Genf 1970: Debüt des Mercedes C-111 II

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Flügeltürer von 1954 als Vorbild

Anders als beim ersten Pkw-Diesel kann die damalige Daimler-Benz AG also keine Vorreiterrolle mehr beanspruchen, wenn es um Serien-Pkw mit Wankelmotor geht, als das Projekt "C 111" im Dezember 1967 aus der Taufe gehoben wird. Und wenn die schwäbischen Ingenieure schon nicht die ersten sind, wollen sie wenigstens die besten sein: Im Lastenheft steht nicht weniger als ein vollwertiger Supersportwagen entwickelt, der das Zeug dazu hätte, die vom legendären 300 SL der Baureihe W 198 von 1954 mit Flügeltüren und Benzin-Direkteinspritzung hinterlassene Lücke zu füllen. Mehrere Details des gerade einmal 1,12 Meter flachen Sportcoupés verweisen auf die Sportwagen-Tradition von Mercedes, allem voran die an den Gullwing erinnernden Flügeltüren. Im Gegensatz zum 300 SL mit seinem Gitterrohrrahmen mit Stahl- und Aluminiumhaut hat der C 111 allerdings eine Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff, die mit der stählernen Bodengruppe verklebt ist.

Anzahlungen und Blankoschecks

Drei Jahre nach dem Start der Entwicklung registriert Mercedes in Genf begeisterte Reaktionen der Besucher auf dem Automobilsalon. Ungeachtet dessen, dass das Stuttgarter Unternehmen gar keinen möglichen Preis für den neuen Flügeltürer nennt, gehen die Bestellungen ein – teilweise schon mit Anzahlung oder Blankoscheck.

Geplatzter Traum von einer Serienproduktion

Zu einer Serienproduktion entschließt sich Mercedes-Benz dennoch nicht: "Der Wankel-Motor hatte noch nicht die Reife erreicht, dass man ihn hätte nach unseren Maßstäben in Kundenhand geben können", erinnert sich im Jahr 2000 rückblickend Dr. Hans Liebold, verantwortlich für die Entwicklung des C 111 von der ersten Wankel-Studie bis hin zu den späteren Rekordfahrzeugen mit Hubkolbenmotoren. Außerdem sprechen die strenger werdenden Abgasvorschriften in den USA gegen den Einsatz des Drehkolbenmotors, auch wenn der laut zeitgenössichen Tests mit 20 Liter auf 100 Kilometer einen zu dieser Zeit klassenüblichen Verbrauch hat. Dies erklärt freilich nicht, warum die Stuttgarter ihrer Weißherbst-Flunder keinen potenten Benziner mit sechs oder gar acht Zylindern einpflanzen, wie sie Mercedes für die damalige S-Klasse oder den 1971 vorgestellten Roadster-Longseller R 107 längst produziert. Spätestens die Ölkrise mit ihren Fahrverboten an Sonntagen beendet 1973 endgültig alle hoffnungsvollen Spekulationen über die Markteinführung des C 111. Erst vier Jahrzehnte nach seinem strahlenden Auftritt in Genf wird mit dem SLS AMG wieder ein Mercedes-Flügeltürer in Serie gehen.