Vorerst keine Netzneutralität in Michigan

Senat und Abgeordnetenhaus des US-Bundesstaats haben ein Gesetz verabschiedet, gegen das Befürworter der Netzneutralität protestiert haben.

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Von
  • Monika Ermert

Befürworter der Einführung von Neutralitätspflichten für Netzanbieter konnten sich beim "Video-Franchise"-Gesetz HR 6456 (PDF-Datei) des Staates Michigan nicht durchsetzen. Nach dem Senat hat auch das Abgeordnetenhaus des Bundesstaats das neue Gesetz verabschiedet. In Kürze wird die Gouverneurin von Michigan, Jennifer Granholm, das Gesetz unterzeichnen. Während die Befürworter des Netzneutralitätsprinzips in den USA gerade eben die Vertagung des Telekommunikationsgesetzes auf Bundesebene feierten, jubeln in Michigan nun die großen Carrier.

AT&T forderte die Gouverneurin auf, das Gesetz rasch zu unterschreiben und versprach noch einmal, 620 Millionen US-Dollar rasch in das Breitbandnetz in dem Staat zu investieren. Mit diesem Versprechen und den damit von AT&T in Aussicht gestellten 2000 neuen Arbeitsplätzen in den kommenden drei Jahren hatte das Unternehmen für das "Video-Franchise"-Gesetz geworben. Es räumt großen Carriern, darunter AT&T, Level 3 und anderen Mitgliedern der Information Technology Alliance of America, ein, statt lokaler Videolizenzen eine Lizenz für den gesamten Bundesstaat zu erhalten.

Während die Befürworter des Gesetzes vor allem auf damit entstehende neue IPTV-Angebote durch die Carrier und damit mehr Wettbewerb verweisen, warnen Gegner davor, dass ländliche Märkte ausgelassen werden und lokale Absprachen zur Versorgung von Schulen oder zur Übertragung von Stadtratssitzungen oder ähnlichem wegfallen können. Städte und Gemeinden würden außerdem Einnahmen aus der Lizenzvergabe entgehen, meint Alex Ponder von der "National League of Cities", die sich mit den Befürwortern der Netzneutralitität zusammengeschlossen hat, um die Gesetze auf US- und auf Bundesstaatsebene zu verhindern.

Gouverneurin Granholm kündigte an, sich gesondert mit dem Thema Netzneutralität zu befassen. In einen Brief an Google-Präsident Larry Page schreibt sie laut US-Zeitungsberichten, sie sei sehr dafür, dass Verbraucher nicht für bestimmte Angebote im Netz eigens zur Kasse gebeten werden. Sie halte es aber für sinnvoll, dies in einem eigenen Gesetz zu regeln, als das Videofranchising-Gesetz nochmals zu ändern. Google, das im Sommer ebenfalls einige neue Jobs für ein Büro in Ann Arbor Michigan ankündigte, hatte sich im November an der Demonstration und Lobbykampagne der Koalition "Save the Internet" in Lansing, Michigan beteiligt.

Die Kampagne hatte angekündigt, dem Versuch der Carrier, die Netzneutralität durch Gesetze in einzelnen Bundesstaaten auszuhebeln, massiv entgegenzutreten. Etwaige Gesetze für Netzneutralität, sollten sich Michigan oder andere US-Bundesstaaten dazu durchringen, könnten allerdings laut Medienberichten einen Einspruch der Telecomaufsicht Federal Communication Commission (FCC) bewirken. Diese könnte derartige Regelungen als Kompetenzüberschreitung der US-Bundesstaaten bezeichnen, zumal vom demnächst zusammentretenden demokratisch dominierten Kongress die Wiederaufnahme des Themas erwartet wird.

Zum Thema Netzneutralität siehe auch:

(Monika Ermert) / (anw)