der Fahrer steuert ihn nur und soll das so intuitiv und entspannt wie möglich tun.

Kaum zu glauben, dass man mit dem EQC einen Dreitonner bewegt (zulässiges Gesamtgewicht: 2940 kg). Ein BMW X7 M50i ist „nur” 60 kg schwerer. Schließlich wiegt schon der Akku fast so viel wie ein kompletter Fiat 850 (652 kg). Der Vorteil der nicht alltagstauglich tiefen Verschraubung des Akkus ist der tiefe Schwerpunkt, der das Fahrverhalten des EQC positiv beeinflusst – solange er damit nicht aufsetzt.

EQC 400 (33 Bilder)

Der EQC 400 ist das batterieelektrische Fahrzeug aus dem Hause Daimler. Der 300 kW starke SUV-Darsteller ist bei gleicher Breite über 10 cm länger als ein GLC.


(Bild: alle Christian Lorenz)

Beeindruckend ist auch, wie der Antrieb mit den 300 kW umgeht. Jeweils ein 150 kW leistender Asynchron-Elektromotor treibt die Vorder- bzw. die Hinterachse an. Bei schwacher bis mittlerer Last arbeitet nur der vordere E-Motor, der EQC fährt so mit Frontantrieb. Wird mehr Leistung abgerufen, schaltet sich die Hinterachse dazu. Aber auch bei Traktionsproblemen wird per Torque-Vectoring ständig die Drehmomentverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse nachjustiert.

Bei der Rekuperation werden beide E-Motoren als Generatoren betrieben. Eine ausgeklügelte Sensorik regelt dabei deren Rekuperationsleistung. Der Fahrer bemerkt von diesem technischen Ballett der Kräfte rein gar nichts. Nur wenn man wieder in ein anderes Auto umsteigt, kommt es einem unweigerlich laut und müde vor. Und die wenige Kraft führt dann auch noch zu durchdrehenden Rädern und Antriebseinflüssen.

Ein nahezu perfekter Reisewagen könnte der also EQC sein, wäre da nicht die Frage der Reichweite. Denn die versprochenen 445 bis 471 km (NEFZ) aus der Pressemappe erscheinen illusorisch. Ich kam im Test auf einen realistischen Durchschnittsverbrauch von 39 kWh/100 km und auf eine Durchschnittsreichweite von 321 km. Bei einer etwa 170 km langen ambitionierten Autobahnfahrt mit überwiegend Vollgas, errechnete der Bordcomputer einen Verbrauch von 81 kWh/100 km.

Minimal erreichte ich Verbräuche um die 22 kWh/100 km. Bei Ausnutzung aller Tricks im Maximum-Range-Programm mit der dazu passenden Navigation und idealem Zusammenspiel von Verkehr, Witterung und Streckenprofil erscheinen auch Verbräuche um die 20 kWh möglich. Weniger geht aber definitiv nicht. Wenn man eine Alltagsreichweite zwischen 320 und 400 km zugrundelegt, dürfte man der Realität ziemlich nahe kommen.

Hinzu kommt, dass mit dem mitgelieferten AC-Kabel der EQC 11 Stunden an einer öffentlichen Ladestation oder einer heimischen Wallbox angesteckt bleiben muss. Ein Ladekabel für die 230-Volt-Steckdose gibt es gegen Aufpreis. Das führt aber zu sehr langen Ladezyklen. Ein Wochenende sollte der EQC da schon angesteckt bleiben. Deutlich schneller geht es an Schnellladesäulen mit einer maximalen Ladeleistung von 110 kW. Der EQC ist serienmäßig dafür vorgerüstet. Bei solchen Schnellladern ist das Kabel gleich fest in die Ladesäule integriert. Eine Schnellladung von 10 auf 80 Prozent ist hier zwar schon in 40 Minuten möglich.

Die letzten 20 Prozent dauern dann allerdings mehr als eine Stunde. Ionity ist ein Joint Venture der Konzerne Volkswagen, Daimler, BMW und Ford. Auch ein Tesla kann diese Säulen anfahren. Teslas können sogar mit 200 kW Ladeleistung an Ionity-Säulen zapfen. Hinzu kommt aber noch, dass Tesla zusätzlich ein eigenes Supercharger-Netz mit neuerdings sogar 250 kW Ladeleistung unterhält, das für Nicht-Teslas nicht offen steht.