Gleitstrom: Der Plug-in-Hybrid-Golf GTE im Fahrbericht

Der Golf GTE hat mit einer Systemleistung von 180 kW mit dem GTI gleichgezogen, den er auch optisch zitiert. Ist der neue GTE jetzt auch genau so sportlich?

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VW Golf GTE

(Bild: Volkswagen)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

In der achten Golf-Generation baut VW eine breite Hybridflotte auf. Der Kunde hat die Wahl zwischen drei Mildhybriden mit 48-Volt-Bordnetz und zwei leistungsstarken Plug-in-Hybriden. Schon der eHybrid, der von VW als komfortables Fahrzeug für gelassene Fortbewegung beworben wird, erreicht mit einer Systemleistung von 150 kW das Niveau des abgelösten GTE aus Generation 7. Der neue GTE zieht mit 180 kW Systemleistung mit dem GTI in der Grundversion gleich. Vom GTI stammt auch die Sportkaro-Ornamentik, die den GTE innen und außen zum Sportler stempelt.

Trotz gleicher Leistung und Staffage fahren sich GTI und GTE in der neuesten Generation jedoch komplett unterschiedlich. Der GTI sprengt sofort jeden Zweifel, dass nur er der Sportler im Golfprogramm ist. Der GTE ist ein gut motorsierter Plug-in-Hybrid – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Den Unterschied macht der 180 kW-Zweiliterturbo im GTI, der gierig dreht und dem Fahrer leicht dazu animiert, die Geschwindigkeitslimits führerscheingefährlich zu überschreiten. Der GTI-Motor vermittelt Souveränität. Er ist ein Sportmotor am unteren Ende seiner Möglichkeiten, niemals wirkt er angestrengt.

Fahrbericht VW Golf GTE (11 Bilder)

Optisch rückt VW den Golf GTE an den GTI heran.

Ganz anders der 110 kW starke 1,4-Liter-Turbobenziner im GTE. Wie bei den meisten PHEV-Modellen wird die Zuschaltung des Verbrenners mit verschreckt-widerstrebenden Vierzylinderblöken als lautstarke Störung empfunden. Der GTE beschleunigt so zwar in sehr guten 6,7 Sekunden auf 100 km/h und erreicht eine beachtliche Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h. Aber er vermittelt einem dabei das Gefühl, ihn zu quälen, statt artgerecht zu bewegen.

Hinzu kommt, dass der Elektromotor mit kurzzeitig 80 kW Maximalleistung (Nennleistung 70 kW), dem sogenannten Boost, dazu beiträgt die Vorderachse zu überfordern. Anders als im GTI bringt der GTE seine Leistung trotz sogenannter elektronischer Differenzialsperre XDS nicht immer voll auf die Straße. Gemeint ist damit lediglich ein intelligenter radselektiver Bremseingriff.

Zudem muss der GTE im Vergleich zur achten Version der Ikone GTI mit einem Mehrgewicht von 150 kg antreten. Die ausgeglichene Gewichtsverteilung, der niedrige Schwerpunkt und die gelungene Fahrwerksabstimmung machen den Golf-Tophybrid zwar bestimmt nicht behäbig. Aber der GTI kann alles noch direkter, agiler. Er macht einfach mehr Spaß.

Es sei denn in der Stadt und auf Kurzstrecken, wo der GTI mit hohem Verbrauch und unkomfortabler Härte nervt. Hier schlägt die Stunde des GTE. Bei aufgeladenem 13 kWh-Akku lässt er sich in der Praxis bis zu 50 km weit rein elektrisch fahren. VW gibt 62 km Reichweite im NEFZ an. Das Laden ist mit maximal 3,6 kW Wechselstrom an einer Wallbox möglich. So dauert es 3 Stunden und 40 Minuten. Eine schnelle Lademöglichkeit mit Gleichstrom gibt es nicht.

Der GTE hat laut Werksangaben eine Reichweite von 745 Kilometern ohne Tankstopp. Davon kann ein GTI nur träumen. Beim souveränem Gleiten mit seltener Ausnutzung aller Leistungsreserven ist der GTE zudem ein angenehmer, leiser, komfortabler Reisewagen. So wird der GTE artgerecht bewegt. Im Stadtverkehr oder auf der langen Autobahnfahrt ist der GTE der Sportikone GTI überlegen.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob der eHybrid nicht die bessere Wahl ist. Der schwächere Plug-in-Hybrid ohne Sportfolklore kann laut Werksangabe 80 km rein elektrisch und 870 km ohne Tankstopp fahren. Er hat den gleichen Antriebsstrang wie der GTE. Der eHybrid presst aber lediglich 150 kW aus dem Zusammenspiel des 1,4-Liter-Turbos und der E-Maschine. Das alles spricht dafür, dass der eHybrid die PHEV-Paradedisziplinen besser beherrscht als der vermeintlich sportliche GTE. Auch der Preis ist ein Argument für den eHybrid. Zwar gibt es ihn nur in der Topausstattungslinie „Style“. Trotzdem ist der GTE mit 41.667 Euro Grundpreis fast 2000 Euro teurer.

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(chlo)