Elektroauto Fiat Grande Panda Elektro im Fahrbericht

Es ist nicht der erste Versuch, den Panda als E-Auto anzubieten, doch nie standen die Chancen besser als jetzt. Eine Proberunde zeigt: der E-Panda ist gelungen.

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Fiat Grande Panda Elektro

(Bild: Fiat)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Joaquim Oliveira
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Der Panda ist die älteste Modellreihe, die Fiat noch im Programm hat. Seit 1980 gibt es den Kleinstwagen, der mit dem Spruch "Die tolle Kiste" eingeordnet wurde. Damals ging es darum, ein Auto für Basisansprüche und dementsprechend kleines Geld auf den Markt zu bringen. Die Neuauflage hat mit der Idee einer minimalistischen Kiste im ursprünglichen Sinn nichts mehr zu tun. Sie ist ein Kleinwagen, der eine technische Plattform aus dem Stellantis-Konzern nutzt. Die bringt eine wesentliche Neuerung mit sich, denn der Grande Panda ist damit auch als Elektroauto zu haben. Wir konnten bereits eine erste Proberunde drehen.

Der Grande Panda ist kein Kleinstwagen mehr. Mit 3,99 m Länge ragt er in den Bereich der heute typischen Abmessungen von Kleinwagen hinein. Der Radstand misst 2,54 m, und das entspricht dem Maß, das viele Konkurrenten auch aufweisen. In der Folge ähnelt sich dann auch das Platzangebot: Vorn okay, hinten ausreichend. Wer nicht gerade vier Erwachsene über eine längere Strecke transportieren will, wird mit dem Raumangebot vermutlich meist gut zurechtkommen. An anderer Stelle übertrifft der Grande Panda viele Konkurrenten. Sein Kofferraum fasst 350 Liter, und wer statt des Notrades auf ein Pannenset setzt, kann noch einmal 11 Liter dazurechnen. Um das einzuordnen: Der rund 14 cm kürzere Mini Dreitürer bietet 210 Liter, ein Opel Corsa-e 267 und ein 12 cm längerer Skoda Fabia, den es nur als Verbrenner gibt, 380.

Einen riesigen Unterschied zum ersten Panda gibt es im Innenraum, der sich nicht nur optisch vom Citroën ë-C3 auf gleicher Plattform deutlich absetzt. Im ë-C3 hat die Basisversion nicht einmal ein eigenes Display für die Unterhaltungselektronik, im teureren Grande Panda sind zwei Bildschirme mit jeweils 10 Zoll serienmäßig. Android Auto und Apple CarPlay lassen sich kabellos einbinden, was viele Ansprüche in einem Kleinwagen bereits erfüllen dürfte. Die 3000 Euro teurere Linie "La Prima" bietet unter anderem zusätzlich noch eine induktive Ladeschale und ein eigenes Navigationssystem. Die Bedienung gelingt intuitiv, was sich von längst nicht jedem System der Konkurrenz behaupten lässt.

Der Innenraum ist freundlich eingerichtet und auch ordentlich verarbeitet. Etwas seltsam wirken die eckigen Lüftungsdüsen am Armaturenbrett, die nicht so recht ins rundliche Gesamtbild passen. Die Sitze erschienen auf der ersten kurzen Ausfahrt ausreichend bequem, um es im Grande Panda auch mal länger auszuhalten. Kein Vergleich also zu den Campingstühlen, die Fiat in den ersten Panda schraubte. Ohnehin bringt schon die Serienausstattung des Basismodells allerlei mit, woran vor 45 Jahren in diesem Segment niemand dachte: Vier Fensterheber, eine Fernbedienung für die Zentralverriegelung, Klimaanlage und höhenverstellbare Sitze. Das ist also schon mehr, als es zum Fahren unbedingt braucht, womit sich der neue Panda von seinem Vorfahren weit entfernt.

Fiat Grande Panda Elektro (10 Bilder)

Der Grande Panda ist kein Kleinstwagen mehr, sondern konkurriert mit Autos der Vier-Meter-Klasse. Dazu zählen beispielsweise VW Polo, Renault Clio und Peugeot 208. (Bild:

Fiat

)

Unterwegs fällt auf, dass Fiat ein sehr guter Kompromiss aus Komfort und Stabilität gelungen ist. Auch die Rückmeldung von der Lenkung gefällt. Bemerkenswert gut hinbekommen hat Fiat auch den Übergang von Rekuperation und Betriebsbremse. Erstaunlich ist, dass sich die Ingenieure für eine Scheibenbremse an der Hinterachse entschieden haben. In diesem Bereich schwächeln einige Elektroautos, denn die "klassischen" Bremsen werden weniger beansprucht als in einem Verbrenner, und das kann dazu führen, dass Bremsscheiben Rost ansetzen. Deshalb erlebt die Trommelbremse an der Hinterachse in Elektroautos eine Renaissance.

