Autonome Autos: Forscher befürchten schlechte Klimabilanz

Eine neue MIT-Studie meint, dass die Hardware-Effizienz autonomer Autos noch nicht da ist, wo sie sein sollte: Die Technik generiert zu hohe CO₂-Emissionen.

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Der alte Traum: Auto fährt, Fahrer macht, was er will. Doch wie sieht der CO2-Fußabdruck solcher Technik aus?

(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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Die Zukunft des Individualverkehrs per Automobil soll elektrisch und möglichst voll automatisiert sein: Das ist die Vision, die viele Autokonzerne inzwischen verfolgen. Doch Computersysteme, mit denen Fahrzeuge autonom unterwegs sein könnten, verbrauchen zusätzliche Energie. Ein Team von Forschern am MIT hat nun errechnet, wie groß der potenzielle CO₂-Fußabdruck solcher Rechner in autonomen Autos ist. Das Ergebnis ist nicht sonderlich erfreulich, solange die Technik nicht effizienter wird.

In dem Paper der Gruppe um Sertac Karaman vom Laboratory for Information and Decision Systems (LIDS) werden dazu verschiedene Modelle aufgestellt. In einem Szenario gehen die MIT-Forscher davon aus, dass eine Milliarde autonome Fahrzeuge (Level 4 und Level 5) auf der Straße sind, die jeden Tag eine Stunde fahren. Diese Menge allein würde ihrer Berechnung nach den gleichen CO₂-Ausstoß haben wie alle im Betrieb befindlichen Rechenzentren des Planeten zusammen. Dafür nutzten die Forscher eine relativ moderate Schätzung der Internationalen Energieagentur von 2020, die davon ausgeht, dass die Rechenzentren – allein in den USA gibt es mittlerweile über 2700 davon – für rund 0,3 Prozent der gesamten Kohlendioxidemissionen im Jahr verantwortlich sind.

Karaman & Co. rechnen in ihrem Szenario allerdings mit recht hohen 840 Watt, die pro Fahrzeug konsumiert werden. Zudem dürfte es angesichts fortbestehender technischer Hürden sehr lange dauern, bis derart viele autonome Autos auf der Straße sind. Zum Vergleich: Marktforscher schätzen den Gesamtbestand an Autos (Pkw und Lkw) Mitte des vergangenen Jahrzehnts auf rund 1,25 Milliarden, mittlerweile sollten es über 1,5 Milliarden sein. Zudem entwickelt sich die Computertechnik insbesondere bei der Leistung pro Watt sehr schnell weiter.

Doch ob die Geschwindigkeit ausreicht, ist offen. In einem weiteren der durchgerechneten Szenarien kommt das MIT-Team sogar zu dem Schluss, dass die Hardware-Effizienz sich "schneller als alle 1,1 Jahre verdoppeln" müsste, um einen kleineren CO₂-Fußabdruck zu hinterlassen als die Rechenzentren. In diesem Szenario wären 95 Prozent der globalen Fahrzeugflotte im Jahr 2050 autonom, die Rechenleistung hätte sich alle drei Jahre verdoppelt und das Tempo der CO₂-Einsparung des Planeten setzte sich wie derzeit fort.

Die Rechenzentren nahmen Karaman & Co. deshalb als Vergleichswert, da deren CO₂-Emissionen bereits jetzt erheblich sind und in Zukunft noch zunehmen könnten, so das Forscherteam. "Wir ziehen den Vergleich zu den Bordcomputern von autonomen Fahrzeugen, da diese ebenfalls Strom für die Datenverarbeitung verbrauchen und sogar als 'Rechenzentren oder Supercomputer auf Rädern' bezeichnet worden sind", meint die Erstautorin der Studie, die Masterstudentin Soumya Sudhakar. Nicht direkt berechnet wurde allerdings, ob (und wie) die Automatisierung mehr Energie verbraucht als einspart. "Wir verweisen auf einige Beispielarbeiten in diesem aktiven Forschungsbereich. Die weitere Erforschung dieses Bereichs wäre eine spannende zukünftige Forschungsrichtung, um solche Trade-offs im Detail besser zu verstehen."

(bsc)