BMW i Hydrogen Next: H2-Auto auf X5-Basis kommt 2022

BMW kündigt mal wieder eine Flotte aus H2-Autos an. Man will das Thema, anders als der Entwicklungspartner Toyota, offenbar auf kleiner Flamme weiterbetreiben.

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BMW i Hydrogen Next: H2-Auto für 2022 in Kleinserie auf X5-Basis

Der BMW i Hydrogen Next ist ein umgebauter BMW X5, anders hätte die Technik nur schlecht unters Blech gepasst.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 8 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Idee eines Wasserstoff-Elektroautos ist nicht neu, seit den 1970er-Jahren arbeiten die Entwickler daran. Seit einigen Jahren sei die Brennstoffzelle im Auto serienreif, heißt es immer wieder. Doch abgesehen von Kleinserien ist davon bisher so gut wie nichts auf der Straße. Während etwa Volkswagen die Brennstoffzelle auf lange Sicht nicht im PKW sieht, bringt BMW in zwei Jahren eine neue Testflotte an den Start. Nicht die erste.

BMW kündigt an, 2022 eine Flotte aus umgerüsteten BMW X5 namens "i Hydrogen Next" einzusetzen. An ein Serienfahrzeug hingegen ist bis Mitte des Jahrzehnts nicht gedacht. Denn "aus unserer Sicht muss Wasserstoff als Energieträger zunächst in hinreichenden Mengen, mit grünem Strom und zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden", sagt BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich, "Wasserstoff wird dann vor allem in Anwendungen eingesetzt werden, die nicht direkt elektrifizierbar sind, also etwa im Schwerlastverkehr auf der Langstrecke." Solche Zugmaschinen werden dann aber eher nicht von BMW erwartet. Erst kürzlich hat aber BMWs H2-Entwicklungspartner Toyota mit seiner Lkw-Sparte Hino einen Vertrag über den Bau eines H2-getriebenen Lkw geschlossen.

"Beim Antriebssystem des BMW i Hydrogen Next erzeugt das Brennstoffzellensystem bis zu 125 kW elektrische Energie, die aus der chemischen Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff aus der Luft gewonnen wird", erklärt Jürgen Guldner, Leiter BMW Brennstoffzellen-Technologie. Die Systemleistung des "i Hydrogen Next" liegt bei 275 kW. Dann liefern Batterie und Brennstoffzelle gleichzeitig Strom an den Antriebsmotor.

BMW i Hydrogen Next: H2-Auto für 2022 in Kleinserie auf X5-Basis (7 Bilder)

Der Blick Richtung Hinterachse zeigt die beiden Tanks und ganz hinten den Antrieb, darüber einen Teil der Leistungselektronik.
(Bild: BMW)

Der elektrische Wandler, der sich im "i Hydrogen Next" unterhalb der Brennstoffzelle befindet, passt das Spannungsniveau an die des elektrischen Antriebs sowie der Leistungspuffer-Batterie an. Ähnlich einem Grundlastkraftwerk kann die Brennstoffzelle ihre Leistung nicht kurzfristig genug hoch- und wieder herunterregeln, um den wechselnden Leistungsanforderungen gerecht zu werden. Ein fester Stromspeicher ist daher Bestandteil jedes Brennstoffzellenautos, um die Bedarfsspitzen des Antriebs zu decken und Bremsenergie zurückgewinnen zu können.

Insgesamt sechs Kilogramm Wasserstoff fassen die beiden 700-bar-Tanks. Guldner: "Dies garantiert große Reichweiten bei allen Wetterbedingungen. Der Tankvorgang nimmt nur drei bis vier Minuten in Anspruch". Um beides einmal einzuordnen: Schnell tanken funktioniert nur unter idealen Bedingungen so schnell. Hat beispielsweise direkt vorher jemand H2 getankt, dauert es länger. Was die "großen Reichweiten" angeht, haben wir bereits Erfahrung: Der vergleichbare Mercedes-Benz GLC F-Cell (Test), den wir ausführlich testen konnten, verbrauchte bei uns bei Richtgeschwindigkeit etwa 1,5 Kilogramm auf 100 km. Güldners Anspielung mit dem Wetter zielt Richtung Batterietechnik, bei der die Außentemperatur ein nennenswerter Parameter der Reichweite ist.

BMW arbeitet zurzeit an flachen und preisgünstigeren Wasserstoffdrucktanks, welche die Fahrzeuge wettbewerbsfähiger machen sollen. Dazu kooperiert BMW mit der Technischen Universität Dresden, dem Leichtbauzentrum Sachsen, der Hochschule München und dem Werkstoffexperten Wela, gefördert wird das Projekt vom Bundeswirtschaftsministerium. Wirtschaftsminister Altmaier ist zwar ein Wasserstoff-Befürworter, gibt aber zu, dass noch 2030 rund 80 Prozent des anvisierten Wasserstoffverbrauchs importiert werden müssten.

Das Thema "Brennstoffzelle im Auto" wird zurzeit vor allem von asiatischen Marken und hier speziell von Toyota, Honda und Hyundai, immerhin einigen der größten Autobauern, vorangetrieben. Seit 2013 arbeitet BMW mit Toyota zusammen und hat eine Kleinstflotte von BMW 5er GT mit dem Wasserstoffantrieb des Toyota Mirai (Test) aufgebaut, um Erfahrungen zu sammeln.

