Kein freier Internet-Zugang bei den Olympischen Spielen in Peking

China wies die Kritik von Amnesty International an der Menschenrechtssituation im Land zurück. Derweil rückte das IOC von der Zusage ab, dass es freien Internet-Zugang während der Olympischen Spiele gebe.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 361 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

China hat die Kritik von Amnesty International an der Menschenrechtssituation in dem Land zurückgewiesen. Mit Verhaftungen, Hausarrest und "Säuberungen" hätten die Behörden viele Menschenrechtler mundtot gemacht und sie von der Bildfläche verschwinden lassen, heißt es darin. Andere säßen weiterhin im Gefängnis, hatte ein Amnesty-Experte die Situation beschrieben. "Die chinesische Regierung hat ihr Versprechen gebrochen, die Spiele für die Verbesserung der Menschenrechte zu nutzen."

Die Menschenrechte in China hätten große Fortschritte gemacht, sagte dagegen der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Liu Jianchao. Er sprach von "Gerüchten und Lügenmärchen". Jeder, der China kenne, werde dem Bericht von Amnesty International nicht zustimmen. Die chinesische Regierung hoffe, dass Amnesty die "getönten Brillengläser" abnehmen werde, die es seit vielen Jahren trage, um China endlich "auf objektive Weise" zu sehen.

Wie diese Sichtweise auszusehen hat, das allerdings soll wohl in China auch zu den Olympischen Spielen für ausländische Journalisten gewissen Vorgaben unterliegen. Selbst das IOC rückt laut dpa von früheren Versprechen über freien Internetzugang ab. Nach Darstellung des Chefs der IOC-Pressekommission, Kevan Gosper, bezieht sich der versprochene freie Internetzugang thematisch nur auf Sportwettbewerbe, nicht aber China allgemein. Bisher hatte das IOC betont, die chinesische Seite habe freien Zugang zum Internet für die Journalisten versprochen, die zu den Spielen anreisen. Zuvor war bekannt geworden, dass Journalisten auch im Pressezentrum der Olympischen Spiele teilweise mit gesperrten oder als nicht verfügbar deklarierten Internet-Seiten konfrontiert wurden; dazu gehörten etwa Seiten von Menschenrechtsgruppen, der chinesische Dienst der BBC oder der Deutschen Welle.

Derweil wurde ein chinesischer Lehrer, der Fotos eingestürzter Schulen im Erdbebengebiet von Sichuan im Internet veröffentlicht hat, für ein Jahr in ein Umerziehungslager gesteckt. Als Grund sei "Unruhestiftung" angegeben worden, berichtete die Menschenrechtsorganisation Human Rights in China (HRiC). Nach dem Erdbeben, bei dem durch Pfusch am Bau besonders viele Schulhäuser eingestürzt und tausende Kinder getötet worden sind, war Liu Shaokun durch das Erdbebengebiet gereist und hatte Fotos der Trümmer gemacht.

In einem Interview äußerte der Lehrer der Guanghan-Mittelschule in Deyang auch seinen Ärger über die "schlechten 'Dofu'-Gebäude" – damit sind in Anspielung auf den weichen Sojabohnenkäse (Dofu) nicht sicher gebaute Häuser gemeint, die leicht einstürzen. Ende Juni wurde Liu Shaokun wegen angeblicher Störung der öffentlichen Ordnung und der Verbreitung von Gerüchten festgenommen.

RiC-Direktorin Sharon Hom kritisierte die Einweisung des Kritikers ins Arbeitslager, die in China ohne Gerichtsverfahren angeordnet wird: "Anstatt die Verantwortlichen für die schlechten und gefährlichen Schulhäuser zu ermitteln und zu verfolgen, greifen die Behörden zur Umerziehung im Lager, um besorgte Bürger wie Lehrer Liu Shaokun zum Schweigen zu bringen und wegzuschließen."

Siehe zum Thema auch:

(jk)