Fahrbericht Hyundai Nexo: Schafft das H2-Auto die Trendwende?

Der neue Hyundai Nexo macht alles besser als sein Vorgänger. Die Idee eines Brennstoffzellenautos ist trotz Aussichtslosigkeit offenbar nicht totzukriegen.

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Hyundai Nexo

(Bild: Hyundai)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Wolfgang Hörner
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This article is also available in English. It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

"Der neue Hyundai Nexo ist das reichweitenstärkste Brennstoffzellenauto auf dem Markt", sagt der Hersteller nicht ohne Stolz. 826 km sind es gemäß WLTP, eine Betankung soll weniger als fünf Minuten dauern, mit weiter gesenkter Empfindlichkeit gegenüber niedriger Temperatur. Wenn der Hyundai im Frühjahr 2026 auf den deutschen Markt kommt, wird er sich nur mit dem Toyota Mirai (Test) mit einer Reichweite 650 km messen müssen – so viel, wie die erste Generation des Nexo bisher schon bot. 2028 will Toyota dann mit einem neuen, in Zusammenarbeit mit BMW entwickelten Modell aufschlagen. Mehr Leistung bekommt er auch, seine 150 kW übertreffen die des Vorgängers um rund 30 kW. 350 Nm Drehmoment sollten genügen, das SUV zügig in Bewegung zu setzen. Die verbesserten Leistungsdaten verdankt der Nexo einem effizienteren Brennstoffzellenelement und einer leistungsfähigeren Elektronik.

Der vorderradgetriebene Nexo wiegt rund zwei Tonnen, ist mit 4,75 m etwa so lang wie ein BMW X3. Er fühlt sich beim Losfahren nicht so giftig an wie manches batterieelektrische Fahrzeug, bietet aber keine schlechten Fahrleistungen. Wer will, kann im Nexo in 7,9 Sekunden auf 100 km/h beschleunigen und das Tempo auf 179 km/h hochtreiben. Um die Trägheit der Brennstoffzelle bei ihrer maximalen Netto-Leistungsabgabe von 94 kW auszugleichen, kann der Nexo für Leistungsspitzen auf 80 kW aus einer Batterie zurückgreifen. Ihr Energiegehalt von 2,64 kWh ist so bemessen, dass sie für die meisten Anforderungen als Puffer für die Brennstoffzelle genügt, verspricht der Hersteller. Über diese wird der Akku auch geladen, zusätzlich kann er über die Rekuperation aus den Elektromaschinen geladen werden.

Brennstoffzellen-SUV Hyundai Nexo Exterior (4 Bilder)

Der Nexo ist 4,75 Meter lang, 1,86 Meter breit und 1,64 Meter hoch, sein Radstand beträgt 2,79 Meter. (Bild:

Hyundai

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Hyundai legt Wert auf die Feststellung, die Sicherheit mit noch feiner arbeitenden Tankventilen, neuen Leckdetektoren und erweitertem Brandschutz weiter verbessert zu haben. Die Entwicklungen waren weniger reale Notwendigkeit als vielmehr vertrauensbildende Maßnahmen, um die Skepsis vieler Menschen bei der Wasserstofftechnologie abzubauen. Vor allem aber ging es den koreanischen Entwicklern um eine Effizienzverbesserung der Brennstoffzelle. Der technische Wirkungsgrad liegt zwar wie bisher bei nur 60 Prozent. Trotzdem wuchs die Reichweite bereits um rund 50 km, weil der Wasserstofftank mehr Gas fasst, obwohl er nur geringfügig beim Volumen zulegte. Sein Fassungsvermögen stieg von 6,33 auf 6,69 kg.

Davon merkt man beim Fahren nichts. Der neue Nexo fährt sich im Alltag ziemlich genau so, wie man es von einem batterieelektrischen SUV dieser Klasse kennt: unaufgeregt, unauffällig und vor allem leise. Das liegt nicht nur an seinem E-Antrieb, sondern an der serienmäßigen Doppelverglasung und der aktiven Geräuschunterdrückung – ein bisschen vergleichbar mit den Systemen aus Kopfhörern. Die besonders leise abrollenden Reifen des koranischen Herstellers Kumho werden ihren Weg aber nicht nach Europa finden. Im Kontrast zu der Wohlfühlstille steht indes das Fahrwerk, das die Passagiere überraschend deutlich über den Fahrbahnzustand informiert.

