Ministerpräsidenten wollen Begrenzung öffentlich-rechtlicher Internetangebote mit Brüssel abstimmen

ARD und ZDF müssen sich auf eine Beschränkung ihrer Internet-Angebote einstellen. Ein von den Regierungschefs der Länder verabschiedeter Entwurf zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll aber noch mit der EU-Kommission abgestimmt werden.

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ARD und ZDF müssen sich auf eine Einschränkung ihrer Aktivitäten im Internet einstellen. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer einigten sich auf ihrer Konferenz am heutigen Donnerstag in Berlin grundsätzlich auf einen Entwurf für den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Der Vertrag, der ab 2009 unter anderem die öffentlich-rechtlichen Aktivitäten im Internet regelt, soll im Detail aber noch mit der EU-Kommission und den betroffenen Parteien abgestimmt werden. Eine endgültige Entscheidung wollen die Länderchefs auf ihrer nächsten Sitzung im Oktober treffen. Die Entscheidung über den Entwurf sei "einvernehmlich" gefallen, betonte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessen geschäftsführender Regierungschef Roland Koch (CDU) auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Nach dem nun verabschiedeten Entwurf sollen die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Zukunft nur "sendungsbezogene" Angebote ins Netz stellen. Die Angebote der Sender dürfen keine "elektronische Presse" sein. Darüber hinaus sollen sich ARD und ZDF bei Unterhaltungsangeboten im Netz zurückhalten. "Es wird keine Kontaktbörsen, Beratungsdienste oder Freizeittipps im Internet bei ARD und ZDF geben", erklärte Koch. Auf eine Begrenzung der für das Internet aufzuwendenden Rundfunkgebühren verzichteten die Länderchefs. Welcher Anteil der Gebühren der künftig für die Internet-Präsenz verwendet werde, sei Sache der einzelnen Rundfunkanstalten.

Gerade um die Definition des Begriffs "elektronische Presse" hatte es in den vergangenen Tagen heftigen Streit gegeben. Im Referentenentwurf vom 4. Juni wurden darunter Angebote gefasst, "die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen". Das hatte vor allem die Verleger auf die Barrikaden gebracht. Ihrer Ansicht nach fielen unter diese Definition nur elektronische Ausgaben der Druckversionen, etwa als ePaper. Damit werde den öffentlich-rechtlichen Nachrichtenangeboten im Netz faktisch keine Grenze gesetzt.

Doch wurde diese Definition in dem von den Ministerpräsidenten verabschiedeten Entwurf offenbar noch etwas genauer gefasst. Demnach sollen den Öffentlich-Rechtlichen "presseähnliche Angebote" untersagt werden. Zur Definition greifen die Ministerpräsidenten zwar weiter auf die umstrittene Formulierung zurück, dass die Angebote "in Gestaltung und Inhalt Zeitungen und Zeitschriften entsprechen" müssen, fügen aber hinzu, dass darunter nicht nur E-Paper zu verstehen sind: Betroffen seien "nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen".

Strittig ist weiterhin die Frage öffentlich-rechtlicher Unterhaltungsangebote. Während die Politik hier eine stärkere Zurückhaltung fordert, pochen ARD und ZDF auf ihren Auftrag. In einer Negativliste sollen nun Angebote festgelegt werden, die für die Öffentlich-Rechtlichen tabu sein sollen. Dazu zählten Kontaktbörsen oder Beratungsdienste – alles, was "in den kommerziellen Bereich" falle, sagte Koch Berichten zufolge auch unter Verweis auf bereits bestehende Angebote. Das Themenfeld Unterhaltung sei "eine unverzichtbare Säule des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und gehöre zum Grundversorgungsauftrag", sagte dagegen der ARD-Vorsitzende Fritz Raff, der das aktuelle Angebot nicht im Widerspruch zu den geplanten Regeln sieht.

Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßte die Bereitschaft der Ministerpräsidenten, bis zur endgültigen Entscheidung die Verlage erneut zu Rate ziehen zu wollen. In der Sache sei es "als Fortschritt zu bewerten, dass nach den heutigen Beratungen die Ermächtigung von ARD und ZDF zu öffentlich-rechtlicher Online-Presse etwas enger gefasst werden soll", teilte der Verband mit. Nun stünden die Chancen für eine künftige Beschränkung auf sendungsbezogene Inhalte besser. Als "einen Schritt in die richtige Richtung", bezeichnete Christoph Fiedler, Leiter Medienpolitik im VDZ, die Entscheidung der Länderchefs. Allerdings sieht er "Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert, wenn ARD und ZDF behaupten, ihre redaktionelle Text- und Bildberichterstattung sei nicht presseähnlich." Der Verband fordert eine Nachbesserung bei der Negativliste zum Thema Ratgeber und ein generelles Verbot solcher Angebote.

Skeptischer gibt sich der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der die Entscheidung der Ministerpräsidenten scharf kritisierte. Es sei sehr bedauerlich, dass die Ministerpräsidenten lediglich im Bereich der nicht-sendungsbezogenen Telemedien eine klare Absage an lange Text- und Fotoangebote der öffentlich-rechtlichen Anstalten im Internet enthalte, sagte ein BDZV-Sprecher heute in Berlin. Unter dem Etikett "sendungsbezogen" dürften ARD und ZDF weiterhin Angebote machen, die in Form und Inhalt quasi identisch mit vielen Internetportalen der Verlage seien. "Jetzt muss Brüssel ein Machtwort sprechen", forderte BDZV-Präsident Helmut Heinen.

Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) begrüßte die geplante Abstimmung mit der EU-Kommission. Grundsätzlich wertet der VPRT den Entwurf als "positives Signal für eine harte aber konstruktive Auseinandersetzung", verweist aber auf konkreten Definitionsbedarf in einzelnen, problematischen Bereichen. Es sei zu hoffen, dass EU-Kommission und Länder die schwierige Aufgabe des sensiblen Abgleichs zwischen wettbewerbsrechtlichen Vorgaben und nationalen Anforderungen an die Rundfunkordnung fair und ausgewogen meisterten und damit die Eckwerte einer zukunftsfähigen Medienordnung verlässlich festlegten, sagte VPRT-Präsident Jürgen Doetz.

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(vbr)