Atemberaubend: Hat Ducati noch eine Zukunft?

Seite 2: Teurer Rennsport

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Ducati erzielte 2019 einen Umsatz von 716 Millionen Euro bei einem operativen Ergebnis von 29 Millionen Euro (zum Vergleich: KTM machte 1,52 Milliarden Euro Umsatz und 132 Millionen Euro Gewinn), umso erstaunlicher, dass man sich in Bologna immer noch die teure MotoGP leistet. Nur ein einziges Mal holte Ducati bislang den MotoGP-Titel, das war 2007 mit dem Ausnahmetalent Casey Stoner im Sattel. 2020 hätte es nach drei Vize-WM-Titeln in Folge für Andrea Dovizioso auf der Ducati endlich wieder klappen können, weil der sechsfache MotoGP-Weltmeister Marc Marquez verletzungsbedingt schon früh in der Saison aufgeben musste.

Ein erneuter MotoGP-Titel hätte dem Verkauf der Ducati-Serienmotorräder wieder einen deutlichen Schub gegeben können. Doch stattdessen entbrannte hinter den Kulissen Streit zwischen Dovizioso und Ducati Corse-Teamchef Gigi Dall’Igna über das unwillige Kurvenverhalten der Werks-Ducati Desmosedici. Die technische Entwicklung ging nicht in die Richtung, die Dovizioso gerne wollte und Dall’Igna verlangte, dass der Fahrer sich dem Bike anzupassen hätte. Das Problem war altbekannt, selbst Superstar Valentino Rossi und Jorge Lorenzo hatten sich schon an der Fahrbarkeit des Biests aus Bologna die Zähne ausgebissen. Entsprechend schwer tat sich Dovizioso 2020 auf der Rennstrecke, holte nur einen einzigen Sieg, wurde Gesamtvierter und kündigte nach acht Jahren bei Ducati. Die große Chance auf einen erneuten MotoGP-Titel war vertan.

Wie viel Geld Ducati jedes Jahr für den Rennsport ausgibt, ist ein gut gehütetes Geheimnis, aber der für seine direkte Art bekannte KTM-Boss Stefan Pierer erzählte freimütig, dass sein MotoGP-Budget rund 30 Millionen Euro pro Jahr betragen würde. Von dem Betrag dürfte Ducati vermutlich nicht weit entfernt sein. Natürlich kommt ein Teil der Summe über Sponsorengelder wieder rein und von der Dorna gibt es ebenfalls Geld, aber die Frage ist, wie sehr der ausbleibende Erfolg bei Ducati inzwischen Sponsoren abschreckt. Auch in der deutlich günstigeren Superbike-WM sieht es nicht besser aus: Ducati dominierte in den 1990er Jahren bis in die 2000er hinein und sammelte 14 Fahrertitel, doch der letzte Titel liegt jetzt bereits zehn Jahre zurück.

Was wird aus Ducati - Teil zwei (7 Bilder)

Der V4 aus der Panigale fand auch seinen Platz in der Streetfighter V4, sinnvoller als in der Multistrada. Die Streetfighter besticht durch aggressives Styling und die gewaltige Power von 208 PS. Doch auch sie ist wie die meisten Ducatis teuer: ab 19.990 Euro aufwärts.

Selbst die bärenstarke Panigale V4 R konnte nichts gegen Johnny Rea ausrichten, der 2020 zum sechsten Mal in Folge die WM auf Kawasaki gewann. Es gab Zeiten, da hatte Ducati so gut wie kein Geld in Werbung gesteckt, sondern es direkt in den Rennsport investiert. Als noch regelmäßig Erfolge vermeldet werden konnten, rechnete sich das, aber heute muss auch Ducati Werbung in den Medien schalten. Es stellt sich die Frage, ob sich der relativ kleine Hersteller mit seinem Engagement in der MotoGP und Superbike-WM auf lange Sicht finanziell nicht übernimmt und das Geld besser in die Entwicklung neuer Modelle stecken sollte. Doch ein Ausstieg würde Ducati in ein Dilemma stürzen, denn die Marke bezieht ihre Identität aus dem Rennsport.

Die Marke Ducati sah im Laufe ihrer Geschichte diverse Besitzer, seit 2012 gehört sie zu Audi und damit zum Volkswagen-Konzern. Der damalige Volkswagen-Boss Ferdinand Piëch hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er Ducati-Fan war und die italienische Marke unbedingt im Portfolio haben wollte. Es war damals keine kaufmännische, sondern eine emotionale Entscheidung. Viele Volkswagen-Manager sind bis heute nicht glücklich darüber und die zunächst beschworenen Synergieeffekte zwischen Audi und Ducati blieben aus. 2017 wurde in Wolfsburg hinter verschlossenen Türen über den Verkauf von Ducati verhandelt, doch der Volkswagen-Betriebsrat legte empört sein Veto ein, weil er von der Geschäftsführung nicht eingeweiht worden war.

Angeblich waren indische Motorradhersteller sehr an Ducati interessiert gewesen. Doch als Herbert Diess 2018 neuer VW-Boss wurde, erklärte er dem Handelsblatt in einem Interview: "Ducati einfach nur als Motorrad-Ikone im Volkswagen-Konzern zu haben, ist unternehmerisch nicht ausreichend." Diess war einmal Leiter von BMW Motorrad. Der Volkswagen-Konzern befindet sich in einem aufwendigen Umbau in Richtung Elektromobilität, da passt der Motorradhersteller Ducati mit seinen Verbrennungsmotoren nicht wirklich ins Konzept.

Ende 2020 flackerten erneut Verkaufsgerüchte auf, die Diess aber schließlich mit etwas fadenscheinigen Begründungen zurückwies. Man habe angeblich nur ausloten wollen, ob es Interessenten auf dem Markt geben würde, man wolle aber nicht verkaufen, sondern nur mögliche Investoren mit an Bord holen. Klingt eher nach gescheiterten Verkaufsverhandlungen. Dennoch erklärte der Volkswagen-Aufsichtsrat, an seinen italienischen Marken Ducati und Lamborghini festhalten zu wollen.

Um auf dem hart umkämpften Motorradmarkt langfristig bestehen zu können, braucht es mehr als eine ruhmreiche Rennsport-Historie und teure Premium-Bikes. Noch fällt die Firmenbilanz nicht negativ aus, aber Ducati muss seine Verkaufszahlen deutlich steigern, um nicht in finanzielle Probleme zu geraten, vor allem wenn sie am Rennsport festhalten wollen.

Auch ein Verkauf seitens Volkswagen ist zukünftig nicht auszuschließen, wobei ein indischer Motorradhersteller als neuer Besitzer vielleicht nicht das Schlechteste wäre, denn dort wüsste man die legendäre italienische Marke vermutlich mehr zu schätzen als in Wolfsburg. Wie erfolgreich ein solches Joint Venture sein kann, zeigen KTM und der indische Hersteller Bajaj, die ihre kleinen Dukes weltweit in großen Stückzahlen verkaufen. Eine günstige Mini-Monster könnte Ducati wieder Aufwind geben. Aber bitte mit Gitterrohrrahmen.

(fpi)