Microsofts Geheimhaltung vor EU-Gericht in der Kritik
Am vierten Tag der Anhörung der Klage des US-Softwareunternehmens gegen die EU-Kommission stand erneut das Thema Interoperabilität zur Debatte.
Vor dem EU-Gericht Erster Instanz wurden am vierten Tag der Anhörung im Prozess Microsoft gegen die EU-Kommission die Motive des Softwarekonzerns dafür beleuchtet, die von der Kommission geforderten Schnittstelleninformationen nicht herauszugeben. Der Vertreter des Interessenverbands European Committee for Interoperable Systems (ECIS), James Flynn, sagte als Entgegnung zu einem der gestern von Microsoft vorgebrachten Argumente, die Informationen würden nicht geheim gehalten, weil sie wertvoll seien, sondern seien wertvoll, weil sie geheim gehalten werden.
Am Mittwoch hatten Microsoft-Vertreter behauptet, die Offenlegung vollständiger und genauer Schnittstellenspezifikationen würde die Konkurrenz bevorteilen. Der Windows-Quellcode sei das Ergebnis langer Arbeit. Andrew Tridgell, Gründer und Präsident des Samba-Teams, der für die Free Software Foundation Europe (FSFE) in dem Verfahren auftritt, erläuterte, die Darstellung, von Microsoft werde Quellcode verlangt, sei absurd. Sein Team sei interessiert an Industriestandard-Informationen, wie sie zum Beispiel in den Interface-Definition-Language-Dateien enthalten seien.
Durch Reverse-Engineering habe sein Team festgestellt, dass die Schnittstelleninformationen zu Active Directory etwas 30.000 Zeilen umfassen müssten. Innerhalb von sechs Jahren habe das Samba-Team 13.000 Zeilen nachbauen können. Diese passten auf eine Floppy-Disc, geht aus einer Mitteilung der FSFE hervor. FSFE-Anwalt Carlo Piana behauptete, wenn Microsoft sofort nach der Aufforderung durch die Kommission die Informationen herausgegeben hätte, gäbe es bereits kleine Geräte mit Active-Directory-Funktionen auf Samba-Basis für etwa 100 Euro auf dem Markt. Microsofts Umsetzung dieser Protokolle erfordere hingegen Hardware, die viel aufwendiger sei.
Microsoft klagt gegen ein im März 2004 von der EU-Kommission verhängtes Bußgeld von 497 Millionen Euro und Produktauflagen. Die dazu angesetzte fünftägige Anhörung endet morgen.
Zum EU-Kartellverfahren gegen Microsoft siehe auch:
- Microsoft beschwert sich vor EU-Gericht ĂĽber BegĂĽnstigung der Konkurrenz
- Microsofts Mediaplayer-Strategie vor EU-Gericht unter Beschuss
- Luxemburger Microsoft-Prozess beginnt mit hartem Schlagabtausch
- Microsoft sieht wachsende Konkurrenz fĂĽr Mediaplayer
- Linux-Gemeinde: EU-Patentkurs untergräbt Kartellverfahren gegen Microsoft
- EU-Kartellverfahren: Microsoft kommt in den USA nicht zum Zug
- EU-Kartellverfahren: Microsoft unterliegt erneut vor US-Gericht
- Microsoft erwartet Durchbruch im EU-Kartellstreit
- US-Regierung fordert von EU "faire Behandlung" fĂĽr Microsoft
- Neues EU-BuĂźgeld fĂĽr Microsoft wird wahrscheinlicher
- Microsofts Vista im Visier der europäischen Wettbewerbshüter
- Microsoft macht neue Konzessionen im EU-Kartellverfahren
- EU-Kommission antwortet auf Microsoft-Anschuldigungen
- Microsoft zweifelt Neutralität der EU-Wettbewerbshüter an
- Microsoft legt Dokumente im EU-Kartellstreit offen
- Microsoft antwortet im EU-Kartellverfahren kurz vor Ablauf des Ultimatums
- Microsoft wirft EU-Kommission im Kartellverfahren Regelverletzungen vor
- Microsoft droht weiterer Ärger von der EU-Kommission
- Microsoft kommt EU entgegen und lizenziert Quellcode fĂĽr Windows Server
- EU-Kommission droht Microsoft tägliche Millionen-Strafe an
- Ballmer in BrĂĽssel: Interoperables FrĂĽhstĂĽck
- EU-Kommission benennt "Microsoft-Berater"
- XP N + MediaPack = XP - N
- EU-Kartellverfahren: Keine Microsoft-Technik unter Open-Source-Lizenzen
- EU-Kommission testet Microsoft-Zugeständnisse
- Microsoft legt Vorschläge zu Wettbewerbsauflagen in Brüssel vor
- EU-Kommission verliert Geduld mit Microsoft
- Microsoft bei den EU-WettbewerbshĂĽtern weiter auf dem PrĂĽfstand
- EU-Kommission: Microsoft setzt Server-Auflagen nicht ausreichend um
- Microsoft verzichtet auf Berufung gegen EU-Urteil
- Microsoft will Auflagen der EU-Kommission erfĂĽllen
- EU-Gerichtspräsident bestätigt Sanktionen gegen Microsoft
- Schlagabtausch von Microsoft und EU-Kommission vor EU-Gericht
- Microsoft bezahlt BrĂĽsseler RekordbuĂźgeld
- Microsoft beantragt Aussetzung von EU-Auflagen
- Microsoft: Entscheidung der EU-Kommission nicht im Sinne der Verbraucher
- EU-Kommission verfĂĽgt Geldstrafe und Produktauflagen gegen Microsoft
- Mitteilung der EU-Kommission zum Abschluss der Untersuchung gegen Microsoft
- EU eröffnet neues Kartell-Verfahren gegen Microsoft
- EU eröffnet erstmals Wettbewerbsverfahren gegen Microsoft