VW Polo 1.0 TSI im Test: Beim Antrieb bleibt er zurück

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Die Überarbeitung hat den Polo sichtbar nur im Detail verändert. Zu den Neuerungen gehören die Wischflächen der Klimaautomatik, die selbst in der teuren Style-Ausstattung gesondert in Rechnung gestellt wird. Vermutlich gewöhnt man sich an das Gewische irgendwann, wenngleich ein funktionaler Fortschritt gegenüber den bisher verbauten Drehreglern beim besten Willen nicht auszumachen ist. Wenigstens auf dem Lenkrad verschont VW die Polo-Fahrer vor diesem Touch-Quatsch. Dort gibt es Tasten und Regler, die schlicht stets genau das machen, was sie sollen.

VW Polo innen (13 Bilder)

Auch innen ist der Polo eher funktional als aufregend eingerichtet. Ein Peugeot 208 mag moderner wirken, allerdings altert er auch schneller als das VW-Interieur.
(Bild: Florian Pillau)

Einen Drehregler wünsche ich mir auch für die Lautstärke, doch das teure von zwei überteuerten Navigationssystemen ist befreit von jeglichen fühlbaren Tasten. Ein Verzicht auf die maximale Ausbaustufe fällt aber nicht nur aus monetären Gründen leicht – VW verlangt selbst in der teuren Ausstattungslinie Style 1670 Euro dafür. Ich wage die Prognose, dass unser Testwagen einer der wenigen Polos sein wird, der dieses Navigationssystem eingebaut hat.

Abgesehen von den absurden Aufpreisen mag ich nur die etwas hölzerne Sprachsteuerung kritisieren, denn VW macht meines Erachtens im Polo ansonsten in diesem Bereich durchaus einiges richtig. Ab der Ausstattung "Life" sind Android Auto und Apple CarPlay serienmäßig. Damit dürften viele Ansprüche in dieser Hinsicht bereits abgedeckt sein. Richtig gut gefallen hat mir die Kombination aus induktiver Ladeschale und kabelloser Android-Auto-Einbindung: Handy in die Ladeschale, kein Gefummel mehr mit Kabeln - das wünschte ich mir im Corsa auch. Wer mag, kann die Navigationsfunktion der VW-Werkslösung später noch freischalten lassen.

Alle Ausführungen unterhalb des Top-Navigationssystems haben zwei Drehregler, auch das spricht für eine gewisse Zurückhaltung bei der Bestellung. Vor allem aber, und hier unterscheiden sich Corsa und Polo ganz enorm, ist das System im VW viel intuitiver zu bedienen. Es wirkt auf mich, als wenn sich in Wolfsburg tatsächlich jemand Gedanken gemacht hat, wie man eine Unterhaltungselektronik möglichst barrierefrei gestalten kann. Erfolgreich.

VW Polo Details (8 Bilder)

Die Kamera verschwindet hinter dem Logo. So bleibt sie sauber.
(Bild: Florian Pillau)

Auch im Vergleich der Kombiinstrumente hat Stellantis im Opel nur eine sehr traurige Lösung zu bieten. Im Polo gibt es ein brillantes, weitreichend den eigenen Wünschen anpassbares Display. Der Corsa-e wirkt im Vergleich wie ein Grün-Schwarz-Monitor, der gegen einen OLED-Fernseher antreten soll. Die nächste Überarbeitung des Corsa wird hier ansetzen, der Opel Mokka zeigt, in welche Richtung es geht.

Der Polo ist dem Corsa in einem weiteren Bereich überlegen, wenngleich die Unterschiede nicht ganz so drastisch sind. Fahrwerk und Lenkung wirken im direkten Umstieg vom Opel in den VW um ein angenehmes Maß gestrafft. Der VW liefert jenes kleine bisschen Mehr Rückmeldung, was mir im Opel manchmal fehlt. Er wird dabei niemals unkomfortabel, vermittelt mit seiner exakteren Lenkung und den minimal härteren Dämpfern aber mehr Fahrspaß.

