Multiroom-Lautsprecher: Tipps zum Kauf und Einsatz von Sonos & Co.

Multiroom-Lautsprecher verteilen die Musik von Spotify & Co. im ganzen Haus und spielen die private MP3-Sammlung ab. Neben Sonos haben weitere Hersteller einiges zu bieten. Wir helfen bei der Auswahl.

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Musik im ganzen Haus verteilen
Lesezeit: 38 Min.
Von
  • Sven Hansen
Inhaltsverzeichnis

Let it Stream! Vernetzte Musikspieler waren lange Zeit nur ein Thema für Technik-Nerds, die ihre meist recht umfangreiche Sammlung von MP3-Titeln nicht mehr nur am PC genießen wollten. Das Aufkommen der Musikstreaming-Dienste hat die Situation gründlich geändert. Mit Spotify & Co. sind Millionen Musiktitel nur einen Klick oder Fingerwisch entfernt. Wer einen solchen Katalog gebucht hat, möchte die Musik natürlich möglichst überall im Haus genießen können.

Inzwischen gibt es auch Streaming-Anbieter, die für einen Aufpreis CD-Qualität anbieten – in Sachen Soundqualität muss man also auch beim Anhören von Abomusik keine Kompromisse machen. Mit Quobuz gibt es sogar den ersten Anbieter, der Titel auch in hochaufgelöster Version anbietet.

Sonos zählt zu den Streaming-Pionieren und hat das Thema Musikverteilung gerade in den vergangenen zwei Jahren ins Bewusstsein der Kundschaft gerückt. Doch auch andere Väter haben hübsche Töchter: Auf den Streaming-Trend sind inzwischen viele Hertseller aufgesprungen, sodass sich ein Vergleich der unterschiedlichen Systeme mehr denn je lohnt.

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Die Musiksysteme setzten sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen. So versuchen die Hersteller zu gewährleisten, dass für jeden Raum und jede Abhörsituation das passende Gerät bereit steht. Je mehr Komponenten ein Hersteller anbietet, desto flexibler ist das System erweiterbar.

Aktivlautsprecher in verschiedenen Größen sind die gängigsten Komponenten vernetzter Musiksysteme. Die Auswahl reicht von kompakten Mono-Lautsprechern über Stereosysteme im Ghettoblaster-Design bis hin zu Regallautsprechern und Standboxen. Passive Streaming-Clients oder Komponenten mit integriertem Digitalverstärker erlauben es zudem, die alte HiFi-Anlage oder auch ein Paar alter Boxen in ein Gesamtsystem zu integrieren.

Raumfeld zum Beispiel bietet besonders viele Stereo-Sets an, bei denen jeweils ein Aktivlautsprecher den Part als Streaming-Empfänger inklusive Verstärker übernimmt, während der zweite Lautsprecher passiv ausgelegt ist. Er lässt sich über ein gewöhnliches Lautsprecherkabel anschließen.

HiFi-Spezialisten wie Panasonic und Yamaha haben zudem vernetzte Micro-Anlagen mit einem Boxenpaar im Angebot, die sich ebenfalls ins jeweilige Gesamtsystem integrieren lassen. Bei den anderen Herstellern lässt sich ein Stereo-System oft durch das Kombinieren von zwei identischen Netzwerklautsprechern per App aufbauen - natürlich kabellos per WLAN.

Mehrraum-Musiksysteme (10 Bilder)

Der Bluesound Mini (links) und der Node 2 (Mitte) sind die ersten Bluesounds der zweiten Generation.

Eine recht neue Kategorie sind die vernetzten Soundbars. Von Sonos und Samsung gibt es sie schon länger, andere Hersteller haben nachgezogen. Mit ihnen lassen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sie peppen den vorhandenen TV-Ton gehörig auf und können im Wohnzimmer gleichzeitig als Ersatz für eine Mikro-Anlage dienen. Ihre Einbindung in ein Musiksystem bietet zusätzliche Vorteile: Die meisten Soundbars lassen sich bei Bedarf in ein Mehrkanal-Setup integrieren, um sie nach dem Kinoabend wieder in andere Räume zu verteilen. Selbst bei Sonos ist das Auflösen einer Surround-Konfiguration allerdings nur über mehrere Schritte in der App möglich.

