Abgasnorm Euro 7: EU kommt Autoherstellern weit entgegen

Der Verbrenner hat vorerst weiterhin eine Chance: Die Abgas-Grenzwerte werden kaum verändert. Der ursprüngliche Entwurf der EU-Kommission wurde abgeschwächt.

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(Bild: heise online / fpi)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Die Rahmendaten für die Abgasnorm Euro 7 stehen fest. Im Trilog aus Europäischen Parlament, Europäischen Rat und EU-Kommission ist eine Einigung erzielt worden; die Verabschiedung bis zur Jahresmitte ist Formsache. Bevor die Neuzulassung von Fahrzeugen mit lokalen CO₂-Emissionen aus fossilen Quellen ab 1. Januar 2035 verboten wird, gilt die Abgasnorm Euro 7.

Der Gesetzgeber in Brüssel musste abwägen, ob die Auflagen gering sind, um viel Geld für Investitionen in Elektroautos übrigzulassen. Oder ob nochmals eine deutliche Verschärfung für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor vorgeschrieben wird – schließlich fahren neue Autos locker 15 Jahre und mehr auf den Straßen. Die EU hat sich für eine äußerst milde Variante entschieden.

Elektroautos wie der für 2025 erwartete Renault R4 unterliegen mit Einführung der Abgasnorm Euro 7 neuen Auflagen. Dazu zählt unter anderem die Dauerhaltbarkeit der Traktionsbatterie. Sie muss nach acht Jahren oder 160.000 km mindestens 72 Prozent ihres ursprünglichen Energiegehaltes bieten.

(Bild: Renault)

Die Abgasnorm Euro 7 gilt für neue Typprüfungen 2,5 Jahre und für Neuzulassungen 3,5 Jahre nach Inkrafttreten. Wenn der Stichtag zum Beispiel der 1. Juli ist, wäre Euro 7 in der Homologation ab 1. Januar 2027 und für die Erstzulassung ab 1. Januar 2028 gültig. Das Ergebnis des Trilogs ist in diesem Punkt an die Lebenswirklichkeit der Zulassungsprozesse angepasst. Es gibt eine vernünftige Übergangsfrist zwischen der Abgasnorm Euro 6e, die für alle ab 1. September 2024 neu zugelassenen Pkw gilt, und Euro 7.

In anderen Aspekten fällt der Trilog dagegen hinter den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission deutlich zurück. Die geforderten Fortschritte sind marginal. So sollten die Grenzwerte für Stickoxide von Benzin- und Dieselmotoren ursprünglich auf 60 mg/km angeglichen werden. Es bleibt aber beim Dieselnachlass mit dem Grenzwert 80 mg/km.

Bedenkt man, dass sich der Verkauf Dieselmotoren in die weniger preissensiblen Preisregionen – also nach oben – verschoben hat, wäre die Senkung um ein Viertel auf 60 mg/km sicher umsetzbar gewesen. Gestrichen wurden auch die Verschärfungen bei der Durchführung der Abgasmessung im öffentlichen Straßenverkehr unter dem Kürzel RDE für Real Driving Emissions. Die EU-Kommission hatte im Entwurf zum Beispiel eine Verkürzung der Kaltstartphase vorgeschlagen.

Für Pkw mit Verbrennungsmotor wie diesen Dacia Duster gibt es nur marginale Verschärfungen. So wird die erlaubte Abweichung ("Conformity Factor") der realen Emissionen (RDE) von den Labormesswerten abgeschafft.

(Bild: Dacia)

Immerhin sinkt bei RDE der sogenannte Conformity Factor (CF) auf eins. Mit dem CF ist die erlaubte Abweichung der Messwerte im RDE von den Laborgrenzwerten gemeint. Für die Abgasnorm Euro 6e beträgt der CF 1,1 für Stickoxide – entsprechend einer zehnprozentigen Überschreitung im realen Straßenverkehr – und 1,34 bei den Partikelemissionen (abgekürzt PN für Particle Number), also etwa einem Drittel. Mit der Abgasnorm Euro 7 ist diese Toleranz aufgehoben.

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Durch präzisere Messverfahren kommt es immerhin zu einer indirekten Absenkung der PN-Grenzwerte: Die Geräte, die bisher nur Partikel ab 23 Nanometer erfasst haben, funktionieren nun ab 10 Nanometer. Das führt automatisch zu einer Erhöhung des Messwerts und der Notwendigkeit, bessere Filter zu implementieren. Der Kostendruck, der durch die Abgasnorm Euro 7 auf die Autoindustrie ausgeübt ist, wird also sehr gering sein. Ob und zu welcher Beschleunigung das beim Hochlauf von Elektroautos führt, ist offen.

Eine ursprünglich geplante Senkung der Stickoxidgrenzwerte für Diesel-Pkw von 80 auf 60 mg / km wurde dagegen nicht übernommen. Das hätte einer Angleichung an die Limits beim Ottomotor entsprochen.

(Bild: VW)

Elektroautos haben mit der Einführung der Abgasnorm Euro 7 erstmals Grenzwerte, die sie einhalten müssen. Der Bremsabrieb wird auf 3 mg/km begrenzt, während es für Nicht-Elektroautos 7 mg/km sein werden. Wegen der systembedingten Bremsenergierückgewinnung und des daraus resultierenden geringen Abriebs ist das dem Vernehmen nach aber kein Problem. Neu eingeführt werden auch Vorgaben für den Reifenabrieb; hier fehlen bisher aber genaue Definitionen und Grenzwerte. Pkw mit Verbrennungsmotoren müssen eine längere Funktion der Abgasnachbehandlung nachweisen - In-Service-Conformity gilt dann acht statt fünf Jahre und 160.000 statt 100.000 km.

Elektroautos müssen die Dauerhaltbarkeit der Traktionsbatterien zeigen. Der State Of Health (SOH) muss nach fünf Jahren und 100.000 km noch mindestens 80 Prozent und nach acht Jahren und 160.000 km mindestens 72 Prozent betragen. "Auch wenn die Dauerhaltbarkeitsanforderungen weniger ambitioniert sind als in anderen Weltregionen wie den USA, ist die Einführung dieser Vorgaben ein wichtiger Schritt, um das Verbrauchervertrauen insbesondere in gebrauchte Elektroautos zu erhöhen", sagt dazu Dr. Jan Dornoff vom International Council on Clean Transportation (ICCT). Dornoff weist auch darauf hin, dass beim Review der Regulierung Ende 2027 eine Verschärfung dieser Standards vorstellbar ist.

Unabhängig von der Abgasnorm Euro 7 erzwingen die EU-Flottengrenzwerte das faktische Aus des Verbrennungsmotors ab 2035. Über dieses Ziel wird aber 2026 eine Zwischenberatung durchgeführt. Das im Juni neu zu wählende Europäische Parlament könnte eine Aufweichung beschließen.

(Bild: Citroën)

Die Europäische Union ist der Autoindustrie mit der Abgasnorm Euro 7 weit entgegengekommen. Es wird keinen Protest der Interessenvertreter geben. Der Gedanke dahinter ist, finanzielle Mittel für die Entwicklung und den Hochlauf von Elektroautos freizugeben. Die faktische Erzwingung von Elektroautos ab dem Erstzulassungsdatum 2035 ist allerdings kein Naturgesetz: Im Juni finden Europawahlen statt. Das neu zusammengesetzte Parlament entscheidet 2026 beim Review der CO₂-Flottengrenzwerte, ob wie geplant weiter verfahren werden soll, oder ob es eine Aufweichung des Ziels gibt.

(mfz)