Microsoft will gegen neue Strafe im EU-Wettbewerbsverfahren klagen

Mit der am heutigen Mittwoch verkündeten Entscheidung der EU-Kommission wird erstmals seit der Gründung der EU vor 49 Jahren ein Unternehmen wegen Nichtbefolgung von Wettbewerbsentscheidungen verurteilt.

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Von
  • Jürgen Kuri

Der US-Softwarekonzern Microsoft will gegen die neue Millionenstrafe der EU klagen. In einer in Brüssel veröffentlichten Stellungnahme wird die Strafe in Höhe von 280,5 Millionen Euro als "nicht angemessen" bezeichnet. Mit der am heutigen Mittwoch verkündeten Entscheidung der EU-Kommission wird erstmals seit der Gründung der EU vor 49 Jahren ein Unternehmen wegen Nichtbefolgung von Wettbewerbsentscheidungen verurteilt.

"Wir werden die europäischen Gerichte bitten, zu entscheiden, ob unsere Bemühungen, den Auflagen gerecht zu werden, ausreichten und ob die beispiellose Strafe der Kommission gerechtfertigt ist", heißt es bei Microsoft weiter. "Wir haben großen Respekt für die Kommission, aber wir glauben nicht, dass eine Strafe, noch dazu eine von diesem Ausmaß, angesichts des Mangels an Klarheit seitens der Kommission und unserer aufrichtigen Bemühungen in den vergangenen zwei Jahren angemessen ist."

Microsoft warf der Kommission vor, in der Vergangenheit unklar hinsichtlich der geforderten Dokumente gewesen zu sein. Derzeit arbeiteten 300 Angestellte daran, bis zum 24. Juli sämtliche Angaben vorlegen zu können. "Es ist schwer zu verstehen, warum die Kommission diese enorme Strafe verhängt, wenn das Verfahren endlich gut läuft und die vereinbarte Frist nur wenige Tage entfernt ist", meinte Microsoft laut dpa.

"Microsoft hat auch nicht annähernd genaue und detaillierte Daten vorgelegt", betonte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes dagegen. Microsoft wiederum erklärte: "Wir werden alles tun, was die Kommission verlangt, weil dies Fragen sind, die gerichtlich geklärt werden." Microsoft habe nach "Unklarheiten" über die technische Dokumentation alles getan, um die gewünschten Informationen zu liefern. "Die heute angekündigte Strafe ist höher als die Strafen, die die Kommission in den schwerwiegendsten Fällen von Verstößen gegen EU-Recht verhängt hat, beispielsweise bei Kartellabsprachen", erklärte Microsoft. "Wir glauben nicht, dass diese Strafe gerechtfertigt ist."

Kroes bescheinigte Microsoft, seit dem 20. Juni eine "konstruktive" Haltung eingenommen zu haben: Mittlerweile lägen 50 Prozent aller geforderten Dokumente vor. International anerkannte Experten prüften nun, ob mit diesen Informationen in der Tat für Wettbewerber das Herstellen von Microsoft-kompatiblen Produkten ermöglicht werde, meinte Kroes. Microsoft sei das einzige Unternehmen gewesen, das im Markt der Arbeitsgruppenserver seit 2002 seinen Marktanteil weiter ausgebaut habe. Die Kommission hoffe, dass Microsoft die Grundsätze des in diesem Server-Bereich geltenden Prinzips der Interoperabilität und Transparenz künftig auch in anderen Bereich anwende. Microsoft sei bereits informiert worden, dass dies auch für das künftige Betriebssystem Vista gelten müsse.

Die Kommission habe "Zurückhaltung" bei der Festsetzung der hohen Strafe walten lassen, führte Kroes weiter aus. Theoretisch hätte die Kommission eine Strafe von fünf Prozent des Tagesumsatzes verhängen können, der in den vergangenen zwölf Monaten bei 85,7 Millionen Euro gelegen habe. "Das wären 4,28 Millionen Euro pro Tag gewesen. Aber es geht uns nicht um die Höhe der Strafe. Es geht um ein klares Signal an Microsoft."

Zum EU-Kartellverfahren gegen Microsoft siehe auch: