Europas Autoindustrie nennt britisches Verbrenner-Verbot "Symbolpolitik"

Großbritannien stößt vor in die Gruppe der Länder mit fester Verbrenner-Deadline. Die Autoindustrie reagiert mit Kritik.

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Die BMW-Marke Mini macht mit allen Mitteln auf britische Tradition, auch mit Union-Jack-Rücklichtern.

(Bild: h/A Archiv)

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  • dpa
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Der europäische Auto-Branchenverband hält das von Großbritannien angepeilte Verkaufsverbot von Autos mit Otto- oder Dieselmotor ab 2030 für übertriebene Symbolpolitik. Es gibt jedoch auch etliche Stimmen, die den überraschenden Schritt von Premier Boris Johnson loben und darin eine Signal für mehr Klimaschutz sehen.

Die Autoindustrie-Lobbyvertretung Acea in Brüssel erklärte, wichtig für einen raschen Umstieg auf alternative Antriebe ohne fossile Brennstoffe seien vor allem geeignete Rahmenbedingungen. "Anstelle von Ankündigungen, den Verbrennungsmotor kurzfristig zu untersagen, brauchen wir eine starke politische Verpflichtung", hieß es. Diese müsse dringend sicherstellen, dass "alle Bedingungen für den Übergang zu emissionsfreier Mobilität umgesetzt" werden – etwa der Aufbau einer ausreichenden Ladeinfrastruktur sowie Kaufanreize für E-Autos.

Johnson will die Weichen dafür stellen, dass die Briten in zehn Jahren keine Fahrzeuge mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren mehr kaufen dürfen. Hybridmodelle sollen noch bis 2035 abgesetzt werden können. Dafür gab es auch Zuspruch. Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management etwa meinte, damit schwenke ein bedeutender europäischer Automarkt auf E-Mobilität um – "und das ist wiederum ein Signal an den Kontinent und an die Hersteller". Der Wettbewerbsdruck auf die deutschen Autobauer könne sich erhöhen.

Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup unterstrich die potenziellen Folgen der Entscheidung. "Allein Großbritannien steht bislang für rund 15 Prozent der deutschen Autoexporte. Damit die deutschen Marken dort und in anderen Ländern mit beschlossenem Verbrennerausstieg nicht schnell Marktanteile verlieren und der Klimaschutz vorankommt, braucht es auch bei uns klare Leitplanken: Spätestens 2025 muss Schluss sein mit neuen Dieseln und Benzinern." Weitere Länder nannten ebenfalls Zieldaten für ein Verbrenner-Aus – so etwa Norwegen 2025, Dänemark und Belgien 2030, Frankreich 2040. Johnson kündigte zudem an, die erneuerbaren Energien auszubauen.

Eine Acea-Sprecherin stellte klar, dass die Branche bis 2050 klimaneutral werden wolle. Die Mitgliedsunternehmen investierten dafür Milliarden. Der Verband setzt allerdings auf Marktmechanismen und eine weiterhin anziehende Nachfrage nach E-Autos. Er sieht dabei "die Notwendigkeit einer sehr viel größeren Anzahl von Ladepunkten".

Die Chefin des deutschen Auto-Branchenverbands VDA, Hildegard Müller, fordert einen gesonderten "Ladegipfel", um den Ausbau des Ladenetzes an die erwartete weitere Zunahme der Neuzulassungen von Autos mit Alternativantrieben anzupassen. Dabei müssten alle wesentlichen Akteure zusammenkommen – Bund, Länder, Kommunen, Energiewirtschaft, Mineralölwirtschaft und Wohnungswirtschaft. Das Thema sei komplex, auch wegen der Bestimmungen im Bau- und Mietrecht. "Wir brauchen Millionen Ladepunkte im öffentlichen und privaten Bereich."

(fpi)