Microsoft beschwert sich vor EU-Gericht über Begünstigung der Konkurrenz
Vor dem EU-Gericht erster Instanz erläuterten Microsoft-Vertreter am dritten Tag zur Anhörung der Klage gegen Produktauflagen und Geldbuße der EU, dass ihre Serversoftware bereits ausreichend kompatibel mit Konkurrenzprodukten sei.
Am dritten Tag der Anhörung zu der Klage Microsofts gegen die EU-Kommission hat sich der Softwarekonzern über die Anordnung der Behörde beschwert, Softwarecode anderen Unternehmen zur Verfügung stellen zu müssen. Damit müsse das Unternehmen Geschäftsgeheimnisse preisgeben, argumentierte das gegen ein im März 2004 verhängtes Bußgeld von 497 Millionen Euro und Produktauflagen klagende Unternehmen laut Medienberichten. Microsoft-Konkurrenten sehen darin den Versuch, eine Diskussion über "geistiges Eigentum" anzuzetteln und von dem Vorwurf abzulenken, der Softwarekonzern habe seine Marktmacht missbraucht.
Die vor zwei Jahren erteilte Auflage, nach der Microsoft die vollständigen und genauen Schnittstellenspezifikationen offen legen muss, mit denen nicht von Microsoft stammende Arbeitsgruppenserver uneingeschränkt mit Windows-PCs und Servern kommunizieren können, stand heute im Mittelpunkt der auf fünf Tage angesetzten Anhörung. Microsoft-Anwalt Ian Forrester bezeichnete den Windows-Quellcode als die wertvolle Frucht langer Arbeit. Die Anordnung der EU-Kommission sei ein Versuch, den weiteren Erfolg des Marktführers zu behindern.
Da Microsoft nicht wie verlangt bis zum 15. Dezember 2005 der Aufforderung nachgekommen ist, Informationen über die Kommunikation mit Windows-Servern bereitzustellen, drohte die Kommission kurz darauf mit einer täglichen Geldbuße von 2 Millionen Euro. Dazu fand Anfang April eine Anhörung statt. Eine Entscheidung der Kommission, ob Microsoft wegen Nicht-Einhaltung der Produktauflagen eine weitere Strafe droht, steht noch aus.
Forrester und Microsoft-Manager John Shewchuk beharrten während der heutigen Anhörung auf der Behauptung, die Serversoftware des Konzerns sei mit Produkten anderer Unternehmen wie Novell und Sun kompatibel. Microsoft investiere viel darin, die Interoperabilität zu gewährleisten. Zu diesem Thema sollen noch Meinungen von IBM, Novell, Oracle und Sun Microsystems eingeholt werden. Diese Unternehmen waren an dem Rechtsstreit noch nicht direkt beteiligt, sondern indirekt über die Mitgliedschaft in den Beschwerdeführern European Committee for Interoperable Systems (ECIS) und die Software & Information Industry Association.
Microsoft hatte im Juni 2004 gegen das Rekord-Bußgeld und die Produktauflagen geklagt. Am Montag begann vor dem EU-Gericht Erster Instanz die Anhörung dazu mit einem harten Schlagabtausch. Wie auch am Dienstag argumentierte der Softwarehersteller, die von der EU-Kommission kritisierte Bündelung von Windows mit dem Windows Media Player sei im Interesse der Verbraucher. Vor den 13 Richtern kamen interne Notizen aus dem Hause Microsoft zur Sprache, die eine harte Gangart gegenüber dem Konkurrenten RealNetworks belegen sollen.
Zum EU-Kartellverfahren gegen Microsoft siehe auch:
- Microsofts Mediaplayer-Strategie vor EU-Gericht unter Beschuss
- Luxemburger Microsoft-Prozess beginnt mit hartem Schlagabtausch
- Microsoft sieht wachsende Konkurrenz für Mediaplayer
- Linux-Gemeinde: EU-Patentkurs untergräbt Kartellverfahren gegen Microsoft
- EU-Kartellverfahren: Microsoft kommt in den USA nicht zum Zug
- EU-Kartellverfahren: Microsoft unterliegt erneut vor US-Gericht
- Microsoft erwartet Durchbruch im EU-Kartellstreit
- US-Regierung fordert von EU "faire Behandlung" für Microsoft
- Neues EU-Bußgeld für Microsoft wird wahrscheinlicher
- Microsofts Vista im Visier der europäischen Wettbewerbshüter
- Microsoft macht neue Konzessionen im EU-Kartellverfahren
- EU-Kommission antwortet auf Microsoft-Anschuldigungen
- Microsoft zweifelt Neutralität der EU-Wettbewerbshüter an
- Microsoft legt Dokumente im EU-Kartellstreit offen
- Microsoft antwortet im EU-Kartellverfahren kurz vor Ablauf des Ultimatums
- Microsoft wirft EU-Kommission im Kartellverfahren Regelverletzungen vor
- Microsoft droht weiterer Ärger von der EU-Kommission
- Microsoft kommt EU entgegen und lizenziert Quellcode für Windows Server
- EU-Kommission droht Microsoft tägliche Millionen-Strafe an
- Ballmer in Brüssel: Interoperables Frühstück
- EU-Kommission benennt "Microsoft-Berater"
- XP N + MediaPack = XP - N
- EU-Kartellverfahren: Keine Microsoft-Technik unter Open-Source-Lizenzen
- EU-Kommission testet Microsoft-Zugeständnisse
- Microsoft legt Vorschläge zu Wettbewerbsauflagen in Brüssel vor
- EU-Kommission verliert Geduld mit Microsoft
- Microsoft bei den EU-Wettbewerbshütern weiter auf dem Prüfstand
- EU-Kommission: Microsoft setzt Server-Auflagen nicht ausreichend um
- Microsoft verzichtet auf Berufung gegen EU-Urteil
- Microsoft will Auflagen der EU-Kommission erfüllen
- EU-Gerichtspräsident bestätigt Sanktionen gegen Microsoft
- Schlagabtausch von Microsoft und EU-Kommission vor EU-Gericht
- Microsoft bezahlt Brüsseler Rekordbußgeld
- Microsoft beantragt Aussetzung von EU-Auflagen
- Microsoft: Entscheidung der EU-Kommission nicht im Sinne der Verbraucher
- EU-Kommission verfügt Geldstrafe und Produktauflagen gegen Microsoft
- Mitteilung der EU-Kommission zum Abschluss der Untersuchung gegen Microsoft
- EU eröffnet neues Kartell-Verfahren gegen Microsoft
- EU eröffnet erstmals Wettbewerbsverfahren gegen Microsoft