Das Verhältnis zu Wasserstoff als Energieträger war auch bei Volkswagen nicht immer eindeutig. Während Konzern-CEO Herbert Diess seine Gefolgsleute darauf einschwört, sich auf den Batterieantrieb zu konzentrieren und die Entwicklung von Gas- oder Wasserstoffautos endgültig einzustellen, äußerte der scheidende Audi-CEO Bram Schot noch im vergangenen Jahr, dass man wieder in das Thema Brennstoffzelle einsteigen wolle. Abwarten wie das der neue Audi-CEO und ausgemachte Technikexperte Markus Duesmann sieht, der diese Woche in Ingolstadt die Nachfolge von Bram Schot antritt.

Auch Volkswagen-Markenchef Ralf Brandstetter erteilte dem Thema Wasserstoff zuletzt wieder eine deutliche Absage: "Die Brennstoffzelle ist für uns im Bereich PKW keine Option." Bei Volkswagen und den Konzerntöchtern spielte der Wasserstoff bisher noch nie eine nennenswerte Rolle. Immerhin forschte man einige Jahre mit Vorserienmodellen von Audi A7 / VW Passat (US-Version), die man nach eigenen Aussagen innerhalb von rund zwei Jahren auf die Straße hätte bringen können.

Doch wie bei vielen anderen Herstellern auch zweifelten insbesondere die Vertriebler an der Zukunft des Wasserstoffantriebs, denn seit vielen Jahren liegen die größten Probleme der Brennstoffzelle nicht bei den Autoherstellern selbst, sondern in der mehr als löchrigen Infrastruktur. Ein Tankstellennetz in einem Land oder gar auf einem Kontinent aufzubauen, erscheint angesichts der hohen Kosten, die durch die besonderen Hochdrucktanks und die Füllanlagen entstehen, in den nächsten Jahren abwegig. Insbesondere, weil die Brennstoffzelle mittlerweile nicht nur gegen die mächtige Ölindustrie ankämpfen muss, sondern einen deutlich gefährlicheren Gegner hat: die Akkutechnik. Ein Kilogramm H2 kostet derzeit 9,50 Euro – und ist hochsubventioniert. Angesichts der Aussicht auf ein 350-kW-Ladenetz, dessen Anfänge bereits stehen, und Batteriekapazitäten von 100 kWh plus X stellt sich die Frage, warum H2 langfristig im Pkw genutzt werden sollte.

Immerhin werden von Toyota, Hyundai, Mercedes und Honda derzeit in Europa vier H2-Modelle angeboten, die man jedoch nur mit viel Wohlwollen als Serienfahrzeuge bezeichnen kann. Die Stückzahlen sind homöopathisch, die Nachfrage gering. Ohnehin gibt es zumeist nur Leasingangebote. Immerhin bieten die Fahrzeuge abgesehen von guten Fahrleistungen und praktikablen Reichweiten den Vorteil, dass sie sich innerhalb von wenigen Minuten für die nächsten 400 bis 500 Kilometer nachtanken lassen.

Weitgehend ausgeräumt sind Probleme beim Packaging, die Tanks sind inzwischen geschickt integriert. Doch benötigen Tanks, Brennstoffzelle und Batterie so viel Raum, dass Crossovern wie dem Hyundai Nexo oder dem bereits erwähnten Mercedes GLC beispielsweise der übliche Allradantrieb verwehrt bleibt. Die Marktnachfrage ist überschaubar, das Interesse der Öffentlichkeit ebenso und in den nächsten Jahren geht es für die meisten potenziellen Kunden eher darum, ob oder wie weit das kommende Fahrzeug überhaupt elektrisiert werden muss.

Bis zum Jahr 2025 sollen laut der Marktbeobachtungsagentur IHS lediglich 150.000 Brennstoffzellenfahrzeuge auf dem Weltmarkt verkauft werden. Zu wenig für den Aufbau einer praxisgerechten Infrastruktur. Dennoch ist man auch in China aktiv: Great Wall Motors beabsichtigt, Brennstoffzellenfahrzeuge als Teil seiner alternativen Energie-Roadmap zu entwickeln. Toyota will seine Brennstoffzellentechnik zukünftig an die chinesische BAIC Group liefern. Foton Motor, die Nutzfahrzeugsparte von BAIC, soll dabei der erste chinesische Hersteller sein, der von Toyotas FCV-Technologien profitieren wird. Dennoch sieht es bei Pkw eher danach aus, dass die großen Hersteller versuchen, auf dem Stand der Technik zu bleiben, um sie gegebenenfalls schnell genug aus der Lade ziehen zu können.

Deutlich besser als bei Pkw wird gerade die Chance auf einen Wasserstoffantrieb für Lastwagen gesehen. Sie würden von den im Gegensatz zu den Ladezeiten von Batterieautos kurzen Tankzeiten und großen Reichweiten besonders profitieren und könnten die aufwendige Technik nebst großen 700-bar-Tanks einfacher unterbringen – beispielsweise hinter dem Führerhaus.

(fpi)