EU-Kommission nimmt nächsten Anlauf zur Flugtreibstoffbesteuerung

Anlässlich des neuen 55-Prozent-Ziels für die CO₂-Minderung bis 2030 geht die EU-Kommission wieder einmal den Dauerbrenner "Flugtreibstoffbesteuerung" an.

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Als 1944 das Chicagoer Abkommen in Kraft trat, von dem bis heute die Steuerbefreiung hergeleitet wird, war die Douglas DC-3 (im Bild) das aktuelle Verkehrsflugzeug. Ihre Kolbenmotoren verbrannten Flugbenzin, während die Verkehrsluftfahrt heute wegen der Strahltriebwerke fast ganz auf Kerosin umgestiegen ist.

(Bild: Towpilot CC BY-SA 3.0)

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Zweckgebundene Steuern sind langlebig: Die Schaumweinsteuer, 1902 zur Finanzierung der Kaiserlichen Flotte eingeführt, besteht bis heute. Ähnlich zäh sind manchmal anlassbezogene Steuerbefreiungen: Das 1944 zur Überwindung des Nationalismus geschaffene Privileg für Flugtreibstoff gilt in Europa noch heute.

Anlässlich des Klimawandels will die Europäische Kommission den Dauerbrenner "Flugtreibstoffbesteuerung" nun wieder einmal auf ihre Tagesordnung bringen. Im Rahmen der Initiative "Fit for 55", gemeint ist das neue 55-Prozent-Ziel bei der CO2-Minderung bis 2030, soll am 14. Juli ein neues Konzept vorgestellt werden. Es würde gleichzeitig das Steuerprivileg für Dieselkraftstoff betreffen, das in einigen EU-Staaten – unter anderem Deutschland – existiert.

Die EU-Staaten sollen dazu verpflichtet werden, den Flugtreibstoff endlich zu besteuern. Das betrifft weniger das Flugbenzin, das von kleinen Sportflugzeugen getankt wird. Eine Studie im Auftrag der EU hat bereits vor drei Jahren belegt, dass eine Besteuerung vor allem des mengenmäßig weitaus überwiegenden, weil von Verkehrsflugzeugen getankten Kerosins den Kohlendioxid-Ausstoß deutlich senken könnte. Das Steueraufkommen würde steigen.

Eine Besteuerung des Sprits für innereuropäische Flüge ist zwar erwünscht und hat bereits seit 2003 eine rechtliche Basis im Energiesteuergesetz, doch gilt sie bisher lediglich in Norwegen. Die anderen Länder erheben lieber Abgaben auf Tickets oder heben andere Steuern auf Flugreisen ein. So wird ein regelrechter Tanktourismus in der Flugbranche befürchtet, wenn die Besteuerung nur teilweise umgesetzt wird. National begründete Befürchtungen überwiegen, auch der deutsche Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht eine Kerosinsteuer skeptisch. Nun soll eine über zehn Jahre verteilte Einführung die Einstiegsschwelle senken.

Ob eine Verpflichtung zur Flugtreibstoffbesteuerung EU-Parlament und Ministerrat passieren wird, bleibt aber weiterhin äußerst fraglich, weil die EU-Staaten Entscheidungen über Steuern einstimmig treffen müssen.

Eine theoretische Möglichkeit, den CO2-Ausstoß durch das Schließen des Kohlendioxid-Kreislaufs zu senken, bietet der Ersatz von Kerosin aus Erdöl durch Synthetische Kraftstoffe. Der Ersatz von Kerosin und seines chemisch nahen Verwandten Dieselkraftstoff durch sogenannten Biodiesel ist möglich, aber aufgrund der begrenzten Anbauflächen für Energiepflanzen praktisch ausgeschlossen. Der andere Weg über Erneuerbare Energie für die Elektrolyse von Wasserstoff, der dann mit CO2 zu künstlichem Kerosin wird, scheitert bekanntermaßen ebenfalls an Kapazitäten. Die Konkurrenz um Wasserstoff aus Erneuerbaren aus allen Sektoren wächst derzeit allein durch den potenziellen Bedarf neu geplanter Projekte um Größenordnungen schneller als sich seine Produktion überhaupt aufbauen lässt.

(fpi)