Cooles Kalkül: Fahrbericht MASH 650 X-Ride

Die französische Firma MASH will mit Retrocharme, bewährter Technik und kleinen Preisen überzeugen. Die 650 X-Ride ist sympathisch trotz Verarbeitungsschwächen.

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Cooles Kalkül: Fahrbericht MASH 650 X-Ride
Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Die französische Marke MASH startete erst 2012 mit der Produktion von Motorrädern und hat dennoch seitdem viel erreicht. Den Gründern war klar, dass sie gegen die etablierte Konkurrenz weder bei der Motorleistung, noch bei den modernen elektronischen Systemen würden mithalten können, also verlegte man sich auf eher simpel gestrickte Motorräder, dafür aber in coolem Retro-Design mit günstigen Komponenten von chinesischen Zulieferern. Die Rechnung geht auf.

Das neueste Modell tauft MASH auf den Namen 650 X-Ride und verleiht ihr den Look einer Enduro aus den späten 1970er Jahren. Damals und in den folgenden beiden Jahrzehnten waren die großen Einzylinder-Viertakt-Enduros mit 500 bis 650 Kubikzentimeter Hubraum sehr beliebt, alle japanischen Hersteller hatten etliche im Programm und verkauften sie in riesigen Stückzahlen. Eine davon war ab 1988 die Honda NX 650 Dominator und exakt deren luftgekühlter Motor findet sich in der MASH 650 X-Ride wieder. Zwar wird er heute bei Shineray in China gefertigt, aber das Bohrungs-Hub-Verhältnis von 100,0 x 82,0 mm ist identisch geblieben und auch das Verdichtungsverhältnis von 8,3:1 wurde beibehalten.

Shineray gehört zu den größten Motorrad- und Autoherstellern in China und ist unter anderem an der italienischen Motorradmarke SWM beteiligt. Das Design und die Entwicklung der 650 X-Ride stammt von MASH, die Produktion erfolgt bei Shineray in der 20-Millionen-Metropole Chonqing, dem Zentrum der chinesischen Motorradindustrie. Da selbst Premium-Marken wie BMW seit Jahrzehnten in China fertigen lassen, ist das längst kein Makel mehr. Nachdem letztes Jahr bereits die 650 Dirt Track im Flat-Track-Style auf den Markt kam und auf ein durchweg positives Echo stieß, schob MASH nun die 650 X-Ride nach.

Ältere Motorradfahrer werden beim Anblick der 650 X-Ride spontan an die Yamaha XT 500 erinnert, was in erster Linie an der weißen Farbgebung des Tanks und der Kotflügel, den gold eloxierten Felgen und den schwarzen Ovalen auf den Seitendeckeln liegen dürfte. Das war sicher auch die Absicht der Designer, denn die legendäre Großmutter aller Viertakt-Enduros genießt heute Kultstatus.

Mash 650 Exterior (8 Bilder)

Die MASH 650 X-Ride kommt im schicken Retro-Design und mit altbewährtem Motor. Sie will nicht mit neuester Technik protzen, sondern durch ihre Optik und den günstigen Preis Käufer gewinnen.

Die 650 X-Ride belebt eine ausgestorben Motorradklasse neu, denn es gibt keine große Einzylinder-Enduro mehr auf dem deutschen Markt, die dem Geist der alltagstauglichen Gelände-Bikes entspricht. Die KTM 690 Enduro R (Test) und deren Zwillingsschwester Husqvarna 701 Enduro sind dafür zu sportlich ausgelegt, die KTM 390 Adventure hat deutlich weniger Hubraum und die SWM Superdual ist wegen der bevorstehenden Euro5-Norm bis auf weiteres aus dem Programm geflogen.

Eines ist vorweg schon klar: Die 650 X-Ride kann nicht mit gewaltiger Leistung oder raffinierten Elektronik-Systemen protzen, stattdessen setzt MASH auf einfache, aber bewährte Technik und bietet das Gesamtpaket günstig für 5985 Euro an. Das macht sie für Führerscheinneulinge und Wiedereinsteiger mit schmalem Geldbeutel interessant. Allerdings musste der MASH-Einzylinder im Vergleich zum Dominator-Motor bei der Anpassung an die Euro-5-Norm Federn lassen, die Leistung sank um vier PS auf 40 bei 6000/min. Dafür verfügt er über eine moderne Einspritzung und deutlich sauberere Abgase. Er ist kein Ausbund an Spontanität, seine Stärke liegt eher in der sanften Gasannahme. Wer den Einzylinder im mittleren Drehzahlbereich hält, wird mit einem lässigen Gleiten belohnt und bekommt auch beim Beschleunigen aus Kurven noch genügend Kraft.

Die 650 X-Ride erfreut den Fahrer mit einer ausgezeichneten Handlichkeit, enge Kurven gehören zu ihrer Paradedisziplin. MASH wählte beide Räder in 17-Zoll, was natürlich die Agilität fördert. Damit fällt die X-Ride in die Klasse der Supermotos. Sie folgt willig jedem Lenk- und Gasgriffbefehl, die Bremsen des chinesischen Herstellers Hangte verzögern zufriedenstellend. Die radial verschraubte Vierkolbenbremszange vorn nimmt eine 320 mm große Bremsscheibe in die Zange, hinten unterstützt unauffällig ein Zweikolben-Festsattel in Verbindung mit einer 240 mm-Scheibe.

ABS lässt sich mittels eines Knopfs neben dem linken Lenkergriff deaktivieren – manche sportliche Naturen lieben es, das Hinterrad beim Anbremsen zu blockieren. Nach dem Ausschalten des Motors wird das ABS aus Sicherheitsgründen beim Neustart automatisch wieder aktiviert. Lediglich die Enduro-Pneus des taiwanesischen Herstellers Kenda trüben das Vergnügen, die Reifen vermitteln ein etwas intransparentes Fahrgefühl.