Iran: Regierung wirft Ausland "Cyberwar" vor

Das Internet im Iran wird mit einer von Siemens Nokia Networks gelieferten Technik überwacht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 136 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Hassan Qashqavi, Sprecher des iranischen Außenministeriums, hat erneut die ausländischen Regierungen wegen ihrer Haltung zu den Auseinandersetzungen um die Präsidentschaftswahl im Iran kritisiert, allen voran steht Großbritannien im Visier. Auch die ausländischen Medien geraten erneut unter Beschuss, obgleich deren Berichterstattung im Land schon weitgehend unter Kontrolle gebracht wurde. Qashqavi drohte Maßnahmen gegen die Interventionen des Auslands an, man denke über die Ausweisung von Diplomaten nach.

Ausländische Medien hätten einen "Cyberkrieg" gegen die iranische Regierung gestartet. So würden iranische Nachrichten-Websites mit dem Ziel gehackt, "den Graben zwischen Regierung und den Menschen zu vergrößern". Schon zuvor hatte das iranische Außenministerium vor allem auf die "staatlich kontrollierten" Sender BBC und Voice of America hingewiesen und erklärt, dass jede Kontaktaufnahme über E-Mail oder Telefon als "feindlicher Akt" geahndet werde.

Wie das Wall Street Journal berichtet, wird das Internet im Iran mit europäischer Technik überwacht. Vergangenes Jahr habe Nokia Siemens Networks dem Iran mit dem "Monitoring Center" eine der besten Überwachungsanlagen verkauft. Damit lasse sich nicht nur die Kommunikation einschließlich Internettelefonie blockieren, sondern der Internetverkehr auch abhören, nach bestimmten Begriffen durchsuchen und auf individuelle Nutzer zurückverfolgen.

Ben Roome, Sprecher von Nokia Siemens Networks, bestätigte dies und erklärte, dass man dann, wenn man Netzwerke anbiete, notwendigerweise auch Möglichkeiten zu deren Überwachung liefere. Man habe die üblichen Möglichkeiten geliefert, um legal Kommunikation abzuhören. Der Bereich "Intelligence Solutions" von Nokia Siemens Networks wurde im März dieses Jahres an die Münchner Investmentfirma Perusa Partners Fund 1 LP verkauft worden und wird nun von deren Tochterunternehmen Trovicor angeboten. Bei der Firma heißt es: "Since its appearance in the market, our entirely customisable MC has been resoundingly successful, as it embodies one solution for all networks, vendors and technologies. Integrated add-on applications guarantee enhanced intelligence. The MC is designed to interface with any source of communication data as well as stand-alone system, specialised on satelleite monitoring (i.e. Thuraya, Inmarsat), surveillance or passive monitoring systems."

Der nach offiziellen iranischen Regierungsangaben unterlegene Präsidentschaftskandidat Mir Hussein Mussawi hat auch am heutigen Montag wieder zu Protesten aufgefordert. Angeblich wurde eine Trauerfeier für die am Samstag bei den Demonstrationen getötete junge Frau Neda von den Behörden untersagt. Seit Samstag kursierte ein Video, das zeigt, wie die junge Frau an ihren Wunden starb, im Internet und in den Medien. Seitdem wurde Neda zu einer Heldin des Aufstandes, für manche zu einer Märtyrerin, obgleich weiterhin unklar ist, von wem sie getötet wurde. Zu ihrem Andenken wurde eine Webseite eingerichtet.

Siehe dazu auch:

  • Übersicht über Informationsquellen zu den Auseinandersetzungen im Iran, zusammengestellt von der BBC

(fr)