Mitfahrt im E-Sportwagen Porsche Taycan
Kurz vor der Serienreife wird nun gezielt Neugier auf den Porsche Taycan aufgebaut: Eine Runde auf einer Rennstrecke mit einem professionellen Fahrer soll zeigen, wie das Auto mit seinen 400 kW durch die Kurven geht. Rasant soll auch die Ladegeschwindigkeit von 0 auf 80 Prozent im 20 Minuten werden.
- Wolfgang Gomoll
- pressinform
Der Porsche Taycan steht kurz vor der Serienreife, nun wird gezielt Neugier auf das Auto aufgebaut. Eine Runde auf einer Rennstrecke mit einem professionellen Fahrer soll zeigen, wie das Auto mit seinen 400 kW durch die Kurven geht. Rasant dürfte allerdings auch die Ladegeschwindigkeit werden: An einer 350 kW-Säule soll der Akku in 20 Minuten auf 80 Prozent gefüllt werden können.
Porsche-Werksfahrer Neel Jani hat hörbar Spaß. „Ich nehme die Curbs voll, aber nur, weil das nicht mein Auto ist“, scherzt der Rennfahrer auf Schweizerdeutsch und rumpelt ohne Rücksicht auf Verluste über die Streckenbegrenzung. Das Auto, das der ehemalige Formel-1-Testfahrer und Sieger bei den 24 Stunden von Le Mans so gnadenlos über die New Yorker Formel E Strecke prügelt, ist ein teurer Prototyp von Porsches Elektro-Sportwagen Taycan.
Mitfahrt im E-Sportwagen Porsche Taycan (12 Bilder)

(Bild: Porsche)
„Die Reifen sind echt gut“
Doch das ist dem Profifahrer egal. Für ihn zählt nur das pure Vergnügen am Lenkrad und die Gewissheit, dass er das Fahrzeug voll im Griff hat. Die Leitplanken flitzen nur Zentimeter an dem Sportwagen vorbei. Die Beschleunigung des deutlich mehr als zwei Tonnen schweren Elektroautos ist atemberaubend. Innerhalb weniger Sekunden erscheinen 160 km/h auf dem Tacho unter dem abgedeckten Cockpit. „Wir dürfen hier nur 130 km/h fahren“, verrät der Berufsrennfahrer fröhlich. Mit 400 kW ist nach rund 3,5 Sekunden die 100 km/h-Marke erreicht, bis 200 km/h sollen es zwölf Sekunden sein. „Die Reifen sind echt gut“, sagt Neel Jani, während wir in den Schalensitz gedrückt werden. Sie dürften der begrenzende Faktor bei der Beschleunigung sein.
Beim Taycan treiben je ein permanenterregter Synchronmotor Vorder- und Hinterachse. Damit werden die Regeleingriffe achsweise aufgeteilt, was der Agilität hilft. Mit einem ähnlichen Konzept haben sie mit dem Porsche 919 Hybrid bei den 24 Stunden von Le Mans die Konkurrenz in Grund und Boden gefahren. Das charakteristische Rubbeln der Vorderreifen beim Einlenken kommentiert Neel so: „Der untersteuert beim Kurveneingang, aber beschleunigt dann brutal raus“, sagt der Rennfahrer. Uns drückt es einmal mehr die Luft aus den Lungen. Die Bremsen arbeiten – wie unser Chauffeur uns wissen lässt – „ziemlich gut“. Laut muss er das nicht sagen, denn die Beschleunigungsorgien um Längs- und Querachse laufen so leise ab, wie von jedem anderen E-Auto gewohnt. Hörbar arbeiten vor allem die Reifen.
Der Schwerpunkt liegt niedriger als im Porsche 911 GT3
Die Entwickler streben beim Taycan eine paritätische Achslastverteilung an und werden das Untersteuern bis zum Marktstart schon in den Griff bekommen. Lastwechselreaktionen, enge oder schnelle Kurven bringen den Taycan nicht aus der Ruhe. Nachlenken ist nicht nötig, der Porsche zieht stoisch seine Bahn. Da das fast fünf Meter lange Elektroauto eine Allradlenkung und eine Differenzialbremse an der Hinterachse haben wird, darf man von einer Handlichkeit ausgehen, die das Gewicht mit der großen 95-kWh-Batterie häufig vergessen machen dürfte. Sie liegt immerhin so tief zwischen den Achsen, dass der Schwerpunkt niedriger liegt als der des Porsche 911 GT3. Ausgespart wurden die Fußraumbereiche, damit man nicht mit durchgestreckten Knien sitzen muss.
Porsche legt Wert darauf, dass die Beschleunigungsleistung durchgehend von ganz voller bis leerer Batterie gleichbleibend zur Verfügung stehen soll. Die Reserven bei Motor- und Akkutemperierung seien dafür groß genug ausgelegt. Da sich bei einer Spannung von 800 Volt statt der bisher üblichen 400 der Strom halbiert, kann man auch die Widerstandsverluste und die daraus resultierende Hitze einfacher handhaben, bei deutlich verringerten Leitungsquerschnitten. An einer 350 kW-Säule soll der Akku in 20 Minuten auf 80 Prozent gefüllt werden können, 100 km Reichweite sollen laut Porsche in circa vier Minuten nachladbar sein, 500 Kilometer Aktionsradius sollen es insgesamt werden. Der Aufbau eines 350-kW-Ladenetzes hat immerhin bereits begonnen. Porsche baut für sein High Power Charging eine eigene Infrastruktur, deren Ladesäulen zuerst an Porsche Zentren stehen werden und später wohl auch über das HPC-Konsortium oder das EU-Projekt Ultra-E an den wichtigsten kontinentalen Verkehrskorridoren verteilt werden sollen.
Cockpit ähnlich wie im Taycan Cross Turismo
Ein positiver Effekt von Neel Janis Querbeschleunigungs-Lust ist, dass die Vorhänge, die das Cockpit verdecken sollen, nicht immer an ihrem Platz bleiben. So können wir den einen oder anderen Blick auf das streng gehütete Geheimnis erhaschen: Die Instrumente werden wohl digital sein, denn die Grafiken, die das eine oder andere Mal hervorblitzen, sind gestochen scharf. Ein kleines Drehrad am Volant lässt verschiedene Fahrmodi vorwählen. Wenn man sich das Bedienkonzept der Studie des hochbeinigen Taycan-Bruders Cross Turismo anschaut, wird fast die gesamte Bedienung über den Touchscreen gesteuert.
Vorstellen will Porsche seinen Elektro-Sportwagen im September, mit den Auslieferungen an die Kunden soll Ende des Jahres begonnen werden. Mit einem Einstiegspreis ab rund 100.000 Euro muss man rechnen. Ähnlich hohe Leistung bieten zur Zeit nur der Tesla Model S (Test) mit 100 kWh und einer vergleichbaren Beschleunigung für knapp 90.000 Euro oder vielleicht die etwas ruhiger anfahrenden Modelle Mercedes EQ C400 (Test) für 72.000 Euro und Audi E-tron mit 95 kWh ab 81.000 Euro. (fpi)