Was wiederbelebte Mammuts fĂĽr den Arten- und Klimaschutz bringen
Auf der UN-Bioversitätskonferenz geht es um den Erhalt von Arten und Lebensraum. Nach der Idee von George Church sollen auch ausgestorbene Tiere dabei helfen.
- Veronika Szentpetery-Kessler
Er ist nicht nur für die Entwicklung bahnbrechender Molekulartechnologien, sondern auch für ausgefallene wissenschaftliche Ideen bekannt. Einen seiner neuesten Pläne umweht ein Hauch von Jurassic Park: Der renommierte Harvard-Molekularbiologe und Genetiker George Church will die vor 4000 Jahren ausgestorbenen Wollhaarmammuts wiederbeleben. Genauer gesagt will sein von namhaften Investoren unterstütztes Start-up Colossal Biosciences Asiatische und Afrikanische Elefanten mit Wollhaarmammut-Genen widerstandsfähiger gegen Kälte und auch gegen Viren machen.
Anlässlich der Weltnaturschutzkonferenz in Kanada vom 7. bis 19. Dezember veröffentlichen wir täglich einen der insgesamt sieben Texte des Heft-Schwerpunktes zur Biodiversität von MIT Technology Review hier frei lesbar (die Ausgabe erschien im Juli 2022). Die Artikel beschäftigen sich mit Lösungsansätzen, was es braucht, um die Biodiversität unserer Erde zu schützen.
- Unsere letzte Chance: Was gegen das Artensterben hilft
- Natur machen lassen: Was passiert in Deutschlands einzigem Rewilding-Projekt?
- Buche, Eiche, Lärche: Die gute Mischung für einen klimatoleranten Forst
- Wie bedeutsam Mikroorganismen für die Biodiversität sind
- Ă–kosystem Meer: Wie das Meer Nahrungsmittelquelle und COâ‚‚-Senke bleiben kann
- Aufforstung: Wie Mangroven Senegals Zukunft sichern sollen
Diese "Mammufanten" sollen – wie früher die Mammuts – die arktische Tundra bevölkern und die heute bewaldeten Feuchtgebiete wieder in eine ausgedehnte Grassteppe verwandeln. Die bindet dann Kohlendioxid und die Schneedecke reflektiert die Sonneneinstrahlung.
Auch verspricht sich Church von den Kolossen, dass sie beim Grasen im Schnee einerseits kalte Luft an den Boden gelangen lassen und andererseits das Eis im Boden durch ihr Gewicht verdichten. Beides soll das Auftauen des Permafrostbodens und damit die Freisetzung riesiger klimaschädlicher Methanmengen verhindern.
"Überlebensfähigkeit der Elefanten verbessern"
Sie wollen Wollmammuts wieder zum Leben erwecken und verfolgen damit auch ökologische Ziele. Was erhoffen Sie sich?
Wir konzentrieren uns auf zwei ökologische Folgen: Die Überlebensfähigkeit der Elefanten zu verbessern, denn alle Elefantenarten sind vom Aussterben bedroht. Hierdurch würden sie einen neuen Platz außerhalb der Reichweite der meisten Menschen erhalten. Und die Arktis würde wieder zu einem Ökosystem werden, das nach Ansicht vieler Ökologen früher viel lebendiger war.
Am wichtigsten ist jedoch, dass hier 1.400 Gigatonnen Kohlenstoff im Boden eingeschlossen sind, die aufgrund der höheren Durchschnittstemperaturen freigesetzt werden. Ein Großteil davon ist Methan, das 30- bis 80-mal schlimmer für das Klima ist als Kohlendioxid. Das ist wichtiger als die anthropogenen Kohlenstoffquellen, bei denen es sich hauptsächlich um Kohlendioxid handelt, die nur zehn Gigatonnen pro Jahr ausmachen. Es wäre also wichtig, die Temperaturen zu senken.
Wie helfen die Mammufanten dabei?
Einige Modelle deuten darauf hin, dass ein höheres Verhältnis von Gras zu Bäumen, wie es vor Tausenden von Jahren der Fall war, auf dreierlei Weise helfen würde: erstens durch eine höhere Reflexion der Sonneneinstrahlung, die sogenannte Albedo. Zweitens lassen grasende Pflanzenfresser, die den Schnee zertrampeln, die minus 40 Grad Wintertemperaturen besser zum Boden durchdringen, um den methanreichen Boden am Auftauen zu hindern. Eine dicke, flauschige Schneeschicht ist wie eine Daunendecke, aber wenn man den Schnee so zusammenpresst, dass er zu festem Eis wird, hat er eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit. Und der dritte Vorteil wäre eine bessere Fotosynthese-Rate durch das Gras, weil das CO2-Bindung und nicht bloß eine Verlangsamung des Kohlenstoffverlustes bedeutet.