Ab 1990 gab es den ersten Panda auch mit einem batterieelektrischen Antrieb zu kaufen. Genutzt haben dieses Angebot jedoch nur sehr wenige. Die aktuelle Ausgabe dürfte ungleich bessere Chancen auf Akzeptanz haben. Die Eckdaten sind aus Modellen wie dem schon angesprochenen Citroën ë-C3 oder dem Opel Frontera bereits bekannt. Die Lithium-Eisen-Phosphat-Batterie hat einen Energiegehalt von 44 kWh. Eine Vorkonditionierung der Batteriezellen gibt es nicht, was gerade im Winter für Verdruss sorgen wird. Denn noch immer lassen sich LFP-Zellen bei Temperaturen von unter Null Grad schlecht laden. Ihre Energiedichte ist ebenfalls geringer als die von Batterien, die auf Nickel, Mangan und Kobalt setzen. Doch sie haben einen entscheidenden Vorteil: Sie lassen sich günstiger herstellen.

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Einen recht eigenwilligen Weg beschreitet Fiat beim Laden an Wechselstrom. Serienmäßig ist ein dreiphasiger 11-kW-AC-Lader mit einem Anschluss hinten links. Gegen eine Zuzahlung von 200 Euro bekommt der Kunde ein fest installiertes Spiralkabel, das hinter einer Klappe an der Front untergebracht ist. Der Deal hat allerdings einen Haken: Denn mit diesem Extra wird der drei- gegen einen einphasigen Lader getauscht. Der kann mit bis zu 7,4 kW laden, was sich beispielsweise an öffentlichen Ladesäulen komplett nutzen lässt. An der 11-kW-Wallbox ist auf diesem Weg aber bei 3,7 kW Schluss, denn sie verteilt ihre Leistung auf drei Phasen.

So nett die Idee eines fest installierten Kabels vielleicht für einige Nutzer auf den ersten Blick erscheinen mag: Wer die 200 Euro für ein externes AC-Kabel beiseitelegt, kann an Wechselstrom erheblich schneller laden. Die Zielgruppe, die Fiat mit diesem Angebot abholen möchte, erscheint recht übersichtlich. An Gleichstrom sind in der Spitze 100 kW möglich. Der Verbrauch im WLTP liegt bei 16,8 kWh, die Reichweite bei 320 km. Was diese Angaben in der Praxis wert sind, muss ein ausführlicher Test zeigen.

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Der E-Motor leistet 83 kW und bietet 122 Nm. Das ist für ein 1,5 Tonnen schweres Auto für heutige Maßstäbe nicht viel. 11 Sekunden und vor allem eine Spitze von 132 km/h suggerieren kein überschäumendes Temperament. In der Praxis aber wirkt der Fiat bis hinauf zu einem Tempo, das auf deutschen Landstraßen zulässig ist, ausreichend flott. In der Stadt wuselt er sogar ziemlich behände los. Damit lässt sich leben, zumal es angenehm leise bleibt. Die Töne, die von bisherigen Panda-Antrieben zu vernehmen waren, wird wohl kaum jemand vermissen.

Fiat macht mit dem Grande Panda Elektro ein attraktives Angebot. Der Preisunterschied zum Hybridantrieb bleibt beträchtlich, wenngleich er nicht ganz so groß ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

(Bild: Fiat)

Die Angebotsstruktur ist betont einfach gehalten. Es gibt zwei Ausstattungslinien - "Red" und "La Prima" -, sieben Lackierungen, den erwähnten Einphasen-Lader (200 Euro) und für die teure Version noch ein Winterpaket (500 Euro) mit Heizung für Windschutzscheibe, Lenkrad und Sitze. Das Basismodell ist ab 24.990 Euro zu haben, die umfangreicher ausgestattete Variante ab 27.990 Euro. Das ist kein sensationelles, aber auch kein schlechtes Angebot in einem wachsenden Segment. Europas Marktführer Volkswagen wird in dieser Klasse erst ab dem nächsten Jahr mit nennenswerten Stückzahlen mitmischen können. Renault und Stellantis waren schneller.

Intern bleibt der Preisaufschlag zum Grande Panda mit Hybridantrieb erheblich. Die schlechter ausgestattete Basis mit Hybrid ist ab 18.990 Euro zu haben. Wer ungefähr den gleichen Ausstattungsumfang wie im E-Modell "Red" haben will, zahlt 20.490 Euro. Bleibt ein Mehrpreis von 4500 Euro, für die man im E-Auto einen im Alltag angenehmeren Antrieb und geringere Unterhaltskosten bekommt.

(mfz)