Die Musikverteilsysteme unterscheiden sich in der Art, wie sich sich mit dem WLAN verbinden lassen. Wer ohnehin nur zwei oder drei Räume versorgen will, braucht sich wenig Gedanken machen. Wenn es um größere Installationen geht, sollte die WLAN-Verbindung möglichst breitbandig und robust sein.

Heute lassen sich alle Multiroom-Lautsprecher per schnellem WLAN (IEEE 802.11n) ins Netz hängen, allerdings fehlt einigen Systemen wie denen von Yamaha (Musiccast) und Bluesound die Unterstützung des 5-GHz-Bandes. Das ist ärgerlich, schließlich bietet das Band gerade in städtischer Umgebung eine Ausweichmöglichkeit aus dem oft übervollen 2,4-GHz-Band.

Auch das Sonos-System arbeitet schwerpunktmäßig im 2,4-GHz-Band – ihre 5-GHzFähigkeiten spielen die Komponenten nur in speziellen Konfigurationen wie der 3.1-Kombination aus Sub, Soundbar und zwei Effektlautsprechern aus. Sonos bietet mit SonosNet zudem eine vom bestehenden WLAN unabhängige Einrichtungsmöglichkeit. Im Zusammenspiel mit dem Netzwerk-Adapter Sonos-Boost liegt hier ein Schlüssel zur Lösung von lokalen WLAN-Engpässen. Auf ähnliche Weise lassen sich auch die Komponenten vom Samsung, Raumfeld und Yamaha untereinander verbinden. Einziger Nachteil: Man muss dann jeweils ein Gerät aus dem Verbund per Ethernet mit dem lokalen Netzwerk verbinden.

Die beste WLAN-Anbindung bietet derzeit Panasonics ALL-System. Die Komponenten können im 5-GHz-Band zwei Streams verwalten und bringen es mit einer aktuellen Fritzbox auf eine Bruttodatenrate von 300 MBit/s. Beim Verteilen von Internetradio mit 128 kBit/s spielt das natürlich keine Rolle, doch einige Systeme verarbeiten HQ-Streams, die je nach Abtastrate und Kompressionsformat auf mehrere MByte/s anschwellen können. Spätestens, wenn man audiophil unterwegs ist, profitiert man also von den zusätzlichen Netzwerkreserven.

Bis auf einige Samsung-Speaker lassen sich Netzwerkspieler auch per Ethernet verbinden. Bei Polk und Definitive Technology ist dies allerdings nur über optional erhältliche Ethernet-USB-Sticks möglich. Musikfreigaben im Netz kann man per UPnP AV oder Verzeichnisfreigabe (SMB) einklinken. Eine lokale Musiksammlung lässt sich so bequem auf einem Rechner, NAS oder einer am Router angeschlossenen Festplatte parken. Selbst das Bose-System, das in der ersten Generation nur Musik der proprietären SoundTouch-Software annahm, greift inzwischen problemlos auf Standard-UPnP-AV-Server zu. Etwas unkomfortabler verläuft die Freigabe bei Bluesound und Sonos: Hier muss man den lokalen Freigabepfad manuell eintragen. Hat man diese Hürde erst einmal genommen, läuft alles automatisch.

Bei einigen Anbietern kann man Musik auch direkt vom USB-Stick abspielen, wenn die jeweilige Komponente mit einem USB-Host-Anschluss ausgestattet ist. Raumfeld-Spieler können die auf einem USB-Stick abgelegte Musik sogar indizieren und ihrerseits per UPnP AV im Netz bereitstellen. Zwar sind sie dann für beliebige Abspielgeräte erreichbar, allerdings dauert die Prozedur eine Weile, sodass man nicht mal "eben schnell" etwas vom Stick abspielen kann.

