Motorrad-Test Yamaha Ténéré 700: Sinnvoll verbessert

Der Bestseller Yamaha Ténéré 700 bekommt unter anderem ein einstellbares Fahrwerk und eine elektronische Drossel. Die Verbesserungen tun der Reiseenduro gut.

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Yamaha Ténéré 700

(Bild: Ingo Gach)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Die Ténéré ist seit über 40 Jahren ein Bestseller im Yamaha-Programm. Genau deshalb müssen die Entwickler bei jeder Überarbeitung des Klassikers sehr sorgfältig vorgehen. Für 2025 hat die Mittelklasse-Enduro in entscheidenden Punkten nachgelegt und bekommt endlich eine elektronische Drosselklappe und immerhin zwei Fahrmodi. Auch sonst haben wir in unserem Test einiges Neue an der Enduro schätzen gelernt.

Die Ténéré 700 erfreut sich als eine der wenigen übrigen Reiseenduros mit ernsthafter Geländetauglichkeit großer Beliebtheit. Zum einen, weil sie mit 208 kg vergleichsweise leicht ist und zum anderen, weil sie lange Federwege bietet. Letztere führen jedoch zu einer Sitzhöhe von 875 mm, was für alle Fahrer unter 1,8 m das Problem aufwirft, nicht mit beiden Füßen sicher auf den Boden zu kommen.

Schnelle Fakten zur Yamaha Ténéré 700 Low Version
  • Tradition seit der Yamaha XT 600Z Ténéré von 1983
  • Leistung: 54 kW bei 9000/min, Drehkraft 68 Nm bei 6500/min
  • Voll einstellbares Fahrwerk ab sofort Serie
  • In drei verschiedenen Fahrwerkshöhen bestellbar
  • Preis: 11.624 Euro

Deshalb haben wir Yamaha Deutschland um eine Low-Version gebeten, deren Federwege schon ab Werk von 210 mm vorn und 200 mm hinten auf 190 mm und 180 mm gekürzt sind. Die Sitzhöhe sinkt dadurch um immerhin 15 mm. Auch die praktischen, wenn auch aufpreispflichtigen Alukoffer (1390 Euro inklusive Halterung) lernen wir schnell zu schätzen.

Die Designer haben sich Mühe gegeben, die Ténéré 700 für 2025 neu zu gestalten, ohne die Fans zu verschrecken. Sie zeigt weiterhin ihren wilden Rally-Look, die Verkleidung ist neu gestaltet und etwas weiter nach hinten gezogen, was noch mehr Schutz für den Fahrer bedeutet. Die vier im Quadrat angeordneten LED-Spots stecken jetzt in einer Aluminiumhalterung. Der Tank behält zwar seine 16 Liter Volumen, ist aber etwas weiter nach vorn und tiefer verlagert, was zu einem verbesserten Handling führt. Die Sitzbank ist weiter Richtung Tank hochgezogen, Seitendeckel und Motorschutz anders geformt.

Yamaha Tenere 700 (7 Bilder)

Yamaha hat seinen Bestseller Ténéré 700 für 2025 gründlich überarbeitet. (Bild:

Ingo Gach

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Im Cockpit erwartet mich ein neu gestaltetes 6,3 Zoll großes TFT-Display (bisher waren es fünf Zoll), das vertikal wie ein Handy angeordnet und fast ohne Blendung ablesbar ist. Zum Glück hat sich Yamaha vom unsäglichen Menü-Scroll-Rädchen am rechten Lenker-Ende verabschiedet, dessen Bedienung während der Fahrt kaum möglich war, und einen Fünf-Wege-Joystick ans linke Lenker-Ende verlegt. Der Bildschirm lässt sich per Bluetooth mit dem Smartphone verbinden und kann unter anderem eine Turn-by-turn-Navigation darstellen.

Noch zwei löbliche Neuerungen: rechts im Cockpit sitzt ein USB-C-Ladeanschluss und links ein ABS-Knopf. Letzteren hatte 2019 schon die erste Modellgeneration der Ténéré 700, um das ABS vor dem Ausritt ins Gelände auszuschalten. Der Knopf verschwand aber mit der zweiten Generation und das ABS musste jedes Mal mühsam im Menü deaktiviert werden. Jetzt ist der Knopf wieder da und schaltet ABS sowie Schlupfregelung ab, wenn er zwei Sekunden lang gedrückt wird.

Der bewährte Reihenzweizylindermotor, intern als CP2 bezeichnet, treibt die Ténéré 700 unverändert mit 73 PS bei 9000/min, erfüllt aber nun die Abgasnorm Euro 5+. Für das aktuelle Modelljahr bekommt der Motor eine elektronisch gesteuerte Drosselklappe und die beiden Fahrmodi Sport und Explorer. Zwar verfügen beide Modi über die identische Höchstleistung, doch der Explorer-Modus geht sanfter ans Gas, die Schlupfregelung greift später ein und das ABS wirkt nur noch auf das Vorderrad.

Yamaha hat den Lufteinlasskanal modifiziert, für fülliges Drehmoment im unteren Drehzahlbereich. Im Vergleich zur Vorgängerin kostet es aber etwas Spritzigkeit oben heraus. Das Getriebe wurde überarbeitet, um einen geschmeidigeren Gangwechsel zu ermöglichen. Tatsächlich flutschen die Gänge jetzt so gut, dass ich einen Quickshifter nicht vermisse, der weiterhin für 249 Euro Aufpreis erhältlich ist.

