Motorrad BMW S 1000 R im Test: Jenseits des Cruisens
BMW hat die S 1000 R grundlegend überarbeitet. Dabei war sie doch bisher schon so gut. Konnte man da überhaupt etwas verbessern? Oh ja, zeigt der Test.
(Bild: Ingo Gach)
- Ingo Gach
BMW hat seinen beliebten Streetfighter S 1000 R gründlich überarbeitet. Ein für die Entwickler schwieriges Unterfangen, denn die Vorgängerin bewegte sich bereits auf Top-Niveau. Dennoch haben sie es geschafft, die S 1000 R erneut entscheidend zu verbessern, wie wir in unserem Test feststellen konnten.
Wer sich einen Streetfighter mit einem Liter Hubraum anschafft, weiß (hoffentlich) worauf er sich einlässt. Die Kategorie Streetfighter entstand ursprünglich in den frühen 1990er-Jahren, als in England Besitzer von Unfall-Sportmaschinen die ohnehin geschredderte Verkleidung ganz abrissen, die Doppel-Scheinwerfer aber behielten und eine breite Lenkstange anstatt der Stummellenker montierten. Aus der Idee einiger Garagenschrauber entwickelte sich im Laufe der Jahre ein Trend, dem immer mehr Hersteller folgten. BMW sprang zwar erst 2014 auf den Zug auf, als Basis diente aber ihre überaus erfolgreiche Sportlerin S 1000 RR. Mittlerweile war es auch üblich, das Heck steil nach oben ragen zu lassen, während die Scheinwerfer immer weiter nach unten rutschten.
Neues Gesicht
Der 2025er-Jahrgang der die S 1000 R lässt sich optisch eindeutig identifizieren, denn sie zeigt ein neues "Gesicht": Der etwas klobig wirkende Scheinwerfer weicht zwei aggressiv blickenden, schräg stehenden Exemplaren, selbstverständlich wieder mit LED-Tagfahrlicht. Zwischen den beiden Lampen befindet sich jetzt der Luftansaugkanal zur Airbox, den ein stilisiertes "R" ziert. Für die Innovation am Heck muss man schon etwas genauer hinschauen, bevor der kürzere Kennzeichenträger erkannt wird. Das Rücklicht ist übrigens in die LED-Blinker integriert – Streetfighter frönen dem Minimalismus.
BMW S 1000 R - 01 (6 Bilder)

Ingo Gach
)Mehr Leistung
Der 999-cm3-Reihenvierzylinder hat neu gestaltete Einlasskanäle in den Brennraum und ein optimiertes Motor-Mapping, so dass er nicht nur die Abgasnorm Euro 5+ erfüllt, sondern auch fünf PS mehr Leistung produziert, was den maximalen Output auf 170 PS bei 11.000/min steigert. Klingt schon nach einer amtlichen Ansage, allerdings treibt BMW es im Programm noch bunter und bietet zudem die M 1000 R (22.940 Euro) an, die sich optisch durch Winglets und Kohlefaser-Teile unterscheidet, vor allem aber irrwitzige 210 PS freisetzt. Da deren Power sich auf öffentlichen Straßen kaum auch nur ansatzweise ausnutzen lässt, wählen wir für den Test die zivilere die S 1000 R.
Flacher Lenker
Sie erweist sich schon beim ersten Aufsitzen als sportlich, wenn auch mit 810 mm in noch gemäßigter Höhe über Grund. Durch den flachen Lenker ist die Sitzposition deutlich Vorderrad orientiert. Auch die gefrästen Fußrasten sind wie bei einem Sportbike weit hinten und oben positioniert. Die die S 1000 R übernimmt den Leichtmetall-Brückenrahmen der Vorgängerin, der den Motor als tragendes Element integriert, während der angeschraubte Heckrahmen eine Gitterrohr-Struktur aufweist. Bei den filigranen Felgen und der aufwendigen Schwinge sieht BMW ebenfalls keinen Anlass zur Veränderung.
Im Cockpit bleibt es beim bewährten 6,5 Zoll große TFT-Display. Es ist entspiegelt, das Menü durchdacht und die wichtigsten Infos sind auf einen Blick erfassbar. Bedient wird das Menü am linken Lenkerende über Knöpfe und ein Dreh-/Drückrad, am rechten Lenkerende ist noch eine praktische Taste, um direkt die Fahrmodi zu wechseln.
Hohes Standgas bei kaltem Motor
Unser Testmotorrad verfügt über das optionale Keyless-Ride-System (200 Euro), einen Schlüssel muss ich dennoch mitführen, um den Tankdeckel zu entriegeln. Um das System hochzufahren, muss nur der zentrale Knopf auf dem Lenkkopf gedrückt werden, woraufhin mich das Motorrad mit einem ungebührlich lauten Brummen und Pfeifen begrüßt. Nach dem Betätigen des E-Starters dreht der kalte Motor im Leerlauf deutlich über 2000/min. Das tut in der Seele weh, ist aber ein Phänomen, das mittlerweile bei etlichen Motoren mit Euro 5+ anzutreffen ist.
BMW S 1000 R - 02 (5 Bilder)

Ingo Gach
)Der Reihenvierzylinder beruhigt sich zum Glück bald wieder und die Kupplung lässt sich easy einrücken. Es ist eine der wenigen Gelegenheiten, wo ich sie überhaupt benutze, denn die die S 1000 R besitzt serienmäßig einen Quickshifter, der seine Aufgabe gut erledigt. Im Modus "Road" nimmt der Motor geschmeidig Gas an und drückt die BMW sanft, aber bestimmt vorwärts. Der Reihenvierzylinder scheut in der Stadt bei Tempo 50 nicht den sechsten Gang und zieht ruckfrei an. Allerdings läuft der Motor mangels Ausgleichswelle bei niedrigen Drehzahlen etwas rau, was durch den harten Auspuffsound auch noch akustisch untermalt wird.
Kürzere Übersetzung
Ihr zweites Gesicht offenbart die die S 1000 R, sobald sie die offenen Landstraßen entert. Zum aktuellen Baujahr bekam sie einen Kurzhub-Gasgriff, der den Öffnungsweg von 72 auf 58 Grad verringert. Doch nicht nur das: BMW hat die Sekundärübersetzung verkürzt, das Kettenrad zählt nun 46 Zähne und das Ritzel deren 17. Das Beschleunigungserlebnis fällt entsprechend beeindruckend aus, die S 1000 R sprintet aus dem Stand in 3,2 Sekunden auf 100 km/h. Im Modus "Dynamic" geht sie direkter ans Gas.