Hyundai: Elektroautos aus Tschechien im Alleingang

Hyundai baut sein Elektroauto Kona jetzt auch in Tschechien. Damit verdreifacht die Firma ihre weltweite Kapazität an E-Autos und verkürzt die Lieferzeiten.

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Hyundai: Elektroautos aus Tschechien

Vor der Fabrik in Nošovice in Tschechien

(Bild: Hyundai)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Peter Ilg
Inhaltsverzeichnis

Der Weg vom Anfang dieser Geschichte bis zu deren Ende ist ein langer, vor allem aber ein ungewöhnlicher. Es ist ein Abenteuer im Auto mit alternativem Antrieb. Eine Fahrt im Hyundai Kona Elektro, von Frankfurt am Main an die Grenze von Tschechien zu Polen. Lange 885 Kilometer in einem Stromer. Ist das machbar?

Schwerpunkt: E-Mobilität

Nošovice heißt der Zielort. Etwa 1000 Einwohner und einer der beiden Fertigungsstandorte des südkoreanischen Autobauers Hyundai in Europa. Eröffnet wurde die Fabrik 2008. Im vergangenen Jahr liefen bei Hyundai Motor Manufacturing Czech 309.500 Autos vom Band. Drei von vier waren ein SUV der Modellreihe Tucson. Die anderen Kompaktautos vom Typ i30. Am 2. März 2020 lief erstmals ein elektrischer Kona zwischen den fossilen Verbrennern auf dem Produktionsband. "Damit verdreifachen wir die Produktion unseres Elektroautos und verkürzen die Lieferzeiten deutlich", sagt Jürgen Keller, Geschäftsführer von Hyundai Deutschland, bei der offiziellen Einweihungsfeier der neuen Transferstraße am 12. März.

Da war der erste Lastwagen mit elektrischen Autos schon auf dem Weg nach Deutschland. Die Lieferzeit soll durch die Produktion in Europa von vier Monaten auf vier Wochen sinken, sagt Keller. Die Kapazität im Werk liegt bei 35.000 elektrischen Autos. Das entspricht gut der Hälfte aller in Deutschland im vergangenen Jahr zugelassenen Elektroautos. Hyundai hat 2020 zum Jahr der Elektromobilität ausgerufen – und macht nun mengenmäßig Ernst.

Das Werk in Tschechien gehört zu den größten Produktionsstätten für Fahrzeuge in Europa. Es befindet sich auf der grünen Wiese außerhalb Nošovices auf einer Fläche von 20 Hektar. Wer einmal um das vollständig eingezäunte Gelände geht, hat einen ausgiebigen Spaziergang hinter sich. Die Fassaden der riesigen Hallen sind blau, so blau wie die Schriftfarbe der Firma auf dem Dach des Hauptgebäudes. Daneben im selben Farbton das Hyundai-Logo, eingebettet in ovaler Form: ein nach rechts geneigter Buchstabe H. Es symbolisiert einen Hyundai-Händler und einen Hyundai-Käufer, die sich die Hand geben. Händeschütteln war am Tag des offiziellen Produktionsstarts schon nicht mehr – Corona-Vorsorge. Machen Südkoreaner aber sonst auch nicht: So verneigte sich der Präsident der Automobilsparte bei seiner Ansprache vor Gästen und Mitarbeitern in typisch südkoreanischer Art tief und respektvoll. Ab Montag wird das Werk geschlossen, wie die meisten Autofabriken in diesen Tagen.

In zwei Arbeitsschritten wird die Batterie an den Unterboden geschraubt, dann werden die Kabel mit der Fahrzeugelektronik zusammengesteckt.

(Bild: Hyundai)

An seinem tschechischen Standort hat Hyundai rund 3.300 Beschäftigte, fast alle sind Einheimische und fast dreimal so viel Arbeitsplätze bestehen bei den Zulieferern im Umfeld der Fabrik. In die haben die Südkoreaner 72 Millionen Euro investiert, um den Stromer fertigen zu können. Das aufwendigste war die Technologie zur Montage der Batterie in die bestehende Linie: mit rund 460 Kilogramm ist sie ein schwerer Brocken. Viel schwerer als alle anderen Teile, aus denen ein Auto entsteht.

Die Produktionsspezialisten in Nošovice haben die Fertigung des Elektroautos in die einzig bestehende Linie integriert, in der nun mit dem Kona drei Modelle gefertigt wurden. Der Teil der Produktionslinie, an dem die Batterie montiert und angeschlossen wird, ist ein zusätzlicher Produktionsschritt, der nur 120 Sekunden dauert. In zwei Arbeitsschritten wird die Batterie an den Unterboden geschraubt, dann werden die Kabel mit der Fahrzeugelektronik zusammengesteckt. Aktuell ist jedes neunte Auto an der Linie ein elektrischer Kona, die maximale Produktionskapazität liegt bei jedem fünften Auto. 150 Stromer können so pro Tag maximal gebaut werden. Verbrenner fahren leer durch diesen Streckenabschnitt auf dem Montageband.