LKW-Maut: Ein Tipp der Spediteure
Die deutschen Spediteure bezweifeln den Starttermin der einfachen Variante der LKW-Maut.
Die deutschen Spediteure bezweifeln den Starttermin der einfachen Variante der LKW-Maut. Diese soll ab dem 1. Januar 2005 erhoben werden, weshalb dieser Tage der Einbau der OBU mit Hochdruck vorangetrieben wird. Gegenüber der Berliner Zeitung formulierte Karlheinz Schmidt vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL): "Wenn ich wetten müsste, würde ich tippen, dass die Maut im Januar nicht kommt."
Als Grund für seinen im Konjunktiv abgegebenen Tipp nannte Schmidt, dass die von der OBU (On Board Unit) erfassten Beträge noch nicht zu Rechnungen verarbeitet werden können. Mit seiner Aussage steht Schmidt im Widerspruch zu den Angaben des Maut-Betreibers Toll Collect. Dort hatte man zu einem Komplett-Test (vom Einbau der OBU bis zur Rechnungsstellung) angegeben, dass dieser Test mit 41 LKW "unter den kritischen Augen des Transport- und Logistikgewerbes" erfolgreich verlaufen sei. Worauf das von Schmidt beklagte Defizit bei der Rechnungsstellung beruht, erklärte der BGL-Chef nicht. Im Rechenzentrum von Toll Collect kommt Software von SAP, Oracle und PeopleSoft zum Einsatz. Nach Angaben von Schmidt ist der Speditionsbranche durch die Verspätung bei der Maut und die mehrfachen Werkstattaufenthalte ein Schaden von 100 bis 120 Millionen Euro entstanden.
Unterdessen ist die vom Bundesverkehrsministerium beauftragte Firma Prognos zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bund vom Mautbetreiber Toll Collect einen Schadensersatz von 3,7 Milliarden Euro geltend machen kann. Die Einschätzung der Sachverständigen liegt unter den Summen, die als geplante Einnahmen im Finanzhaushalt des Bundes angesetzt waren: 2003 sollten pro Monat 159 Millionen Euro eingenommen werden, 2004 sollten die monatlichen Einnahmen auf 180 Millionen steigen.
Dass die 3,7 Milliarden Euro Schadensersatz von Toll Collect akzeptiert werden, erscheint zweifelhaft. Toll Collect hatte bereits vor der Bekanntgabe der Summe darauf hingewiesen, dass wegen der aufgetretenen Pannen niemals eine Betriebsgenehmigung erteilt worden sei. Ohne eine Betriebsgenehmigung aber könne laut Maut-Vertrag kein Schadensersatz geltend gemacht werden, betonen die Maut-Eintreiber. Wahrscheinlich wird eine Schlichtungskommission die Höhe des Schadensersatzes festlegen müssen, der von DaimlerChrysler, der deutschen Telekom und der französischen Cofiroute als Anteilseigner von Toll Collect gezahlt werden muss.
Zu den Verwicklungen um die Mauteinführung in Deutschland, zu RFID und zu möglichen Datenschutzproblemen siehe auch:
- Verursacherbedingt verspätet -- Das "fortschrittlichste Mautsystem der Welt" und die Realität, c't 22/2003, S. 92, verfügbar im heise online-Kiosk
- Ausgebremste Automatik -- Das Kreuz mit der satellitengestützten Lkw-Maut, c't 21/2002, S. 60
- Probleme im Promillebereich
- Umfangreicher Aktionsplan läuft an
- Höhere Abgaben im Gespräch
- Die OBU-Welle kann rollen
- Münchner Grüne wollen City-Maut mit RFID-Technologie
- Für PKW-Maut nur bedingt geeignet
- Datenschützer warnt vor Überwachungsstaat im Zuge von Terror-Angst
- Alles neu macht der Mai
- "Neuer Maut-Plan ist realistischer"
- 2500 OBU pro Tag
- Auf ein Altes
- Nach der Maut: Fahrtenschreiber schreiben nicht
- Das beste System wird besser
- Auf ein Neues
- Die Zukunft ist grau
- Stolpe kündigt Toll Collect
- LKW-Maut oder Maut für alle
- Europpass lockt mit Go-Box für Deutschland
- Mautsystem in Österreich lief ohne Probleme an
- Die europäische Perspektive
- Von Österreich lernen
- Toll Collect weist Datenschützer-Vorwürfe zurück
- Datenschützer fordern Kündigung
- Fahnder wollen Daten aus LKW-Mautsystem
(Detlef Borchers) / (jk)