Ob man seine Sammlung lieber per SMB oder UPnP AV ins Netz hängt, ist Geschmackssache. Bei der SMB-Variante von Sonos und Bluesound bilden die Systeme einen internen Navigationsindex, dessen Darstellungsart sich nicht von außen beeinflussen lässt. Dafür arbeiten sie bei größeren Sammlungen meist schneller, als mit einem UPnP-AV-Server. Auf der anderen Seite bietet UPnP AV mehr Einstiegspunkte in umfangreiche Sammlungen, da viele Server über die einfache Indexierung nach dem Muster Album/Titel/Interpret hinausgehen.

Die Ersteinrichtung der vernetzten Musikspieler erledigt man bequem über die jeweilige App. Ein wenig Geduld muss man danach in jedem Fall mitbringen, denn fast jeder Musikspieler, der frisch aus dem Karton schlüpft, braucht zunächst ein Update. Der Prozess kann sich je nach Anzahl der Komponenten in die Länge ziehen – zwischen 5 bis 20 Minuten sollte man kalkulieren, bis alles läuft.

Alle Systeme unterstützten die gängigen Musikformate MP3, AAC und FLAC. Spätestens, wenn man mit einem klassischen Stereo-Setup liebäugelt, ist der FLAC-Codec besonders interessant. Schließlich garantiert der verlustfreie FLAC-Codec einen klanglich unverfälschten Musikgenuss in CD-Qualität bei etwa halbiertem Speicherbedarf. Etwa die Hälfte der Kandidaten versteht sich auch auf Ogg-Vorbis und WMA oder unkomprimiertes PCM-Material im WAV- oder AIFF-Container (siehe Tabelle).

Detailfoto Raumfeld Fernbedienung

Wenn man sich für die Unterstützung von hochaufgelöstem Audio-Material jenseits der CD-Spezifikation interessiert, kommen nur noch wenige Systeme in Betracht. Die passenden Files muss man selber vorhalten, mit Qobuz existiert zumindest ein Streaming-Dienst, der HighRes-Material im Angebot hat. Bluesound, Panasonic, Raumfeld, Samsung, Sony und Yamaha können FLAC-Dateien mit bis zu 24 Bit Wortbreite bei einer Abtastrate von bis zu 192 kHz wiedergeben und im System verteilen.

Bei Yamaha ist die maximale Abtastrate nicht bei jedem der 23 MusicCast-Geräte identisch. Bei Polk und Definitive Technology wird HQ-Material zumindest von der als Erstes angewählten Abspielstation dekodiert, an weitere Stationen allerdings nur in einer auf 44,1 kHz beziehungsweise 48 kHz heruntergerechneten Version weitergereicht. Bei Sonos und Bose muss man auf HQ-Unterstützung komplett verzichten. Mehrkanalton ist nur bei den vernetzten Soundbars bei der Videowiedergabe ein Thema – Musik in Surround-Formaten lässt sich nicht wiedergeben.

Inzwischen werben alle Anbieter mit der Unterstützung von Spotify, allerdings binden sie die beliebte Musikflatrate auf recht unterschiedliche Weise ein. Nur Bose und Sonos bilden den Spotify-Katalog direkt in ihrer Fernbedienungs-App ab. Ansonsten muss man den Umweg über die Spotify-App nehmen, um von dort aus Musik aufs System zu bekommen. Polk und Definitive Technology erlauben es immerhin Lautsprecher zu bündeln und starten danach die Spotify-App, über deren Menü man die Netzwerklautsprecher als Ausgabestation wählt.

Im Sonos-System lassen sich derzeit 42 Musikdienste einbinden. Apple Music ist auch mit dabei.

Beides hat Vor- und Nachteile – je nachdem, ob man lieber mit der App des Streaming-Anbieters oder der des Musiksystems unterwegs ist. Die Sonos-App erlaubt beispielsweise die dienstübergreifende Suche, wenn man mehrere Musikflatrates am Start hat. Bei Bose lässt sich Spotify auf beide Arten nutzen – der Kunde hat die freie Wahl.