Brennstoffzellen-SUV Hyundai Nexo Interior (6 Bilder)

Der Arbeitsplatz zeigt bekannte Elemente aus anderen Hyundai-Modellen, wie den gebogenen Bildschirm. (Bild:

Hyundai

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Trotzdem ist dem Wagen anzumerken, dass er auch im Portfolio von Hyundai eine Sonderstellung annimmt und Kompromisse auf ein Minimum zurückgefahren wurden. Bei 4,75 Metern Länge bietet er mit 510 bis 1630 Litern nicht nur Platz im Kofferraum, sondern auch für die Passagiere. Selbst im Fond können sie sich über viel Beinfreiheit, Sitzheizung und -belüftung, neigungsverstellbare Sitzlehnen sowie über weit öffnende Türen freuen.

Am Fahrerplatz gibt es einen gebogenen Bildschirm wie aus dem Hyundai Ioniq 6 (Test), ein serienmäßiges Head-up-Display und die beiden Bildschirme für die seitlichen Außenkameras, die Hyundai anstelle der Außenspiegel montiert. Überall dort, wo man etwas anfassen kann, wirken Haptik und Optik nicht billig – was auch fürs Außendesign gilt: Gerade vorn wirkt das neue "Art of Steel"-Stylingkonzept mit den pixelartigen LED-Scheinwerfern cool, hinten zumindest ungewöhnlich. Auto-Fans können hier Anleihen vom geschmacklich nicht völlig unumstrittenen Pontiac Aztek entdecken.

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Eine Überraschung ist angesichts des Gebotenen der Preis. Er wird bei rund 68.000 Euro liegen. Für ein SUV dieser Größe ist das unverändert viel Geld, auch wenn der bisherige Nexo – kleiner und schwächer – zuletzt 77.000 Euro kostete. Doch für rund 70.000 Euro hat ein Nexo reichlich Konkurrenz aus dem batterieelektrischen Lager, die mit besseren Fahrleistungen, niedrigeren Unterhaltskosten und dichterem Versorgungsnetz punkten – zusätzlich zur weniger schädlichen Umweltbilanz. Schließlich wird derzeit nur ein Bruchteil des Wasserstoffs weltweit mit regenerativer Energie erzeugt.

Ob der weniger teure, neue Nexo eine Trendwende bei den Brennstoffzellenautos bringt? Schwer vorstellbar, denn von den einstmals rund 100 Zapfstellen gibt es gegenwärtig in Deutschland nur noch etwa 80, ein weiterer Ausbau des Netzes ist reine Zukunftsmusik. Dabei ist Deutschland führend bei der Netzdichte in Europa. In Österreich wurden in diesem Frühjahr alle vier existierenden Wasserstofftankstellen vom Netz genommen. Zudem kostet das Kilogramm Wasserstoff hierzulande bis zu 19 Euro. Einmal Volltanken ist also unter Umständen mehr als 100 Euro teuer. Laden dauert zwar (noch) ein bisschen länger als Tanken, doch dürfte dieser kleine Vorteil fast immer von den weiten Anfahrten zu einer der seltenen Zapfsäulen aufgezehrt werden.

Damit wird auch der weiterentwickelte Hyundai Nexo trotz der Preissenkung eher noch mehr als bisher schon ein Auto für ausgemachte Fans der Brennstoffzellentechnik. Eine Verbesserung der Randbedingungen ist auf längere Sicht nicht erkennbar. Und so wird der Nexo, wie alle H2-Serienmodelle in den vergangenen 20 Jahren, ein Schaufensterprojekt bleiben, mit dem die Hersteller zeigen können, dass sie längst bereit sind – falls wider Erwarten einmal eine Wasserstoffwirtschaft auch für Autos geeignete Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut werden sollte.

(fpi)