Überall Verzögerungen bei der 90-Nanometer-Chipfertigung

Offenbar gelingt der Halbleiter-Branche der Umstieg auf Fertigungsverfahren für feinere 90-Nanometer-Strukturen weit schlechter als geplant.

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Offenbar gelingt der Halbleiter-Branche der Umstieg auf Fertigungsverfahren für feinere 90-Nanometer-Strukturen weit schlechter als geplant. Nachdem Intel wichtige Produkteinführungen mehrfach verschieben musste, ist nun auch IBM betroffen.

Schon vor zwei Jahren stellte der ehemalige Intel-Manager (und heute Applied-Materials-Chef) Mike Splinter auf der CeBIT SRAM-Zellen mit 90-Nanometer-Strukturen vor. Ein halbes Jahr später kündigte Intel den Erfolg des P1262-Fertigungsprozess an und versprach nicht nur den 90-Nanometer-Pentium-4-Kern "Prescott" für das Jahr 2003, sondern auch noch den Xeon-Kern "Nocona" und den Nachfolger des Mobilprozessors Pentium M (Dothan). Doch schon der Prescott erschien 2003 nur als Revenue launch in homöopathischen Stückzahlen, seine schnellsten Boxed-Versionen mit 3,2 und 3,4 GHz sind trotz anderslautender Beteuerungen von Intel auch bisher im Einzelhandel selten zu bekommen. Den Dothan-Starttermin verschob Intel schon zweimal, der Nocona wird nun im Laufe dieses Halbjahres erwartet.

Nach Angaben von CNet News.com bedauerte Intel-Chef Otellini die Verspätungen beim Dothan schon im Januar öffentlich. AMD verwies bereits im November 2003 anlässlich eigener Korrekturen am 90-Nanometer-Fahrplan maliziös auf Intels Schwierigkeiten. Doch die Schadenfreude könnte sich schnell legen, denn schließlich arbeitet AMD bei der Chipfertigung und -entwicklung mittlerweile eng mit IBM zusammen. Und dort knirscht es ebenfalls kräftig in der 90-Nanometer-Chip-Produktion. Laut News.com  ist beispielsweise Apple sehr unzufrieden mit der Menge gelieferter 90-nm-PowerPC-970-Prozessoren für den neuen Xserve G5. Apples US-Webshop nennt zurzeit Lieferzeiten von fünf bis sieben Wochen für diese Server-Typen.

Angeblich sollen die 90-Nanometer-Verzögerungen am IBM-Standort East Fishkill bereits zu Einbußen von rund 150 Millionen US-Dollar geführt haben. Doch die Chip-Hersteller reden selbstverständlich nur ungern über ihre Schwierigkeiten, deshalb lässt sich kaum herausbekommen, welche genauen Ursachen die Probleme haben und wie lange die Verzögerungen noch anhalten könnten. Das Jahr 2004 hat jetzt noch rund acht Monate, in denen sowohl AMD als auch Transmeta und VIA 90-Nanometer-Prozessoren vorstellen wollen. Doch es geht nicht nur um Prozessoren, sondern unter anderem auch um DSPs (etwa von Texas Instruments), Flash-Chips (von Intel und Samsung), Netzwerkprozessoren, FPGAs (von Xilinx) oder Netzwerk-Adapterchips. Wenn sich die Probleme fortsetzen bei gleichzeitig steigender Nachfrage, könnte das erhebliche Preissteigerungen und Lieferverzögerungen nach sich ziehen. Und schon im nächsten Jahr steht die 65-Nanometer-Technik vor der Tür, etwa für den Cell-Chip von IBM, Sony und Toshiba für die PlayStation 3. (ciw)