E10-Chaos: Schuld sind immer die anderen

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Alte Vorbehalte

Doch so einfach ist das vielleicht nicht: Noch vor drei Jahren konnte man nachlesen, dass E10 für Motoren nicht unproblematisch ist, so etwa in dem Fachbuch "Ottomotor mit Direkteinspritzung", das in seiner Erstauflage 2007 im Vieweg-Verlag erschienen ist. Dort heißt es: "An einer Erweiterung bis max. 10 Vol-% (E10) wird gearbeitet. Hierzu gibt es jedoch Vorbehalte der Automobilindustrie, da mit einem höheren Ethanolgehalt erhebliche Probleme mit Aluminiumbauteilen, u.a. Korrosion an Kraftstoffpumpen von Ottomotoren mit Direkteinspritzung auftreten können." Und: "Die Einführung von Bioethanol als Kraftstoffkomponente ist mit technischen Hürden verbunden, die insbesondere auf das Verhalten mit Wasser und auf die so genannte Dampfdruckanomalie zurückzuführen ist."

Beim ADAC sieht man das anders: Wer für sein Auto oder Motorrad eine Herstellerfreigabe für den E10-Betrieb hat, brauche nicht zu befürchten, dass der neue Kraftstoff den Schmierstoff schneller verwässert als das bisher genutzt Benzin, sagte ADAC-Technikexpertin Andrea Gärtner in Landsberg/Lech. Folglich müsse das Öl auch nicht in kürzeren Abständen ausgetauscht werden. Ein Wissenschaftler des Instituts für Verbrennungsmotoren und Kraftfahrwesen an der Universität Stuttgart hatte zuvor entsprechende Bedenken geäußert. Neben dem ADAC dementierten auch mehrere Fahrzeughersteller, dass sich im E10-Betrieb die Ölwechselintervalle verkürzen könnten. Bei Verbrennungsmotoren könne es zwar generell zu einer Ölverdünnung kommen. "Das hat aber nichts mit E10 zu tun", betonte Gärtner.

Ratschläge sind billig

Bemerkenswert ist auch, wie nun alle beteiligten Parteien mit guten Ratschlägen an die anderen aufwarten. So fordert der ADAC eine zentrale Information für Autofahrer über das Kraftfahrzeug-Bundesamt in Flensburg. "Wir brauchen tatsächlich eine zentrale Anschreibaktion über das Kraftfahrt-Bundesamt", sagte der Leiter des ADAC-Technikzentrums, Reinhard Kolke, am Montag im ZDF-Morgenmagazin. Zudem kritisiert Kolke die Mineralölindustrie, kaum oder keinen Alternativkraftstoff für Autofahrer bereitgehalten zu haben. "Das heißt, der Verbraucher konnte, wenn er verunsichert war, eigentlich nur auf Super Plus umsteigen." Nun werde gejammert und geklagt, dass die Lager für Super Plus leer wären, sagte Kolke. Er forderte die Mineralölwirtschaft auf, eine Bestandsschutzsorte in der Qualität Super für die Autofahrer bereitzuhalten.

Die anderen sind schuld

Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, warf der Wirtschaft gravierende Versäumnisse vor. "Es kann nicht sein, dass die Autofahrer jetzt am Ende die Rechnung dafür bezahlen sollen, dass sich einzelne Konzerne aus der Verantwortung stehlen", sagte Aigner der Rheinischen Post. Die Einführung von E10 dürfe nicht dazu genutzt werden, Spritpreise in die Höhe zu treiben.