Plug and Drive

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Heinecke bestätigt, „dass die Anzahl der Steuergeräte zu halbieren allein kein Ziel sein kann, denn das oberste Ziel sind immer noch – leider, muss ich hinzufügen – möglichst geringe Kosten.“ Dennoch arbeiten im 5er oder 3er BMW bereits höher integrierte und vergleichsweise weniger Mikroprozessoren. Am Ende sollte auch mehr Bewegung in den gesamten Markt kommen, weil der Wechsel zwischen den Geschäftspartnern wesentlich einfacher wird.

Bis zur vollen Implementierung von Autosar würde es schon helfen, sich auf einen einheitlichen Stecker-Standard zu verständigen, die nach wie vor häufigste Ursache für Elektrik-Defekte.

Mehr Arbeit im Vorfeld

„Gemeinsame Schnittstellen lösen den statischen Teil des Problems, nicht den dynamischen“, sagt Markus Hardt vom Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik (ISST), das ebenfalls im Autosar-Konsortium vertreten ist und in diesem Rahmen an der modellbasierten Software-Entwicklung für automobile Anwendungen arbeitet. Ziel ist, die Eigendynamik eines Systems schon im Vorhinein darstellen, simulieren und überprüfen zu können, und nicht erst im Nachhinein durch aufwendige Testprozeduren Fehler herauszufiltern. „Wir brauchen mehr Up-Front-Development“, sagt Helmut Fennel, Leiter der Software- und Regeltechnik bei Continental. Oder anders formuliert: Um sich die mühsame Nacharbeit zu ersparen, soll mehr Leistung in die Vorarbeit fließen. Die Herausforderung ist, komplexe Funktionen in ein abstraktes Modell zu gießen, sowohl die einzelnen Software-Komponenten als auch das Gesamtsystem, Funktion und Integration am Rechner zu simulieren, noch bevor die erste Zeile Code geschrieben wurde.

Neue Tools für Entwurf und Simulation

Nach wie vor wird Software für das Auto häufig mit der Hand geschrieben, um Speicherplatz zu sparen, „wir stehen aber an der Schwelle zu Autocode-Generierung, die teilweise schon realisiert wird“, so Fennel. Klar ist auch, dass die Simulation so validiert werden sollte, dass sie der Wirklichkeit entspricht, eine Aufgabe, die der Zulieferer nicht allein erledigen kann. „Dafür brauchen wir von den Herstellern die entsprechenden Daten und Simulationsmodelle.“ Erst recht, wenn es immer weniger Sinn hat, die einzelne Komponente allein zu testen, weil alle Komponenten zusammenspielen und zusammenwachsen. Binnen drei Jahren würden sich die neuen Tools für Entwurf, Simulation und Codegenerierung durchgesetzt haben.

Modernes ABS-System mit Mikroprozessor

Sagt jener Mann, der diese Entwicklung wesentlich mit prägte: Helmut Fennel hat 1984 – mit einem Intel 8051 – das erste Mikroprozessor-basierte ABS-System und damit eine der ersten komplexeren Anwendungen dieser Art im Auto realisiert, zuerst im Lincoln Continental, kurz darauf im Ford Scorpio. (Um möglichen Leserbriefen zuvorzukommen: Das erste ABS von 1978, entwickelt von Bosch, eingesetzt bei Mercedes, war eine maßgeschneiderte elektronische Schaltung, aber kein frei programmierbarer Chip.) Die Zahl seiner Mitarbeiter – heute rund 600 – hat sich in dieser Zeit ungefähr um den gleichen Faktor erhöht wie der Speicherbedarf der Bremsen: um das 250fache, von 4 KByte auf 1 MByte. Neben den Standards wie ABS, ASR und ESP hilft ein modernes Bremssystem beim Anfahren am Berg, trocknet die Scheibe bei Regen, erhöht vorsorglich den Bremsdruck, wenn man das Gaspedal unüblich schnell löst, beherrscht das sanfte, ruckfreie Ausrollen, um nur ein paar von der Software verwaltete Features zu nennen. Eine entsprechende Schnittstelle erlaubt der ESP-Regelung außerdem, sanft in das Lenkrad zu greifen.

Trend zur totalen Vernetzung

Die erste Vernetzung der Bremse fand Ende der Achtziger statt, als mit der Antriebsschlupfregelung ein Link zur Motorsteuerung gelegt wurde. Fünfzehn Jahre später wird die totale Vernetzung vorbereitet. Fennel sieht drei große Trends: „Erstens die umfassende Fahrwerksregelung, bei der Bremse, Federung und Lenkung zentral gesteuert werden. Zweitens die Vernetzung und Integration von aktiver und passiver Sicherheit zu einem Gesamtsystem und drittens ein wesentlich komplexeres Längsdynamikmanagement, das die Steuerung und Verteilung der Brems- und Antriebsmomente übernimmt, unverzichtbar etwa für die Anforderungen des modernen Hybridantriebs.“