Grundlagen-Technik im Elektroauto: Arten des Drehstrom-Motors

Seite 2: Asynchronmotoren

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Die Leistung eines Synchronmotors hängt direkt vom Lastwinkel ab: je größer der Sinus des Lastwinkels, umso mehr Drehmoment, das per jeweils durch Einganggetriebe und Momentangeschwindigkeit vorgegebener Drehzahl die Leistung bestimmt. Soll ein PSM frei mitlaufen, muss die Steuerung das Feld synchron zur Läuferdrehzahl mit Null Strom führen. Das erfordert eine feinfühlige Steuerung. Ein fremderregter Antrieb kann hier einfach die Erregerwicklung abschalten: das Magnetfeld kollabiert, der Rotor induziert keine Spannung mehr im Stator.

PSM-Motor von Volkswagen, wie er an der Hinterachse des ID.5 GTX zum Einsatz kommt.

(Bild: Volkswagen)

Die Drehzahl eines PSM wird über die Frequenz (und Spannung) des angelegten Wechselstroms bestimmt. Dass der Umrichter aus dem Gleichstrom der Batterie Wechselstrom für die Motoren macht, wissen die meisten E-Auto-Interessierten. Man bräuchte ihn jedoch selbst bei einer Wechselstromquelle, wenn man a) den variablen Drehzahlbereich eines Autos will statt nur eine fixe Drehzahl wie in vielen Stationärbetriebsanwendungen und b) wenn man von Drehzahl Null aus losfahren will, weil eine Wechselstromquelle ja üblicherweise nur eine konstante Frequenz liefert. Das deutsche Stromnetz etwa liefert (mit minimalen Abweichungen) 50 Hz. Damit läuft ein einfacher Drehstrom-Synchronmotor mit einem Polpaar erst einmal 3000/min und braucht trotzdem eine Anlaufvorrichtung. Ein Automotor an den üblichen Eingang- oder seltenen Zweiganggetrieben muss aber einen Bereich von 0 bis über 10.000/min bei fein dosierbarer Drehmomentabgabe abdecken. Der Umrichter und seine Ansteuerung sind also die zentralen Bauteile für die Qualität des Motorlaufs, nicht nur in PSM-Antrieben.

Asynchronmotoren (ASM) in Elektroautos werden ebenfalls zusammen mit Umrichtern verbaut, die variable Wechselstrom-Frequenzen liefern. Wie beim Synchronmotor ist der Name Programm: Das umlaufende Magnetfeld aus dem Stator und der Rotor laufen mit unterschiedlichen Drehzahlen, also "asynchron", mit "Schlupf". Bis zu einem gewissen Grad entscheidet der Schlupf über das dadurch aufgebaute Drehmoment. Diese Eigenschaft entsteht dadurch, dass im Asynchronmotor Schleifen aus leitendem Metall laufen.

Asynchronmotor, wie ihn Volkswagen an die Vorderachse z. B. des ID4 baut.

(Bild: Volkswagen)

Die Änderung des magnetischen Flusses aus der Drehzahldifferenz des magnetischen Feldes des Stators gegenüber dem Rotor induziert im Läufer einen Strom, der über die Käfigstäbe kurzgeschlossen fließt. Dieser Strom und sein Magnetfeld interagieren mit jenem des Stators, sodass sich der Rotor dreht. Es gibt Kurzschlussläufer, bei denen der induzierte Strom über den Käfig kurzgeschlossen wird, und es gibt Schleifringläufer, bei denen der Strom über Schleifringe nach außen geführt wird, wo er über Widerstände laufen kann, die sein Laufverhalten beeinflussen.

Zum Verständnis hilft es, sich eine einzelne Schleife im Magnetfeld vorzustellen und dann das verstandene Prinzip auf den Käfig anzuwenden. Eine einzelne Schleife dreht sich noch keine 360°. Erst der Käfig verfeinert das Prinzip dahingehend, dass der Motor flüssig läuft und nicht hängt. Gegen die Gefahr des Hängens werden bei Kurzschlussläufern im Fahrzeugbau meist schräge Stäbe verwendet, was zum Hängen führende Magnetfeld-Resonanzen verhindert. Für den Motorbetrieb steuert der Umrichter das Magnetfeld dem Rotor vorauslaufend an (also schneller als die Rotordrehzahl), für den Generatorbetrieb läuft es dem Rotor hinterher. Bei synchronen Drehzahlen sinkt das Drehmoment auf Null.

Audi kühlte den Asynchronmotor im e-tron recht aufwendig vom Zentrum des Rotors aus.

(Bild: Audi)

ASM sind sehr robust, kommen ohne teure Dauermagneten aus und laufen frei leer, wenn sie stromlos geschaltet werden. Im VW ID.4 und ID.5 GTX etwa realisierte Wolfsburg damit den Antrieb der Vorderachse für das Allradsystem. Beim so einem nur gelegentlichen Zupacken fällt nämlich auch ein Nachteil einer ASM kaum ins Gewicht: Sie sind, vor allem bei niedrigen bis mittleren Drehzahlen, weniger effizient als Synchronmotoren, produzieren also auch mehr Abwärme. Beim e-tron kühlte Audi den Rotor des ASM daher recht aufwendig mit einer Drehdurchführung vom Zentrum aus.

Als Tesla in Model S und X von Asynchron- auf Synchronmotoren umrüstete, stieg die Homologationsreichweite um bis zu 50 km. ASM benötigen zudem als simpelste Bauform sehr hohe Anlaufströme, denen konstruktiv begegnet werden muss, und sie bauen ein Fünftel bis ein Drittel größer als vergleichbare PSM. Aufgrund ihrer anderen Vorteile und des günstigen Preises werden uns ASM in Autos jedoch in Zukunft noch begegnen. In Zukunft könnten wir zudem sogenannte Reluktanzmotoren in Autos sehen.

Dabei entsteht das Drehmoment dadurch, dass sich der magnetische Läufer im jeweils anstehenden Feld immer nach dem Magnetfeld ausrichtet, die geringste namensgebende "Reluktanz" anstrebt. Dabei entsteht Abwärme nur im gut kühlbaren Stator, ein großer Vorteil fürs Auto. Dabei entsteht jedoch leider viel weniger Drehmoment als bei den hier beschriebenen Motorvarianten. Erste Anwendungen in Autos werden also selbst für E-Motoren-Verhältnisse Hochdrehzahlmotoren werden. Sage noch einmal einer, nur Hubkolbenmotoren seien spannend!

(cgl)