Plug and Drive

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Der Austausch soll über Ad-hoc-Netze auf Basis von Wireless-LAN-Technologie erfolgen. Ihr Auto wird nicht nur wie heute schon besser bremsen, lenken und schalten, sondern auch die Verkehrslage besser einschätzen können als Sie selbst. Einmal mit allen Sensoren und Aktuatoren ausgestattet – und eine neue S-Klasse ist davon nicht mehr weit entfernt –, erledigt den Rest des Fahrens die Software des Autos.

Datenzugriff von Außen

Das Braunschweiger Software-Unternehmen Nordsys arbeitet bereits an einer Programmschnittstelle namens Vehicle Application Programm Interface, die den drahtlosen Zugriff auf die Steuergeräte eines Autos von außen und unabhängig vom jeweiligen Busprotokoll möglich machen soll. Eine Entwicklung, die für den Einsatz in Mähdreschern dem Serieneinsatz schon ziemlich nahe ist, dort genutzt wird, um – abhängig von äußeren Bedingungen wie Luftfeuchtigkeit oder Bodenbeschaffenheit – die Maschine so einzustellen, dass sie den besten Ernteertrag abwirft. „Das Prinzip ist auf Pkws ebenso übertragbar“, sagt Firmenchef Manfred Miller, „etwa für die Car-to-car-Kommunikation. Wir sind gerade dabei, eine Glatteiswarnung für nachfolgende Fahrzeuge zu entwickeln.“

Telematik-Dienstleistungen

Nichts ist unmöglich, die entsprechende Software vorausgesetzt. Etwa das Schließen des Verdecks vom PDA aus, wenn es überraschend zu regnen beginnt. Oder Car-to-service-Dienste, die über eine Telematik-Box Defekte automatisch an die Werkstatt funken. Oder umgekehrt: Sofern es sich um einen Softwarefehler handelt, könnten sich die Hersteller in Zukunft den einen oder anderen teuren Rückruf ersparen. Oder weniger technisch: Avia, Englands größte und weltweit sechstgrößte Versicherungsgesellschaft, bietet seit 2004 Realtime-Autoversicherungen an: Die Höhe der Prämie errechnet sich aus der Anzahl der gefahrenen und per Telematik an die Versicherung übermittelten Kilometer, interessant für Menschen, die zwar ein Auto brauchen, aber wenig fahren und wenig empfindlich sind, was Privatsphäre und Datenschutz betrifft.

Prämien nach Fahrstil

„Dieses Businesskonzept kann man ausbauen“, sagt Heinz Hubert Weusthof, Bereichsleiter für On-demand-Technologien bei IBM, einen Schritt weiter „zum Beispiel durch die Einbeziehung des Fahrstils in die Prämienberechnung“. M5-Fahrer also, die sich vorwiegend im P500 Sport/S6/ESP aus/Sport-Modus bewegen, könnten in Zukunft nicht nur an der Tankstelle etwas mehr bezahlen. Natürlich müsse man kulturelle Unterschiede beachten, so Weusthof, der selbst kein Problem hätte, der Versicherung ein lückenloses persönliches Fahrtenbuch zu liefern, aber bei deutschen Kunden solchen Modellen gegenüber doch größere Skepsis vermutet.

Angriffsziel Auto

Die Sicherheit der Software gegen Virenbefall, Missbrauch und Manipulation entwickelt sich zur neuen und entscheidenden Qualität. Als seinerzeit das Gerücht auftauchte, Lexus-Modelle könnten über ihre Bluetooth-Schnittstelle mit einem Virus befallen werden, schien bewiesen, dass die vom Heim-PC bekannten Probleme nun auch das Auto erreichen. Was zwar grundsätzlich stimmen mag, im konkreten Fall allerdings nicht mehr als ein später widerlegtes Gerücht blieb. Später wurde Audis Bluetooth-Schnittstelle für die Freisprechanlage geknackt: Martin Herfurt, Autor des Programms CarWhisperer und Gründer der Bluetooth-Forschungsgruppe trifinite.org, konnte sich von außen in die Freisprechanlage einklinken, mithören und mitreden. Die Sicherheitslücke ist simpel zu schließen, durch Veränderung des Standard-Zugangscodes, zeigt aber, dass mit jeder Schnittstelle nach außen – ob Bluetooth, UMTS, Diagnose-Interface oder WLAN – die Gefahr steigt, Opfer eines Angriffs zu sein.

Schutz vor Viren und Hacker

Heute darf man sich im Auto sicher fühlen, weil die meisten Steuergeräte keine Verbindung nach außen haben, von eigenständigen Betriebssystemen verwaltet werden. Noch das schwächste Glied ist das Navigationssystem, das einem herkömmlichen Rechner am stärksten gleicht und mit Standard-Betriebssystemen betrieben wird. Von dort erreicht man aber keine sicherheitsrelevanten Bereiche. „Spannend wird es in fünf Jahren“, sagt André Weimerskirch, Leiter der Entwicklung bei Escrypt, einem Unternehmen, das sich auf die Sicherheit von Embedded Systems spezialisiert hat. „Sobald man Autos externe Kommunikation erlaubt, braucht man Zugangskontrollen, muss die Anonymität der gesendeten Daten oder der Schutz digitaler Inhalte gewährleistet sein.“ Firewalls, Verschlüsselung, Authentifizierung, Digital Rights Management werden zur Standardausrüstung zukünftiger Software im Auto gehören. Abgesehen von den etwas verschärften Bedingungen im automobilen Umfeld, was etwa die Robustheit und Haltbarkeit einer Firewall betrifft, sei dies „technisch nicht so schwierig“, sagt Weimerskirch. Der Experte baut auf die Vorsicht und den Weitblick der Automobilhersteller: „Die lebensbedrohlichen Horrorszenarien werden nicht eintreten“, prophezeit Weimerskirch, „weil die Autohersteller die Gefahr sehen und traditionell sehr vorsichtig sind.“ (Markus Honsig, 09/05) (imp)