Mit der Überarbeitung ziehen einige neue Assistenten ein. Tempomat und Verkehrszeichenerkennung arbeiten nun Hand in Hand, was meistens ganz gut klappt. Vor ein paar Jahren war es selbst in der Mittelklasse noch etwas Besonderes, wenn ein erkanntes Tempolimit automatisch übernommen wird - heute kann das ein Kleinwagen. Auch der vorausschauende Tempo-Assistent, der beispielsweise vor Kurven und Kreisverkehren das Auto abbremst, leistet im Polo gute Dienste. Etwas nervig erschien mir die schrille Warnung vor einem Überschreiten des Tempolimits, wenn der Assistent noch nicht bemerkt hat, dass eine Ortschaft verlassen wurde.

Ein paar Worte hat sich auch das im Polo "Style" serienmäßige Matrix-LED-Licht verdient. Es ist in diesem Segment noch etwas Besonderes und leuchtet die Straße hervorragend aus. Vor allem aber klappt die Erkennung von anderen Verkehrsteilnehmern nahezu fehlerfrei. Keine Frage, gerade auf dunklen Landstraßen sind diese Scheinwerfer ein Gewinn an Sicherheit.

Abgesehen von solchen Nuancen liefert VW mit dem überarbeiteten Polo das ab, was die Zielgruppe schon seit vielen Jahren zu schätzen weiß. Der Kleinwagen ist sehr ordentlich verarbeitet, selbst die Materialauswahl scheint hier – klassenbezogen – noch nicht ganz so gnadenlos zusammengestrichen wie in neueren Modellen teilweise. So bequem wie im Polo sitzt man in dieser Klasse selten. Die Sessel sind selbst für Menschen mit sehr langen Beinen ausreichend weit zu verrücken. Das Platzangebot ist überdurchschnittlich, der Kofferraum mit 350 Litern könnte selbst eine Klasse höher mithalten.

Im Testwagen war das Soundsystem von Beats Audio eingebaut. Es enthält einen Subwoofer, der geradezu geistesabwesend in den Kofferraum geworfen wurde. Er steckt nämlich nicht in der leeren Reserveradmulde, sondern links daneben. Damit zwingt der den Ladeboden vollkommen unnötig in eine höhere Position. Anders ausgedrückt: Dieser uninspirierte Murks kostet rund 13 cm Höhe im Laderaum.

Wer bitte denkt sich sowas aus: Der Subwoofer des optionalen Soundsystems wurde nicht in die Reserveradmulde versenkt, sondern thront links. Damit ist der Ladeboden rund 13 cm höher, als er sein müsste.

(Bild: Pillau)

Der Polo ist derzeit offiziell ab 17.115 Euro zu haben. Wie eh und je geht es schon mit geringen Ansprüchen jedoch steil nach oben. Wer einen Turbomotor und die mittlere Ausstattung "Life" haben will, ist schon bei mehr als 20.000 Euro, ohne in irgendeiner Hinsicht im Luxus zu schwelgen. Wenn Sie nicht sehr tapfer sind, überspringen Sie bitte die nächste Aussage. Der mit nahezu allem, was für den Polo verfügbar ist, angereicherte Testwagen kam auf einen Listenpreis von rund 31.000 Euro. Diese Summe ist das Resultat einer Ausstattungsfülle, die sich vermutlich kaum ein Polo-Käufer gönnt. Richtig, ein vollausgestatteter Opel Corsa-e ist noch etwas teurer, wenn man die Subventionen außen vor lässt. Wer sie jedoch berücksichtigt, zahlt weniger und hat einen überlegenen Antrieb, der auch im Unterhalt geringere Kosten verspricht.

Strom vs. Sprit: Wer fährt günstiger?

Der Polo ist in seinen Eigenschaften fraglos noch immer ein angenehmes Auto in diesem Segment, doch der noch nicht erfolgte Schritt beim Motor wird ihn in der verbleibenden Zeit Käufer kosten. Einen Wandel werden erst VW ID.1 und/oder VW ID.2 bringen, deren Entwicklung unter Hochdruck vorangetrieben wird. Was aus dem Polo wird, wenn sie da sind? Ungewiss! Vorstellbar wäre, dass sich Volkswagen von dem traditionsreichen Namen verabschiedet. Ein ähnlich konzipierter Nachfolger mit Verbrennungsmotor ist nahezu ausgeschlossen.

Der Testwagen wurde von Volkswagen gestellt und überführt, die Tankrechnung übernahm der Autor.