Plug-in-Hybride: Das Ende naht

Ohne die multiple staatliche Fehlsteuerung wären die Plug-in-Hybride längst Geschichte. Doch ein Ende des aktuellen Zwischenhochs ist absehbar.

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BMW XM

Der BMW XM hat wahlweise einen Sechs- oder Achtzylindermotor, den er mit einem elektrischen Antrieb kombiniert. Die Reichweite des 2,7 Tonnen schweren Plug-in-Hybrids liegt bei 76 bis 93 Kilometern. Der Staat halbiert für alle Plug-in Hybridautos die Dienstwagensteuer unabhängig davon, ob geladen wird oder nicht.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender von Mercedes und in Personalunion Präsident des Branchenverbands ACEA, lobbyiert in Brüssel für den Plug-in-Hybrid: Die Europäische Union solle "den langfristigen Marktzugang für alle Technologien sicherstellen, die zur Dekarbonisierung beitragen". Dazu gehören nach seiner Ansicht auch "Fahrzeuge mit Range Extender", wie Källenius in einem Gastbeitrag beim Economist schreibt. Jene Fahrzeuge, die einige Kilometer elektrisch fahren können, bevor der Verbrennungsmotor anspringt, galten einstmals für einige als das Beste aus zwei Welten. Inzwischen aber sind Elektroautos so gut, dass es keine oder nur noch wenige Sachargumente gegen den rein elektrischen Antrieb gibt. Eigentlich sind Plug-in-Hybride am Ende.

Dass überhaupt noch Plug-in-Hybride (abgekürzt PHEV) angeboten werden, hat zwei Ursachen: Zum einen möchte die Autoindustrie diese Fahrzeuge inklusive der Verbrennungsmotoren darin gewinnbringend verkaufen, bevor sie endgültig durchs Elektroauto abgelöst werden. Zum anderen setzen sowohl Deutschland als auch die Europäische Union staatliche Fehlanreize, die sich teilweise widersprechen und zu einem unwürdigen Chaos führen.

So stellt unter anderem Schmidt Automotive Research fest, dass der ohnehin geringe Anteil von Elektroautos aus chinesischer Produktion in Europa stagniert, während es einen deutlichen Zuwachs bei PHEVs gibt. Der BYD Seal U etwa verkauft sich gut. Ausgerechnet BYD: Der Hersteller, der wie kein anderer die Produktion von Batteriezellen und Elektroautos direkt verbindet, baut das Portfolio mit Plug-in-Hybriden aus. Das ist paradox. "Der Grund dafür sind die Strafzölle auf Elektroautos aus China", erklärt Analyst Matthias Schmidt. Von denen sind PHEVs nämlich nicht betroffen. BYD und andere Marken aus China umgehen also die Strafzölle. Es ist absurd, dass die Europäische Union diese Lücke nicht erkannt und geschlossen hat.

Der Fahrer eines rein elektrischen BMWs (hier der Erlkönig der Neuen Klasse) muss nur ein Viertel der üblichen Dienstwagensteuer bezahlen, wenn er weniger als 100.000 Euro kostet. Diese Grenze ist politisch und hat keinen Sachgrund.

(Bild: BMW)

Vielleicht haben die Brüsseler Politiker auf eine andere Regelung vertraut, die Plug-in-Hybride aus der Sicht der Autoindustrie unattraktiver macht: die Verschärfung des Utility Factors (UF) für die Berechnung der CO₂-Flottenemissionen. Vereinfacht gesagt wird die Bemessungsgrundlage für die CO₂-Emissionen eines PHEVs so verändert, dass entweder die elektrische Reichweite stark erhöht werden muss oder der typspezifische CO₂-Wert erheblich steigt. Um auf den gleichen CO₂-Wert wie bisher zu kommen, müssen ab 2026 neu zugelassene Plug-in-Hybride etwa die zweieinhalb bis dreifache elektrische Reichweite haben. Die Kombination aus zwei Antrieben wird so für die Autoindustrie zunehmend unwirtschaftlich. Währenddessen sinken die Batteriepreise kontinuierlich. PHEVs ergeben keinen ökonomischen Sinn mehr.

Ein wesentlicher Treiber für den Kauf von Elektroautos und Plug-in-Hybriden in Deutschland ist die Dienstwagensteuer: Rund zwei Drittel der Neuwagen werden gewerblich zugelassen, und ein wesentlicher Teil kann privat genutzt werden. Wer das Firmenfahrzeug so nutzen will, muss das als geldwerten Vorteil versteuern. Hierfür gibt es eine Pauschale, die im Normalfall ein Prozent des Bruttolistenpreises pro Monat beträgt. Für Plug-in-Hybride ist es lediglich die Hälfte. Das spart viel Geld. Es steht dem Fahrer frei, elektrisch zu fahren oder mit dem Verbrennungsmotor. Ob geladen wird oder eben nicht, ist jedem selbst überlassen. Überlegungen, das zu ändern, sind wegen der Angst vor dem bürokratischen Kontrollaufwand verworfen worden.

In Europa stagniert der Marktanteil der Plug-in Hybridautos, während der der Elektroautos schrittweise zunimmt. Wegen der fallenden Batteriepreise werden Elektroautos für die Industrie attraktiver. Dass es überhaupt noch Plug-in-Hybride gibt, liegt auch an unterschiedlichen staatlichen Fehlanreizen. So werden Elektroautos aus China mit Strafzöllen belegt, Plug-in Hybride aber nicht.

