50 Jahre AMD: Der Underdog, der richtig beißen kann

Seite 5: P-Rating

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Dass der Trick mit der Taktfrequenz alleine nicht mehr reichte, zeigte das "P-Rating". Ein 5x86-P75 wies auf Vergleichbarkeit mit einem 75 MHz schnellen Pentium hin, lief aber mit realen 133 MHz und erschien Ende 1995. Vom höheren Takt hatten vor allem Integer-lastige Programme etwas, die viel schnellere FPU der Pentiums wurde aber immer öfter genutzt. Die Multimedia-Erweiterungen MMX fehlten bei AMD noch völlig. Aber: Die 5x86 passten in viele 486-Mainboards, wobei aber manchmal ein Adaptersockel für die geänderte Spannungsversorgung nötig war. Die CPUs waren also für viele Nutzer ein attraktiver Upgrade-Pfad, um die einst teuren 486-PCs länger zu nutzen.

Die Durststrecke für AMD sollte aber erst beginnen, denn der 1996 vorgestellte superskalare K5 enttäuschte umso mehr. Er kam erst 1996 auf den Markt, also drei Jahre nach den Pentiums, die inzwischen stark weiterentwickelt worden waren. Die FPU des K5 war immer noch zu langsam, zudem war der wohl eilig entworfene Prozessor kompliziert herzustellen und anfangs recht knapp. Das P-Rating wollte kaum noch zum Takt passen, so hatte ein K5 mit dem Aufdruck "PR150" nur 105 MHz internen Takt. Kompatibel zu den aktuellen Intel-Sockeln waren die CPUs aber immer noch, nur eben langsam und heiß - "Heatsink and Fan" stand ebenfalls auf dem Blechdeckel.

All das muss auch AMD gewusst haben, sonst hätte man nicht schon 1996 die Firma NexGen gekauft, die über Achtungserfolge mit ihren eigenen Designs für x86-CPUs nicht hinaus gekommen war. Aber die Technik war gut, also konnte man sie in nur einem Jahr zum AMD K6 machen - da dürften vorher aber schon einige Gespräche gelaufen sein. Die Pipelines des K6 arbeiteten fixer, die FPU war konkurrenzfähig und MMX war auch integriert. Später kamen noch die eigenen Erweiterungen "3DNow" hinzu. Also brauchte man nur anfangs das P-Rating, mit dem K6-2 wurde es abgeschafft.

Größter Vorteil für die Anwender war aber, dass der K6 in Pentium-Sockel passte. Intels fast zeitgleich erschienener Pentium II brauchte völlig neue Motherboards für den "Slot 1". Diese damals oft als "Kassette" verschrienen, hochkant gesteckten Plastikgehäuse waren nötig, weil sich mit der aktuellen Fertigungstechnik von 350 Nanometern der neue L2-Cache nicht sinnvoll auf dem CPU-Die integrieren ließ. Also kamen die vier SRAMs daneben, und damit das noch im ATX-Formfaktor Platz findet, musste das Prozessormodul auf einer kleinen Platine eingesteckt werden.

Noch kurz vor Intel schaffte AMD die Integration des L2-Cache, also konnte auch der K6-III weiterhin für den Pentium-Sockel erscheinen. Der hatte jedoch für manche Boards zu viel Stromdurst und der nächste große Wurf stand schon bevor, sodass er nur von 1999 bis 2000 auf dem Markt war. Zudem, so war später zu hören, war die Ausbeute in der Fertigung durch das große Die konstant zu niedrig. Das war zwar alles ärgerlich, AMD hatte jedoch mit gutem Grund Vertrauen in sein nächstes Projekt, dessen Markenname seitdem genutzt wird.

Bedingt durch die Erfolge des K6 fühlte sich Jerry Sanders um die Jahrtausendwende besonders stark. Die "Fab 30" wurde 1999 in Dresden als eine der modernsten Chipfabriken der Welt eröffnet, und neben dem Team von NexGen hatte man bereits 1996 die Entwickler des ebenfalls gescheiterten Alpha-Prozessors von DEC übernommen. Sanders wollte Intel beim Design und bei der Fertigung lange Zeit besonders starke Konkurrenz machen. Geklappt hat das aus eigenem Verschulden und wegen des Platzes der Dotcom-Blase anfangs nur teilweise.