Ab 2019: Abgasnormen für Schiffe

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An manchen Tagen passieren Köln bis zu 400 Schiffe. Im Jahr sind es etwa 30.000 Schiffsbewegungen. Das ist im Vergleich zum Autoverkehr zwar eine kleine Zahl an Fahrzeugen, doch ziehen die Binnenschiffe gewaltige Abgasfahnen hinter sich her, die meist völlig ungereinigt sind. Viele Motoren in den Frachtkähnen sind mehr als 30 Jahre alt. Insbesondere auf den Kanälen wird noch mit betagten Dieselmotoren mit konstanten Drehzahlen um die 500/min gearbeitet, die sehr langlebig sind.

Luftverschmutzung im gesamten Stadtgebiet

Betroffen sind laut dem für Luftreinhaltung in Nordrhein-Westfalen zuständigen Ingenieur Andreas Brandt alle Städte, die entlang viel befahrener Wasserstraßen liegen. In NRW sind das vor allem Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg. Dort addieren sich die Schadstoffe aus den großen Dieselmotoren der Schiffe zu der restlichen Luftbelastung - und das nicht nur in Ufernähe, sondern im ganzen Stadtgebiet. In diesen Städten haben Schiffe demnach einen Anteil von einem Siebtel an der Belastung mit Luftschadstoffen des gesamten Verkehrs. Die vierspurige Corneliusstraße in Düsseldorf ist ein bekannter Belastungsschwerpunkt mit einer hohen Stickstoffdioxidbelastung, eigentlich vom Straßenverkehr. Von hier sind es 1,5 Kilometer Luftlinie bis zum Landtag am Rhein. Brandt hat bei den Auswertungen der regelmäßigen Luftschadstoffmessungen überraschendes ermittelt: „Dort haben wir eine Belastung vom Rhein, der nicht gerade in der Nähe ist, von etwa 5 %.“ Erfasst wird das durch Klimamodelle und Messwerte. Der Straßenverkehr trägt hier sechsmal so viel zur Gesamtbelastung bei.

Diese Berechnung deckt sich mit Ergebnissen des für das Bundesumweltamt entwickelten Computermodells Transport Emission Model (TREMOD) des Instituts für Energie- und Umweltforschung, kurz IFEU. Demnach hat die Binnenschifffahrt im Vergleich der Verkehrsträger einen überproportionalen Anteil an den Luftschadstoffen: mit 5 % der Stickoxide (NOx) und 3 % der Partikelemissionen. Nach der Auswertung des IFEU kommen auf 316 Milligramm Stickoxid pro Tonnenkilometer beim Lastwagen beim Frachtschiff 418 Milligramm - also ein Drittel mehr.

Die meisten bis jetzt ohne Nachbehandlung

Von den 4500 Binnenschiffen in Deutschland ist bislang kaum eines mit einer Abgasnachbehandlung auf dem Stand der Technik ausgerüstet. Jährlich werden nach Schätzungen der Branche in Europa nur etwa 150 bis 200 Motoren ausgetauscht oder in neue Schiffe eingebaut. Für die Hersteller ist dies kein attraktiver Markt, um dort Innovationen zu entwickeln. Zumeist werden deshalb auch marinisierte (also für die Schifffahrt umgerüstete) LKW-Dieselmotoren eingebaut. Sie erhalten eine geänderte Wasserkühlung und eine angepasste Stromversorgung. In der Regel erfüllen moderne Motoren mit Common-Rail-Einspritzung die zur Zeit vergleichsweise geringen Anforderungen an die Luftreinhaltung auch ohne eine Nachbehandlung, wie sie im Straßenverkehr längst üblich ist.

Das Land NRW hat auf dem 33-Meter Laborschiff „Max Prüss“ gezeigt, was schon heute möglich ist. Das 18 Jahre alte Schiff wird zur Wasserprobenentnahme eingesetzt. Im vergangenen Jahr wurde an den beiden je 250 kW (340 PS) starken Dieselmotoren von MAN eine zweistufige Abgasreinigungsanlage nachgerüstet. Stickoxide werden um 77 % reduziert, Ruß und auch Feinstaubpartikel werden fast vollständig gefiltert und Kohlenwasserstoffe und Kohlenmonoxid bis nahe der Nachweisgrenze vermindert, so das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV).