LKW-Maut: Das beste System wird besser
Während DaimlerChrysler-Chef Schrempp das System von Toll Collect als bestes der Welt preist und sich mit der Regierung noch einigen will, arbeiten neben den Mautbrücken-Monteuren auch die Programmierer eifrig weiter an der Technik.
Bei der gestrigen Präsentation der Bilanzzahlen von DaimlerChrysler zeigte sich Konzernchef Jürgen Schrempp recht unbeeindruckt von dem Gerangel um die LKW-Maut und bezeichnete die Technik von Toll Collect als "das beste System, das es derzeit in der Welt" gebe. Entsprechend optimistisch gab sich Schrempp, dass die Meinungsunterschiede überbrückbar seien und die Sache "innerhalb von 10 Tagen" zu einem guten Ende kommen könne.
Seine Ausführungen zum Toll-Collect-Konsortium, in dem DaimlerChrysler neben der deutschen Telekom das Schwergewicht bildet, enthielten auch die 1,1 Milliarden Schulden, die die Mautbauer bisher angehäuft haben. Obendrein drohen 7 Milliarden Euro Schadensersatz, die nach den Worten von Felix Stenschke, Sprecher im Verkehrsministerium, eingefordert werden. Gegenüber der zur Kündigung bekannt gewordenen Summe hat sich der Betrag damit um 500 Millionen erhört.
Nicht nur die Monteure der Mautbrücken arbeiten unbeirrt am "besten System der Welt" weiter, auch die Programmierer sind eifrig an der Arbeit, auch wenn sie gegenüber der Fachpresse jedwede Auskunft verweigern. So berichtete die Neue Westfälische von der Paderborner Firma OMP, die für die Software der On Board Units (OBU) verantwortlich ist. Geschäftsführer Arjen Klein zeigte sich verwundert über die Kündigung seitens des Verkehrsministers und erklärte die Technik für in Ordnung. Seit 1999 programmieren 15 der 45 OMP-Mitarbeiter nach Darstellung der Tageszeitung für die OBU.
Auf die Software warten nicht nur die OBU-Bauer Siemens/VDO und Grundig, sondern auch OBU-Dritthersteller wie die Schweizer Firma Fela. Erst im Januar hatte Toll-Collect-Manager Peter Mihatsch bekannt gegeben, dass die entsprechenden APIs für ausländische OBU-Hersteller frühestens in vier Monaten benutzungsreif seien. Im Herbst war OMP in die Schlagzeilen geraten, als bekannt wurde, dass Toll-Collect-Geschäftsführer Michael Rummel im Aufsichtsrat der Firma saß.
Zu den Verwicklungen um die Mauteinführung in Deutschland, zur eigentlich geplanten technischen Umsetzung der LKW-Maut und möglichen Datenschutzproblemen siehe auch:
- Verursacherbedingt verspätet -- Das "fortschrittlichste Mautsystem der Welt" und die Realität, c't 22/2003, S. 92, verfügbar im heise online-Kiosk
- Ausgebremste Automatik -- Das Kreuz mit der satellitengestützten Lkw-Maut, c't 21/2002, S. 60
- Tollchecker braucht das Land
- Auf ein Neues
- Die Zukunft ist grau
- Stolpe kündigt Toll Collect
- Platz im Boot
- Alle Eisen im Feuer
- Start ohne Risiko
- LKW-Maut oder Maut für alle
- Annäherung vor düsterer Kulisse
- Europpass lockt mit Go-Box für Deutschland
- Mautsystem in Österreich lief ohne Probleme an
- Aus eins mach drei
- Maut-Verzug -- Siemens und IBM werden nicht fertig
- Noch eine Frist
- Die europäische Perspektive
- Die Woche der Wahrheit
- Strafanzeige gegen österreichische Mautfirma
- Telekom: Toll Collect wird Probleme lösen
- Von Österreich lernen
- Toll Collect weist Datenschützer-Vorwürfe zurück
- Datenschützer fordern Kündigung
- Fahnder wollen Daten aus LKW-Mautsystem
(Detlef Borchers) / (jk)