Microsoft beschwert sich vor EU-Gericht über Begünstigung der Konkurrenz

Vor dem EU-Gericht erster Instanz erläuterten Microsoft-Vertreter am dritten Tag zur Anhörung der Klage gegen Produktauflagen und Geldbuße der EU, dass ihre Serversoftware bereits ausreichend kompatibel mit Konkurrenzprodukten sei.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 146 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Am dritten Tag der Anhörung zu der Klage Microsofts gegen die EU-Kommission hat sich der Softwarekonzern über die Anordnung der Behörde beschwert, Softwarecode anderen Unternehmen zur Verfügung stellen zu müssen. Damit müsse das Unternehmen Geschäftsgeheimnisse preisgeben, argumentierte das gegen ein im März 2004 verhängtes Bußgeld von 497 Millionen Euro und Produktauflagen klagende Unternehmen laut Medienberichten. Microsoft-Konkurrenten sehen darin den Versuch, eine Diskussion über "geistiges Eigentum" anzuzetteln und von dem Vorwurf abzulenken, der Softwarekonzern habe seine Marktmacht missbraucht.

Die vor zwei Jahren erteilte Auflage, nach der Microsoft die vollständigen und genauen Schnittstellenspezifikationen offen legen muss, mit denen nicht von Microsoft stammende Arbeitsgruppenserver uneingeschränkt mit Windows-PCs und Servern kommunizieren können, stand heute im Mittelpunkt der auf fünf Tage angesetzten Anhörung. Microsoft-Anwalt Ian Forrester bezeichnete den Windows-Quellcode als die wertvolle Frucht langer Arbeit. Die Anordnung der EU-Kommission sei ein Versuch, den weiteren Erfolg des Marktführers zu behindern.

Da Microsoft nicht wie verlangt bis zum 15. Dezember 2005 der Aufforderung nachgekommen ist, Informationen über die Kommunikation mit Windows-Servern bereitzustellen, drohte die Kommission kurz darauf mit einer täglichen Geldbuße von 2 Millionen Euro. Dazu fand Anfang April eine Anhörung statt. Eine Entscheidung der Kommission, ob Microsoft wegen Nicht-Einhaltung der Produktauflagen eine weitere Strafe droht, steht noch aus.

Forrester und Microsoft-Manager John Shewchuk beharrten während der heutigen Anhörung auf der Behauptung, die Serversoftware des Konzerns sei mit Produkten anderer Unternehmen wie Novell und Sun kompatibel. Microsoft investiere viel darin, die Interoperabilität zu gewährleisten. Zu diesem Thema sollen noch Meinungen von IBM, Novell, Oracle und Sun Microsystems eingeholt werden. Diese Unternehmen waren an dem Rechtsstreit noch nicht direkt beteiligt, sondern indirekt über die Mitgliedschaft in den Beschwerdeführern European Committee for Interoperable Systems (ECIS) und die Software & Information Industry Association.

Microsoft hatte im Juni 2004 gegen das Rekord-Bußgeld und die Produktauflagen geklagt. Am Montag begann vor dem EU-Gericht Erster Instanz die Anhörung dazu mit einem harten Schlagabtausch. Wie auch am Dienstag argumentierte der Softwarehersteller, die von der EU-Kommission kritisierte Bündelung von Windows mit dem Windows Media Player sei im Interesse der Verbraucher. Vor den 13 Richtern kamen interne Notizen aus dem Hause Microsoft zur Sprache, die eine harte Gangart gegenüber dem Konkurrenten RealNetworks belegen sollen.

Zum EU-Kartellverfahren gegen Microsoft siehe auch: