Studie: Effizienz von PHEV rechtfertigt die Höhe ihrer Förderung nicht

Eine Untersuchung des ICCT mit dem Fraunhofer ISI zeigt: Plug-in-Hybridautos vermeiden nicht genug CO₂, um die Höhe ihrer Subventionierung zu begründen.

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Mini Countryman PHEV

Stromanschluss des Mini Countryman PHEV All4 (Test)

(Bild: Florian Pillau)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

"Grüne" Argumente eignen sich hervorragend, um Subventionen für Autos durchzusetzen. Selbst wenn das ein mehr oder weniger großer Widerspruch in sich ist. Besonders auffällig ist das bei Plug-in-Hybriden (PHEV). Hier lautete der einfachste Vorwurf schon von Anfang an, dass niemand gezwungen sei, den Akku zu laden. Die Förderung gibt es gleichwohl. Eine Studie von ICCT und ISI beziffert nun, wie weit Anspruch und Wirklichkeit bei der deutschen Förderung von Plug-ins auseinanderliegen. Sie vergleicht PHEV mit konventionell und elektrisch angetriebenen Kfz.

Durch den staatlichen Anteil der Innovationsprämie werden rein akkugetriebene Autos (BEV) zurzeit mit 6000 Euro gefördert, Plug-in-Hybridfahrzeug (PHEV) mit bis zu 4500 Euro. Weitere finanzielle Vorteile sind Rabatte bei der jährlichen Kfz- und der Dienstwagensteuer. Die Anreize gehören zu Maßnahmen der Bundesregierung mit dem Ziel, in Deutschland im Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen. Die Förderung ist nicht gering; bereits die vergangene Koalition hat begonnen, die Förderbedingungen zu verschärfen.

In der Untersuchung erreichen Plug-in-Hybridfahrzeuge bei der Verringerung des Kraftstoffverbrauchs (gemessen am CO₂-Ausstoß) im Vergleich mit batterieelektrischen Fahrzeugen allerdings ausgesprochen mäßige Ergebnisse. Daraus lässt sich ableiten, dass die steuerliche Förderung für Hybridfahrzeuge zu hoch liegt.

Die Wissenschaftler stellten dazu neun Plug-in-Hybride neun batterieelektrischen Fahrzeugen aus den Segmenten Kompakt- und Mittelklasse sowie Sport Utility Vehicles (SUV) gegenüber. Verglichen wurden die Emissionsvorteile und die staatliche Förderung der ausgewählten Modelle mit dem jeweiligen Segmentdurchschnitt der Autos mit konventionellem Ottomotor.

Geschätzt werden mussten die Emissionen zukünftiger PHEVs und BEVs, die im Jahr 2030 zugelassen werden. Die tatsächlichen CO₂-Emissionen für jedes der Fahrzeuge berechneten sie aus den Daten zum realen Fahr- und Ladeverhalten. In die Berechnungen ging der direkte CO₂-Ausstoß und die CO₂-Emissionen von Kraftstoff- und Stromherstellung, sowie von Fahrzeug- und Akkuproduktion ein.

Lebenszyklus-CO2-Emissionen ausgewählter PHEV- und BEV-Modelle im Segment der Sport Utility Vehicles (SUV) im Vergleich zu durchschnittlichen konventionellen Autos (ICEVs) bei einer Nutzung in Deutschland im Zeitraum von 2021 bis 2038.

(Bild: ICCT)

Das Ergebnis ist eindeutig, selbst beim heutigen Strommix: "Heute in Deutschland gekaufte vollelektrische Batteriefahrzeuge verursachen im Durchschnitt über ihr gesamtes Fahrzeugleben etwa 63 Prozent weniger CO₂ als ein vergleichbares Benzinfahrzeug", sagt Mitautor Dr. Patrick Plötz vom Fraunhofer ISI, "Bei Plug-in-Hybridfahrzeugen beträgt die Einsparung im Durchschnitt lediglich etwa 34 Prozent, aber mit einer großen Bandbreite von nur zehn bis zu 52 Prozent."

Verglichen mit einem Auto mit Ottomotor und umgerechnet auf 1000 Euro staatliche Förderung vermeidet ein batterieelektrisches Auto im Schnitt rund 22 Gramm an CO₂ pro gefahrenem Kilometer. Ein durchschnittliches Plug-in-Hybridfahrzeug erreicht nur 14 Gramm pro Kilometer.

"Plug-in-Hybridfahrzeuge weisen typischerweise ein deutlich schlechteres Verhältnis zwischen staatlicher Förderung und erreichter CO₂-Einsparung auf", sagt Dr. Georg Bieker vom ICCT, "Da sie auch in Zukunft auf fossile Kraftstoffe angewiesen sind, ist zudem der langfristige Klimanutzen der Förderung von Plug-in-Hybriden viel geringer als bei vollelektrischen Autos."

Um das aktuelle Ungleichgewicht zu korrigieren, müsste die staatliche Fördersumme für Plug-in-Hybride um rund 2500 Euro gekürzt werden. Die reduzierte Dienstwagensteuer für Plug-in-Hybridfahrzeuge müsste an die konventioneller Pkw angenähert werden. Als Alternative schlagen die Wissenschaftler vor, nur bestimmte Modelle zu fördern. Plug-in-Hybride sollten nur dann von höherer staatlicher Förderung profitieren, wenn hohe, tatsächlich elektrisch erbrachte Fahrleistung nachgewiesen wird.

Lebenszyklus-CO2-Emissionsvorteil gegenüber durchschnittlichen Benzinern im jeweiligen Segment im Vergleich zum Nettobarwert der staatlichen Förderung für die PHEV- und BEV-Modelle in privater Nutzung im Zeitraum von 2021 bis 2038.

(Bild: ICCT)

Dazu sind alle PHEV-Modelle, die ab Januar 2021 in der EU zugelassen wurden, fähig. Denn seit diesem Zeitpunkt dürfen in der Europäischen Union Autos nur noch dann erstmals zugelassen werden, wenn sie die Abgasnorm Euro 6d-ISC-FCM erfüllen. Das Kürzel FCM steht für "Fuel Consumption Monitoring", also eine Verbrauchserfassung im Fahrzeug. Diese Verbrauchsmessgeräte (OBCFM) erfassen den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch und den elektrisch zurückgelegten Streckenanteil.

Das ICCT (International Council on Clean Transportation) hat sich spätestens ins Bewusstsein einer größeren Öffentlichkeit eingeschrieben, als es 2015 den Abgasbetrug aufdeckte. Die international agierende gemeinnützige Organisation für "sauberen Verkehr" mit Sitz in Washington, DC, erstellt unabhängige technische und wissenschaftliche Studien, mit dem Ziel, Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz des Verkehrs zu verbessern. Das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ("ISI") in Karlsruhe betreibt unabhängige Innovationsforschung für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.

(fpi)