Noch recht häufig vertreten ist die Unterstützung für Napster und Deezer. Letzterer Dienst bietet mit der Elite-Version des Abos eine verlustfreie Variante für Sonos-Kunden. Verlustfreie Musik bekommt man sonst auch bei Tidal und Qobuz, wobei diese Abos mit rund 20 Euro monatlich zu Buche schlagen.

Hat man Musik auf dem als Fernbedienung eingesetzten Smartphone oder Tablet abgelegt, lässt sie sich von dort aus auch auf dem Musikverteilsystem abspielen. Die Hälfte der am Markt erhältlichen Systeme lässt sich auch per Bluetooth mit Musik bespielen, einige unterstützen proprietäre Streaming-Protokolle wie Spotify Connect, Google Cast oder Airplay. Bluetooth bietet dabei die flexibelsten Einsatzmöglichkeiten, funktioniert allerdings nur in unmittelbarer Nähe zu einem Lautsprecher. Zudem ist Sony der einzige Anbieter, der mit LDAC auch einen verlustfrei komprimierenden Codec für die Funkübertragung via Bluetooth anbietet.

Spotify Connect wird sich kaum zu einem allgemeinen Standard entwickeln, Google Cast hat zumindest das Zeug dazu. Letzteres wird bereits von Deezer, Google Play Musik, Spotify und Napster unterstützt – auch unter iOS.

Bei Polk und Definitive Technology kann man Abspiel stationen in der App gruppieren, um sie von der Spotify-App aus anspielen zu können.

Die Bluetooth-Funktion lässt sich grundsätzlich auch nutzen, um den Sound von Video-Anwendungen wie Netflix oder YouTube mit erträglicher Latenz zu Gehör zu bringen. Bose und Yamaha beherrschen sogar den "ReBroadcast", können das per Bluetooth empfangene Signal also innerhalb des Systems verteilen. Bei Yamaha stieg die Latenz dadurch allerdings stark an, sodass ein deutlicher Bild-Ton-Versatz zu bemerken war.

Ein Broadcast von per Aux-In angeschlossenen Quellen ist fast immer möglich. Eine nette Option, um mit einem zwischengeschalteten Entzerrer/Vorverstärker den alten Plattenspieler in die Musikverteilung zu integrieren.

Ein Blick auf die Standby-Werte der meisten Netzwerklautsprecher offenbart eine der Schattenseiten der kabellosen Musikverteilung: Die ständige Verfügbarkeit im WLAN bezahlt man mit einem für Unterhaltungselektronik ungewöhnlich hohen Grundverbrauch bei einigen Herstellern ist er sogar inakzeptabel hoch.

Der W9 von Definitive Technology, eigentlich eines der kompakteren Geräte, verbraucht im Standby satte 17,6 Watt. Dass es anders geht, zeigen Raumfelds mannshohe Standlautsprecher Stereo L, die im Bereitschaftsmodus nur 1,9 Watt verbrauchen. Kleinere Geräte wie Raumfelds One S geben sich mit 1,5 Watt zufrieden.

Generell scheinen sich die großen Hersteller dieses Problems konsequenter anzunehmen: Bei Bose, Panasonic, Samsung und Yamaha fallen die Standby-Werte im Mittel etwas niedriger aus. Aber auch bei Sonos gibt es offenbar eine steile Lernkurve: Der neue Play:5 der zweiten Generation hat eine Leistungsaufnahme von 2,2 Watt im Schlummermodus, beim alten waren es noch 7,8 Watt. Einziger Ausweg aus dem Standby-Dilemma: Das Zwischenschalten von Zeitschaltuhren oder Funksteckern. Samsungs Aktivlautsprecher schaffen es, bereits nach etwa zehn Sekunden im Netz wieder bereitzustehen. Die Spieler von Polk und Definitive Technology sind mit rund einer Minute Bootzeit am langsamsten.