Die lange Tradition der Ténéré

Endlich hat die Ténéré 700 eine voll einstellbare Gabel, wie es einer Enduro würdig ist. Darauf haben die Fans schon lange gewartet, schließlich gilt es, das Fahrwerk an verschiedenste Untergründe von glatt bis uneben anzupassen. Auch das hintere Federbein ist voll einstellbar und die Umlenkung ist neu gestaltet, was ein weicheres Ansprechverhalten ermöglichen soll. An Komfort mangelt es während der Fahrt tatsächlich nicht, allerdings taucht die Upside-down-Gabel beim Bremsen weit ein – ein Tribut an die langen Federwege. Yamaha war die Geländetauglichkeit wichtiger als sportliche Einlagen auf dem Asphalt.

Yamaha Ténéré 700 Details (8 Bilder)

Die Ténéré bekommt endlich elektronische Drosselklappen und immerhin zwei Fahrmodi. (Bild:

Ingo Gach

)

Mehr Dämpfung und Vorspannung an der Gabel brachten ein wenig Besserung. Abseits befestigter Wege spielt die Ténéré 700 ihre Trümpfe voll aus, begeistert mit großem Schluckvermögen des Fahrwerks auch bei tiefen Löchern und Bodenwellen. Sie zeigt ein präzises Fahrverhalten und stabilen Geradeauslauf auf Schotter, solange das Tempo gemäßigt bleibt. Wird heftiger am Gasgriff gedreht, muss die Yamaha konzentriert geführt werden, weil das Vorderrad nervös wird. Die breiteren, gezackten Fußrasten ermöglichen den Stiefeln sicheren Halt beim Stehendfahren, wenn vorher die Gummieinlagen entfernt wurden.

Das Limit im Gelände setzen die Pirelli Scorpion STR Rally, die einen einwandfreien Kompromiss zwischen On- und Offroad darstellen. Nur im Sand oder Schlamm stoßen sie mit ihrem gemäßigten Negativanteil bald an ihre Grenzen, während sie auf harten Untergründen sowie auf Asphalt vorzüglich funktionieren.

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Auf Landstraßen bestechen sie mit ausgezeichnetem Grip, selbst bei forcierter Fahrweise. Die Ténéré 700 kann ein erstaunlich hohes Tempo auf Asphalt vorlegen. Bei einem Leergewicht von 208 kg reichen die 73 PS aus, um die Yamaha aus den Kurven preschen zu lassen. Sie wedelt locker durch Kurvenkombination, allerdings will sie mit etwas Nachdruck eingelenkt werden, was unter anderem auf das große 21-Zoll-Vorderrad und den langen Radstand von 1595 mm zurückzuführen ist. Dennoch gibt sie sich aufgrund der neuen Gewichtsverteilung handlicher als die Vorgängerin. Die 700 Ténéré verträgt grimmige Schräglagen, ohne sich aufzuschaukeln. Selbst bei Topspeed 186 km/h hält die Enduro unbeirrt ihren Kurs.

Nicht ganz so sehr können die Bremsen des Zulieferers Brembo überzeugen, die beiden vorderen fühlen sich stumpf an. Obwohl sie noch ordentlich verzögern, fehlt ihnen ein klares Feedback. Immerhin bringt die hintere Bremse das 18-Zoll-Rad im Gelände verlässlich zum Blockieren, wenn das ABS ausgeschaltet ist. Erfreulich ist, dass Yamaha der Ténéré 700 serienmäßig Handprotektoren und einen soliden Motorschutz mitgibt, das beruhigt im Gelände ungemein. Neu ist der jetzt in den Tank eingelassene Tankdeckel, der zudem mit elegantem Luftfahrt-Design erfreut.

Die Halterungen des Auspuffs und des Gepäckträgers wurden verstärkt, vermutlich gab es bei harter Beanspruchung diesbezüglich Probleme beim Vorgängermodell. Die optionalen Aluminiumkoffer an unserem Testmotorrad erweisen sich als sehr durchdacht und lassen sich innerhalb von Sekunden abnehmen. Allerdings dürfte die Halterung ruhig etwas dichter an das Fahrzeug heranrücken, die Koffer stehen weiter ab als die Lenker-Enden, was es schwer macht, während der Fahrt die Abstände zu anderen Verkehrsteilnehmern oder Hindernissen wie Pfählen einzuschätzen.

16 Liter Tankinhalt hören sich für eine Reiseenduro nicht gerade üppig an, aber der CP2-Motor verblüfft mit einem geringen Verbrauch von 3,8 Liter auf 100 km, im Gelände erhöht er sich geringfügig, bleibt aber immer noch sehr sparsam. So kommt die Ténéré 700 im reinen Straßenbetrieb auf eine theoretische Reichweite von rund 420 km. Länger möchte man auf der doch etwas schmalen Sitzbank auch nicht ausharren. Sie läuft nach hinten nun flacher aus, was zwar bei der Gewichtsverlagerung des Fahrers Vorteile birgt, die Sozia aber nicht begeistern dürfte.

Videos by heise

Yamaha verlangt 11.624 Euro für die Ténéré 700, was in Anbetracht der stetig wachsenden Konkurrenz kein Sonderangebot ist. Besonders die chinesischen Marken wie CF Moto, Benelli, QJ Motor oder Zontes bieten ihre Mittelklasse-Reiseenduros erheblich billiger an. Um die Fans bei der Stange zu halten, hat Yamaha für das aktuelle Modelljahr seine Ténéré 700 nachgebessert. Das ist geglückt.