Single-Dasein

Einzylinder-Motorräder

Die Hersteller gieren nach höheren Stückzahlen, setzen aber fast immer auf Mehrzylinder mit großen Hubräumen und viel Elektronik - für viel Geld. Der Ausweg wären moderne Interpretationen ihrer früheren Einzylinder-Erfolgsmodelle, die zu günstigen Preisen viel Fahrspaß bieten würden

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Einzylinder-Motorräder 22 Bilder
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  • iga
Inhaltsverzeichnis

Wer als Jugendlicher zum Motorradfahren gekommen ist, hat fast immer auf einem Einzylinder angefangen. Die heute ältere Generation sammelte ihre ersten Erfahrungen meist auf einem 50- oder 80-cm3-Zweitakter und die heute immer noch Jüngeren auf einer 125er, wahlweise zwei- oder viertaktend. Die glücklichen Kleinkinder mit motorsportbegeisterten Vätern durften, kaum den Windeln entwachsen, auf niedlichen Yamaha PW50 mit quasi unzerstörbarem 50-cm3-Einzylinder-Zweitakter über Motocrosspisten hoppeln.

Doch auch für gestandene Biker war es noch bis zu Beginn dieses Jahrhunderts weder ungewöhnlich noch ehrenrührig, auf einem einzylindrigen Motorrad unterwegs zu sein. Es gab sehr erfolgreiche Einzylindermodelle darunter wie die Yamaha XT 500, die Suzuki DR Big oder die KTM 620/640 Duke, um nur einige zu nennen, die nicht nur hohes Ansehen genossen, sondern es sogar bis zum Kultstatus brachten. Doch heute sind Motorräder mit nur einem Zylinder oberhalb der 125er-Klasse weitgehend verschwunden.

Vier, drei, zwei, aber nur noch selten ein Zylinder

Bei den sportlichen Straßenmotorrädern ist bis heute der Vierzylinder favorisiert, in Reihe oder V-Anordnung. Seit Triumph vor einigen Jahren die Renaissance des Dreizylinders eingeläutet hat, entdeckten auch andere Hersteller die Vorteile des Triples. Neue Zweizylindermodelle, sowohl in Reihe als auch in V-Formation, gibt es reichlich – von 250 Kubikzentimeter bis fast zwei Liter Hubraum. Nur bei den Einzylindern herrscht Flaute, vielleicht weil sie manchem Hersteller nicht modern genug erscheinen oder sie befürchten, nicht genügend Leistung zu bieten.

Leicht und handlich

Dabei können die handlichen, leichten Einzylindermotorräder Spaßmacher, brave Alltagsbegleiter und Reise-Mulis zugleich sein. Im letzten Jahrhundert setzten viele Hersteller auf Einzylinder, weil sie einfacher in der Herstellung waren und günstige Preise ermöglichten. Sie boten die unschlagbaren Vorteile eines einfachen Aufbaus und kompakter Bauweise. Auch gab es kaum etwas, das der versierte Bastler nicht selber reparieren konnte – auf langen Reisen ein nicht unwichtiger Aspekt. Die Motoren waren leicht, was der Agilität entgegen kam, und niemand tat sich schwer mit dem Aufheben eines Einzylinderbikes.

Der Single bietet schon bei niedrigen Drehzahlen hohes Drehmoment, allerdings mochten die größeren keine hohen Drehzahlen und erzeugten deftige Vibrationen, die mit Ausgleichswellen, Gummilagerungen oder anderen Kniffen im Zaum gehalten wurden. Geklappt hat das nicht immer, aber die Einzylinderfahrer störte es nicht – im Gegenteil, sie bezeichneten es als Charakterzug ihres Motorrads.

Neid auf Singlereisen

Einzylindermotorräder waren lange Zeit etwas Selbstverständliches. Wer sich auf einer 30 PS starken Suzuki DR 350 SE mit nachträglich installiertem großen Acerbis-Tank auf den Weg zum Nordkap machte, wurde in den 1990er Jahren nicht für verrückt erklärt, sondern beneidet. Das begehrteste Gefährt für die Wüsten-Durchquerung – unter Enduristen früher eine beliebte Urlaubsbeschäftigung – war Mitte der 1980er Jahre die Yamaha XT 600 Z Ténéré. Mit 44 PS und langen Federwegen gesegnet wog sie nur 162 kg und das bei vollem 30-Liter-Fass. Die Einzylinder-Ténéré war eine Weile das meistverkaufte Motorrad in Deutschland.

Allround-Qualitäten

Die Konkurrenz aus Japan, Italien, Deutschland und Österreich warf fleißig eigene Einzylinder auf den Markt, durchaus nicht nur Enduros, sondern auch attraktive Straßenmodelle: Die Honda XBR 500 oder die Yamaha SRX 600 waren zwar nicht die großen Verkaufsschlager, doch richtig gestaltet zeigen sie noch heute einen zeitlosen Charme. Aprilia präsentierte mit der Moto 6.5 ein außergewöhnliches Bike, dessen futuristisches Design zwar sehr kontrovers diskutiert wurde, aber für viel Aufmerksamkeit sorgte.