Photovoltaik auf Parkplätzen: Peitsche statt Zuckerbrot

Frankreich hat eine Photovoltaik-Pflicht für große Parkplätze erlassen, in einigen deutschen Bundesländern gibt es sie bereits. Was bringt der Zwang?

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(Bild: seo byeong gon/Shutterstock.com)

Lesezeit: 7 Min.
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Parkplätze mit mehr als 80 Stellplätzen müssen in Frankreich künftig mindestens zur Hälfte mit Photovoltaik-Modulen überdacht werden. Eine ähnliche Photovoltaik-Pflicht gibt es bereits in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (siehe Tabelle). Sie bezieht sich allerdings auf Neubauten. In Frankreich gilt sie auch für bestehende Parkplätze. Anlagen mit bis zu 400 Stellplätzen haben für die Nachrüstung fünf Jahre Zeit, größere drei Jahre.

Land in Kraft ab ... Stellplätzen
Baden-Württemberg Januar 2022 35
Nordrhein-Westfalen Januar 2022 35
Niedersachsen Januar 2023 50
Hessen November 2022 50
Schleswig-Holstein Januar 2023 100
Rheinland-Pfalz Januar 2023 50

Nach Angaben der französischen Regierung könnten die französischen PV-Parkplätze rund 9 bis 11 Gigawatt an Leistung erzeugen, etwa so viel zehn Kernkraftwerke – und das zu einem Bruchteil des Preises. Hat Frankreich nun also eine Wunderwaffe der Stromversorgung gefunden?

Auf den ersten Blick spricht vieles für Parkplätze als PV-Standorte: Sie sind reichlich vorhanden, gut zugänglich, es müssen keine zusätzlichen Flächen versiegelt werden. Zudem bieten die PV-Module Wetter- und Sonnenschutz für Fahrzeuge und ihre Nutzer. "Würde die Hälfte aller Stellplätze mit Photovoltaik-Modulen überdacht werden, errechnet sich ein Photovoltaik-Potenzial von etwa 2,4 GW, was etwa 6 Prozent des Solarpotenzials auf Dächern in Baden-Württemberg entspricht", schreibt das Solarcluster BW in einem Faktenpapier.

Dagegen spricht vor allem ein Argument: die Kosten. Auf Parkplätzen müssen die PV-Module aufwendig aufgeständert werden; die Anlagen müssen gegen Kollision und Vandalismus gesichert werden; will man kein zusätzliches Blechdach montieren, benötigt man spezielle Module, die für die Überkopf-Montage zugelassen sind. In den deutschen Ländergesetzen gilt die Solarpflicht deshalb meist nur bei "wirtschaftlicher Zumutbarkeit".

Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist, was mit dem erzeugten Strom geschieht. Im Rahmen des EEG bekommen Parkplatz-PV-Anlagen bis 100 kW (das entspricht etwa 40 bis 50 Stellplätzen) einen festen Vergütungssatz von 6,6 Cent pro Kilowattstunde. Zwischen 100 und 1000 kW wird der Verkaufserlös über das Marktprämienmodell auf 7 Cent aufgestockt.

Tatsächlich können Solarparkplätze aber auch weit in den Megawatt-Bereich reichen. Im sächsischen Rackwitz etwa eröffnete ein Automobil-Logistiker Ende vergangenen Jahres eine Anlage mit 5,7 MW. Später soll sie auf 16 MW (6000 Stellplätze auf 14 Hektar) ausgeweitet werden. Weitere große PV-Parkplätze gibt es etwa in Ahrensburg (560 kW), Hilden (440 kW) und Schwabach (340 kW).

Wollen Betreiber solch großer Anlagen eine Einspeisevergütung, müssen sie sich an einer Auktion beteiligen – und dort mit den günstigeren Freiflächenanlagen konkurrieren. Doch selbst für solche Anlagen sind die festgelegten Höchstgebote oft bereits zu niedrig, denn die Ausschreibungen sind regelmäßig unterzeichnet. Der Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) fordert deshalb "ein eigenes Ausschreibungssegment für Parkplatz-PV zusammen mit Agri-PV-Anlagen".

Attraktiver scheint da der Eigenverbrauch des erzeugten Stroms zu sein. Bei lokalen Solaranlagen ist er von der Stromsteuer befreit. Deshalb bietet er sich beispielsweise bei Supermarktparkplätzen an, idealerweise in Kombination mit Ladesäulen. Indirekt könnte eine PV-Pflicht für Parkplätze also auch mehr Lademöglichkeiten schaffen. Doch trotzdem stellt sich die Frage: Solange noch Platz auf dem Gebäude ist – warum baut man nicht erst das Dach zu, bevor man die Module auf hohe Stelzen stellt?

Selbst Freunde von PV-Parkplätzen geben zu, dass sich das Ganze nur dann lohnt, wenn man auch den Nutzen durch die Überdachung mit einberechnet. Meist würden die Zusatzkosten für Überdachung und Tragwerk "der PV-Anlage zugeordnet und nicht der zusätzlichen Funktion der Überdachung", heißt es in dem Paper des Solarcluster. Somit falle die Wirtschaftlichkeit meist geringer aus als bei sonstigen Photovoltaikanlagen. "Zielführender ist der Vergleich der Kosten einer Parkplatzüberdachung mit und ohne Photovoltaik."

Dies ist allerdings eine kipplige Argumentation. Denn sie unterstellt, dass die Vorteile einer Parkplatzüberdachung groß genug sind, dass sie sich auch ohne Photovoltaik lohnen würde. Wenn das so wäre, müssten wir in den Städten allerdings mehr überdachte Parkplätze sehen.