50 Jahre AMD: Der Underdog, der richtig beißen kann

Seite 6: Die große Krise

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Wie Ende der 1960er Jahre, als sich die Großen der Chipbranche formten, herrschte Ende der 1990er Jahre Euphorie in der Technikbranche. Das Internet war für die meisten Unternehmen und viele Privatleute unverzichtbar geworden, der Absatz von PCs für zuhause boomte, und beinahe täglich gab es neue Online-Anwendungen. Begleitet wurde das von einer Spekulationsblase um bestehende und junge Unternehmen, sogar neuen Börsen gab es - Stichwort: Neuer Markt. Die Erwartungen der Investoren waren jedoch drastisch zu hoch, sodass die Kurse ab März 2000 abstürzten. In der Folge ging die Nachfrage nach PCs und Servern stark zurück, selbst viele etablierte Unternehmen entgingen nur knapp der Pleite. Mittendrin, als Lieferant einer der wichtigsten Komponenten: AMD.

Von über 40 auf knapp 14 US-Dollar stürzte der Kurs der AMD-Aktie bis Ende 2000 ab, und das, wo doch ein Jahr zuvor der Athlon alles richten sollte. Dessen Design war zumindest auf dem Papier dem dann aktuellen Pentium-III überlegen, aber AMD konnte anfangs die Taktfrequenzen nicht schnell genug steigern. Zudem lief die Fertigung mit Kupfer-Interconnects alles andere als reibungslos. Da war der Ehrgeiz etwas zu groß, um Intel mit dem neuen Material zu überholen. Zudem setzte nun auch AMD mit dem Slot A eine neue Bauform ein, was ebenso neue Chipsätze und Mainboards nötig machte. Dafür konnten aber Lizenzzahlungen an Intel vermieden werden, denn das Busprotokoll des Athlon stammte noch aus dem Alpha-Design. Alles in allem war der Athlon eine komplett neue Plattform.

Trotz der Schwierigkeiten schaffte es AMD in nicht einmal einem Jahr, die Taktfrequenzen zu verdoppeln - heute undenkbar. Im Juni 1999 erschien der Athlon 500, im März 2000 der Athlon 1000. Die Ziffern gaben nun die echte Taktung an und Intel war ziemlich sauer, dass der Konkurrent das Gigahertz-Rennen gewinnen konnte. So sauer, dass man erstmals einen Prozessor nur für die Presse baute, der nie auf den Markt kam, weil er nicht zuverlässig war: Der Pentium III mit 1133 MHz lief bei einigen Testern stabil, bei anderen nicht. Prompt wurde er eingestampft.

Mit einem bisher nicht gesehenen Werbeaufwand führte Intel Ende 2000 den Pentium 4 mit neuer Netburst-Architektur rund um eine lange und daher takthungrige Pipeline ein und fortan tobte zwischen den beiden Unternehmen eine regelrechte Schlacht.

Fast im Monatsrhythmus erschienen neue Modelle mit etwas höherem Takt von beiden Herstelleren, was dann Preissenkungen beim jeweils anderen Anbieter nach sich zog. Teilweise wurden dabei auch mal die Kosten für ein Topmodell glatt halbiert.

AMD hielt gut mit, musste aber wegen Intels hoher Frequenzen das P-Rating wieder einführen und sorgte mit dem "Athlon XP" sogar dafür, dass man sich vielleicht fragen konnte, ob nicht vielleicht dieser Prozessor besser für das dann neue Windows XP wäre - alles Marketing. Aus heutiger Sicht war das die goldene Zeit für PC-Bastler, denn Auswahl und fallende Preise waren nie mehr so groß. Bisweilen hatten beide Hersteller mehr als 30 Varianten derselben Modellreihen im Angebot, Billigprodukte wie Celeron (Intel), Duron und Sempron (AMD) nicht mitgerechnet. Das Risiko, von Preissenkungen direkt nach dem Kauf überrascht zu werden, war aber auch nie mehr so groß.