(Bild: Schmidt Automotive Research)

Für Elektroautos muss nur ein Viertel des Bruttolistenpreises pro Monat versteuert werden – wenn es einen bestimmten Grenzbetrag nicht überschreitet. Der lag zur Einführung dieses Nachlasses bei 40.000 Euro, wurde während der Covid-Pandemie auf 60.000 Euro und unter der Ampel-Regierung auf 70.000 Euro angehoben. Seit dem 1. Juli 2025 liegt die Schwelle bei 100.000 Euro. Über diesen Werten waren und sind Elektroautos Plug-in-Hybriden gleichgestellt; die zu versteuernde Monatspauschale liegt bei einem halben Prozent des Bruttolistenpreises. Um das einmal plakativ darzustellen: Für einen privat genutzten Dienstwagen mit einem Listenpreis von 60.000 Euro müssen je nach Antrieb 600, 300 oder 150 Euro als geldwerter Vorteil versteuert werden – je nachdem, ob er einen Verbrenner, einen Plug-in-Hybrid oder einen batterieelektrischen Antrieb eingebaut hat.

Das Problem an diesen Schwellenwerten ist, dass sie ausschließlich politisch definiert sind. Ein plakatives Beispiel ist der massive BMW XM. Das über fünf Meter lange SUV kombiniert großvolumige Verbrennungsmotoren mit der Möglichkeit, im WLTP 76 bis 93 km elektrisch zu fahren. Dieses Auto wird nicht anders versteuert als ein elektrischer BMW, der über 100.000 Euro kostet. Warum ist das so? Ist der XM im Vergleich zu einem iX besonders umweltfreundlich?

Die Marktentwicklung in Europa ist unabhängig von Einzelstimmen aus Politik und Industrie trotzdem eindeutig: 2020 hat der Anteil der Elektroautos im Vergleichszeitraum Januar bis Mai nach Daten von Schmidt Automotive Research bei 4,7 Prozent gelegen. Bei Plug-in-Hybriden waren es 3,7 Prozent. Seit 2021 dümpeln die Plug-in-Hybride bei rund neun Prozent, während Elektroautos von 7,6 Prozent (2021) über 12,3 Prozent (2022) auf derzeit 18,5 Prozent angewachsen sind. Die Gesamtjahresprognose von Schmidt Automotive Research für Elektroautos liegt bei 21,6 Prozent. Es geht aufwärts.

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Zu den guten Nachrichten gehört, dass Plug-in-Hybridautos tatsächlich nie so gut waren wie heute. Die technisch baugleichen Kombis VW Passat und Skoda Superb etwa fahren im Sommer 100 km elektrisch. Trotzdem sind gerade sie der Beweis, dass konkurrierende Elektroautos wie der VW ID.7 Tourer einfach überlegen sind. So ist offensichtlich, dass die PHEVs im verbrennungsmotorischen Modus im Vergleich zu Elektroautos laut sind und zäh erscheinen. Das Hochdrehen klingt gequält, und was an Schub kommt, mag im Vergleich zu einem handgeschalteten Diesel der Nullerjahre zügig sein, fällt aber gegenüber Elektroautos ab. Komfort und Leistung sind mangelhaft. Die Redaktion ist sich intern mittlerweile einig, dass moderne Elektroautos in jeder Hinsicht besser sind als alles, was einen Verbrennungsmotor hat – und dazu gehören eben auch die Plug-in-Hybride.

Moderne Plug-in Hybridautos wie dieser Volkswagen Passat können über 100 Kilometer elektrisch fahren, bevor der Verbrennungsmotor anspringt. Sie sind häufig sogar schnellladefähig (siehe Foto). Das ist gut. Aber das Bessere ist des Guten Feind: Bei Vollgas wird der Passat laut, und die Beschleunigung ist zäh. Ein ID.7 Tourer ist komfortabler und hat mehr Power.

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Unter anderem Mercedes beweist, was Elektroautos können: Der neue CLA hat im WLTP fast 800 km Reichweite. Die anschließende Ladepause für 70 Prozent dieses Werts beträgt 20 Minuten. Ja, in der Realität ist es weniger, aber wenn von 800 km bei schlechtem Wetter nur noch 500 übrig bleiben, ändert sich am Ergebnis wenig. Anders ausgedrückt: Selbst unter diesen Bedingungen können Sie mit einer Pause von 20[ ]Minuten 850 km fahren – oder 1200 mit 40 Minuten Unterbrechung.

Dass Ola Källenius lautstark für Alternativen zum Elektroauto eintritt, ist wahrscheinlich ein Ablenkungsmanöver. Mercedes hat bei der Modellpolitik mehrfach strategische Fehlentscheidungen getroffen: Die beliebte E-Klasse ist nicht als Elektroauto, sondern nur als PHEV erhältlich. Den EQE wiederum gibt es nicht als Kombi, und das Design hat weder in China noch in Europa funktioniert. Die Konsequenz: Er bekommt keine Modellpflege mit einem 800- statt 400-Voltsystem, sondern wird Ende 2026 ersatzlos auslaufen. Die neue E-Klasse W215 wird auf 2027 vorgezogen und endlich mit traditioneller Formensprache elektrisch fahren. Den Zeitraum, bis der CLA, der auf der IAA vorgestellte, elektrische GLC, die neue E-Klasse und andere Elektroautos kommen, muss Mercedes überbrücken. Nur so sind die Äußerungen von Källenius nachvollziehbar. Sie sind Propaganda bis zu dem Tag, an dem das Portfolio umgestellt ist – und das ist repräsentativ für den Großteil der Autoindustrie.

(mfz)