VW Polo 1.0 TSI im Test: Beim Antrieb bleibt er zurück

Der Polo soll mit den Werten überzeugen, die ihn seit vielen Jahren erfolgreich gemacht haben. Das gelingt nur zum Teil, denn die Konkurrenz ist ihm voraus.

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VW Polo

Der VW Polo wurde 2021 überarbeitet. Bei den Motoren bleibt der große Schritt aus, er ist auf dieser Basis nicht machbar. Das wird den Polo in der verbleibenden Zeit Kunden kosten.

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Seit ein paar Monaten erledigt ein Corsa-e die alltäglichen Transportaufgaben meiner Familie. Er wurde gewählt, weil er ziemlich exakt in das Anforderungsprofil passt und den drei Hauptnutzerinnen einfach gut gefiel. Der noch immer sehr erfolgreiche VW Polo hatte mangels E-Antriebsangebot keine Chance. Im Test erweist er sich mit dem 70-kW-Benziner als ausgereifter Kleinwagen, den die jüngste Modellpflege allerdings nicht entscheidend verbessert hat.

Denn im Kern bleibt der VW Polo, was er zuvor schon war: Ein solider Kleinwagen in jeder Hinsicht, der im Antriebsbereich anderen den Vortritt Richtung Zukunft lässt. Volkswagen steckt hier gewissermaßen in einem Dilemma, denn einerseits ist der Verbrenner im Konzern mittelfristig ein Auslaufmodell, es vergeht schließlich kaum eine Woche, in der Volkswagen-Chef Diess dies betont. Andererseits verkauft sich der Polo mit konventionellem Antrieb ganz gut und die aktuelle Basis gibt eine Elektrifizierung auch nicht her.

Demzufolge gibt es weder einen batterieelektrischen Antrieb noch irgendeine Form der Hybridisierung. Im neuen Skoda Fabia argumentiert der Konzern, dass die Kunden in diesem Segment nicht bereit seien, den Aufwand zu bezahlen. Ob das tatsächlich so ist, darf bezweifelt werden, zumindest sieht die Konkurrenz unter anderem von Stellantis, Toyota, Honda und Renault das anders.

Hybridantriebe im Pkw

Dabei erledigt der Einliter-Dreizylinder mit 70 kW und 175 Nm seine Aufgabe für sich betrachtet auf den ersten Blick nicht schlecht. Die lästige Anfahrschwäche, die wir im Skoda Fabia mit 81 kW kürzlich kritisiert haben, ist hier erheblich kleiner – manch einer wird sie kaum spüren. Damit fährt sich dieser Antrieb gerade in der Stadt ungleich angenehmer. Das seit vielen Jahren verbaute Doppelkupplungsgetriebe mit der internen Bezeichnung DQ200 sortiert seine sieben Gänge unauffällig und passend.

VW Polo außen (5 Bilder)

Konservativ wie eh und je: Auch nach der Überarbeitung überfordert der VW Polo den Betrachter nicht mit gestalterischem Übermut.
(Bild: Florian Pillau)

Die Fahrleistungen sind subjektiv wie objektiv absolut ausreichend, wie alle Fahrer in der heise/Autos-Redaktion befanden. Allenfalls wer ständig auf der Autobahn mit den ganz Schnellen mithalten oder auf der Landstraße andere hinter sich lassen will, wird sich mehr Reserven wünschen. Diesen Wunsch, so ehrlich muss man aber sein, befriedigt aber auch die Version mit 11 kW mehr nicht dramatisch besser.

Der Polo ist hörbar sparsamer gedämmt als der Golf (Test) und gehört dennoch zu den eher leisen Autos in dieser Klasse. Im Testwagen störten nur auf der Autobahn Windgeräusche aus Richtung der A-Säule. Der Dreizylinder wird erst laut, wenn er gefordert wird. Dennoch demonstriert der direkte Vergleich mit dem Corsa-e, dass der E-Antrieb den Benziner im Polo in drei Disziplinen locker-lässig vom Platz fegt: Das Ansprechverhalten ist ungleich spontaner, der nahezu komplette Wegfall von Antriebsgeräuschen ist ein Gewinn, der das Fahren komfortabler macht. Es gibt gerade in dieser Klasse keine Motoren, denen die Zielgruppe mit Wonne lauschen würde.

Viel wichtiger ist aber fraglos, dass der Corsa-e den Polo TSI auch in der Energiebilanz vernichtend unterbietet. In den bisherigen sieben Monaten lag der Verbrauch des für sich betrachtet bestenfalls durchschnittlich sparsamen Opels gemessen ab dem Stromzähler bei knapp 16 kWh/100 km. In den kommenden Wochen und Monaten der kalten Jahreszeit wird dieser Wert steigen. Doch der Primärenergiebedarf liegt natürlich trotzdem niedriger als beim VW.

Der macht es dem Opel sogar unerwartet einfach, ihn zu unterbieten, denn obwohl der Dreizylinder nun nicht gerade ein Low-Tech-Motor ist, erscheint uns der Verbrauch ungewöhnlich hoch. Über Land haben wir den Testwagen auf minimal 5,2 Liter bekommen, insgesamt waren es dann aber doch 6,1 Liter. Übergeben wurde uns das Auto mit einem angezeigten Langzeitverbrauch von 7 Litern. Möglicherweise hängt der unerwartet hohe Verbrauch auch mit den auf dem Testwagen montierten Winterreifen im Format 215/45 R17 zusammen. VW verspricht im WLTP für den Testwagen übrigens 5,8 Liter. Wie auch immer man das dreht: Sparsam ist der Polo TSI nicht.