Erste Ausfahrt in Seats Cupra Leon e-Hybrid: Plug-in-Hybrid mit frischem Label

Der stärkere Plug-in-Hybrid im Leon wird als Cupra verkauft, was mit allerlei "sportlichen Zutaten" belegt werden soll. Mit Erfolg? Eine erste Probefahrt

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Cupra Leon e-Hybrid

(Bild: Seat)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Die Tendenz der Autohersteller, mit einer Markenvervielfältigung bestimmte Modell abgrenzen zu wollen, führt schon mal zu grotesken Erscheinungen. Bei Volkswagen hat es jüngst die Marke Seat und ihre Ausgründung Cupra getroffen. Einerseits wurde der erfolgreiche Ateca so sanft überarbeitet, dass es kaum jemand bemerken wird, andererseits mit dem Cupra Formentor ein neues SUV in ähnlicher Größe vorgestellt, das dem aktuellen Design der Spanier entspricht. Zusätzlich gibt es auch weiterhin noch einen Cupra Ateca.

Noch viel näher sind sich der Seat Leon und der Cupra Leon e-Hybrid. Bei Volkswagens Kernmarke VW steht das Kürzel „e-Hybrid“ für den schwächeren Plug-in-Hybrid, bei Seat folgt die Abgrenzung zwischen den PHEV-Modellen durch den Wechsel der Marke. So gibt es künftig einen Seat Leon e-Hybrid mit 150 kW Systemleistung und einen Cupra Leon e-Hybrid mit 180 kW. Ob es nun nicht vielleicht etwas albern ist, ein Modell mit 30 kW mehr auf diese Weise zu einem so sportlichen zu deklarieren, dass es eines Markenwechsels bedarf, mögen höhere Mächte entscheiden. Sicher gibt es gut bezahlte Strategen im Hintergrund, die den Nutzen einer solchen Aktion, wo auch immer er liegen mag, bei Bedarf genau beziffern können.

Der Antriebsstrang des Cupra Leon e-Hybrid entspricht natürlich vollständig dem aus Golf GTE und Skoda Octavia RS. Ein 1,4-Liter-Vierzylinder aus der Baureihe EA211 mit 110 kW arbeitet mit einem 85-kW-E-Motor zusammen, der im Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe DQ400e eingebaut ist. Das maximale, kombinierte Drehmoment liegt bei 400 Nm.

Die hohe Antriebsleistung sollte nicht dazu verleiten, hier einen Konkurrenten zum Golf GTI zu erwarten – Enttäuschung könnte die Folge sein, trotz der identischen Systemleistung. Der GTI ist noch schneller, wobei man schon im Cupra e-Hybrid keinen Grund zur Klage hat. 6,7 Sekunden verspricht Cupra, bei 225 km/h ist Schluss. Doch der bislang stärkste Golf 8 tritt im Vergleich noch wuchtiger an, der Cupra wirkt zahmer, als es der Abstand bei den Fahrleistungen vermuten lässt. 1624 kg wiegt der Cupra Leon e-Hybrid leer – also etwa so viel wie ein Mercedes E 200 T-Modell ohne Normzuladung.

An dem Umstand, dass der e-Hybrid kein Dynamiker ist, kann auch der mit dickem Pinsel aufgetragene Sport-Anstrich nichts ändern, was den Wert mancher Features nicht schmälern soll. Die ausgezeichneten, bequemen Sportsitze sind ein wirklicher Gewinn. Das Fahrwerk ist straff, aber sehr gekonnt abgestimmt, weil ein gewisser Restkomfort erhalten blieb. Der Seat Leon e-Hybrid bietet weniger Rückmeldung, was mancher wohl bevorzugen wird. Etwas viel des Guten erscheint auch die Auspuffanlage samt bollerndem Sound – zum Glück lässt sich das abstellen. Gleich vier angedeutete Endrohre an einem Auto mit Hybridantrieb? Es passt fraglos zu einem Auto, das seine Rolle zwischen Sparen und Spaß haben noch sucht.

Cupra Leon e-Hybrid (12 Bilder)

Bei diesem Modell sparen sich Seat und die Submarke Cupra den Aufwand einer eigenen Karosserie.

Als Speicher dient eine Batterie mit 13 kWh Energiegehalt, von denen sich rund 11 nachladen lassen. Das Ladegerät im Auto ist einphasig, bei 3,7 kW ist die maximale Ladeleistung erreicht. Der mitgelieferte Ladeziegel ist, wie so häufig, mit 10 Ampere abgesichert. Der Hersteller will damit sichergehen, die zulässige Dauerleistung einer gewöhnlichen 230-Volt-Steckdose nicht zu überschreiten. Die Ladezeiten gibt Cupra dementsprechend mit 3,5 Stunden an der Wallbox und mit rund 6 Stunden an 230 Volt.

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Cupra nennt eine elektrische Reichweite von 52 Kilometern im WLTP. Das schafft natürlich nur, wer das Auto gleiten lässt. Sollte man den Trainingsanzug als Aufforderung zum rasanten Fahren interpretieren, ist die Batterie rasch so entladen, dass der Benziner die Führung an sich reißt. Der Leon e-Hybrid kann dann dank der Lastpunktverschiebung durch die E-Machine noch immer vergleichsweise sparsam gefahren werden. Bei geringer Last lassen sich kurze Strecken, beispielsweise kleine Dörfer, auch ohne vorherige Aufladung an der Steckdose elektrisch durchrollen – eine Erfahrung, die wir beispielsweise mit dem Mercedes B 250e schon gemacht haben.

Der Cupra Leon e-Hybrid ist gut ausgestattet und mit einem Basispreis von 37.816 Euro auch etwas weniger teuer als ein VW Golf GTE. Zudem kann Seat/Cupra schon zwei Plug-in-Hybride in einem Kombi liefern, womit sich eine der großen Einschränkungen mildern lässt. Denn mit 270 Litern ist der Kofferraum erheblich kleiner als im Leon mit alleinigem Verbrenner. Der Leon Kombi „Sportstourer“ e-Hybird bietet hier mit 470 Litern spürbar mehr. Mit 39.048 Euro ist er nicht entsetzlich viel teurer, zumal er sich leichter wieder verkaufen lassen wird.

So oder so lässt sich noch die Innovationsprämie von insgesamt 6750 Euro plus Mehrwertsteuer auf den Herstelleranteil abziehen. Ohne weitere Verhandlung landet man damit etwas oberhalb des Listenpreises eines Leon 1.5 eTSI. Doch wenn es ein Plug-in-Hybrid in Leon werden soll, scheint das Modell „in Zivil“ mit 150 kW eher überlegenswert. Schließlich ist man schon damit überreichlich motorisiert, und ohne den ganzen Sport-Belag lässt sich wohl auch leben. Für einen Teil der mehr als 3500 Euro, die der Seat weniger kostet als der Cupra, ließe sich beispielsweise eine Wallbox anschaffen, um den Plug-in-Hybrid tatsächlich möglichst oft so zu nutzen, wie es die Erfinder der Innovationsprämie vorgeblich im Sinn hatten.

(mfz)