Honda CBR 900 RR FireBlade​: 30 Jahre Feuer und Schwert​

Seite 2: Erst 2004 der volle Liter

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Im Laufe der Jahre wurde der Rahmen verbessert, die Verkleidung, der Tank und das Heck geändert, ein 17-Zoll-Vorderrad montiert und der Hubraum der FireBlade wuchs stetig um ein paar Kubikzentimeter, bis er 2004 den Liter voll machte. Das war kurz nachdem Tadao Baba die Projektleitung aus Altersgründen abgegeben hatte und prompt legte die Fireblade mit dem Werkscode SC57 um neun Kilogramm zu, während die Vorgängerin SC50 von 2002 – die letzte von Baba entwickelte FireBlade – mit 954 cm3 und 150 PS es auf nur 199 kg Leergewicht gebracht hatte. Baba erklärte etliche Jahre später, dass die SC50 bis heute sein Lieblingsmotorrad sei und er auf ihr als immer noch rüstiger Rentner die Landstraßen unsicher machen würde. Um Sprüche war Baba nie verlegen und als er 2004 von einer japanischen Motorradzeitschrift gebeten wurde, die neue Fireblade zu testen, urteilte er über sie: "Gute Bremsen, guter Motor und gutes Chassis, aber kein Spaß, sie zu fahren!"

Dennoch blieb die Fireblade eine Erfolgsgeschichte und Fans weltweit hielten ihr die Treue. Die Konkurrenz hatte das Konzept eines leichten Chassis mit einem potenten Motor natürlich längst aufgegriffen und sogar ausgebaut. Yamaha hatte Ende 1997 als erste Marke mit der YZF-R1 eine 1000er präsentiert, die es auf satte 150 PS bei einem Trockengewicht von nur 177 kg brachte. Auf Druck der Hersteller erhöhte die FIM 2004 die Hubraumgrenze in der Superbike-WM auf 1000 cm3 und so konnte endlich auch die Fireblade teilnehmen. Tatsächlich holte James Toseland 2007 den Superbike-WM-Titel für Honda auf einer Fireblade. 2008 erschien eine komplett überarbeitete CBR 1000 RR (SC59) mit neuem Motor und einem Rahmen aus Druckgussteilen.

30 Jahre Honda Fireblade Teil 2 (8 Bilder)

Tadao Baba genießt einen Kultstatus wie nur wenige andere Entwickler. Dabei hatte Baba nie studiert, sondern als Testfahrer in der R&D-Abteilung angefangen. Sein Meisterwerk ist bis heute untrennbar mit ihm verbunden.

Als erste Fireblade verfügte sie ab 2009 über ABS, womit die elektronischen Assistenzsysteme Einzug in die Sportabteilung von Honda hielten. Die Entwickler verzichteten getreu der Fireblade-Philosophie bewusst auf extreme Spitzenleistung zugunsten besserer Fahrbarkeit und beließen den Vierzylinder bei 178 PS. Auch nach ihrer Renovierung 2014 brachte die Fireblade (SC77) es auf "nur" 181 PS, während die Konkurrenz bereits mit 200 PS davongezogen war. Auf der Landstraße war die Honda immer noch eine Macht mit gutem Durchzug, doch in der WM fuhr die Fireblade inzwischen hoffnungslos hinterher. Die 2017 vorgestellte Version SC77 mit 192 PS suchte weiterhin den Kompromiss zwischen Höchstleistung und ausgewogener Fahrbarkeit, sparte im Vergleich zur Vorgängerin aber eindrucksvolle 15 kg an Gewicht ein und wog nur noch 196 kg.

Doch schließlich reichte es dem weltgrößten Motorradhersteller, von der Konkurrenz in der Superbike-WM ständig gedemütigt zu werden und schmiss die Idee der Ur-Fireblade als idealen Landstraßen-Sportler über Bord. 2020 präsentierte Honda die CBR 1000 RR-R Fireblade (SC82) mit satten 217 PS bei 14.500/min und 201 kg Leergewicht, die Topversion SP trumpfte mit einem semi-aktiven Öhlins-Fahrwerk auf. Alltagstauglichkeit interessierte nicht mehr, die neue Fireblade war einzig für Siege auf der Rennstrecke konzipiert worden und wies Features der MotoGP-Honda RC213V-S auf, wie etwa ein identisches Bohrung-Hub-Verhältnis, Titanpleuel und den patentierten Ventiltrieb Semi-Cam.

Honda zog alle Register der Elektronik, um die gewaltige Power geregelt auf den Asphalt zu bringen. Die Experten zeigten sich nach den ersten Tests einig, dass die Serien-Fireblade auf der Rennstrecke endlich auf Höhe der Konkurrenz angekommen war und vielleicht sogar drückend überlegen gewesen wäre, wenn sie nicht unter einer viel zu langen Endübersetzung gelitten hätte. Das Manko hat Honda zum aktuellen Baujahr beseitigt und die Fireblade deutlich kürzer übersetzt sowie den Motor auf besseren Durchzug überarbeitet. Kurioserweise weist Honda stolz auf die neue Spitzenleistung von 217,6 PS hin – bei gerade mal 0,6 PS mehr als bisher.

Zum 30. Geburtstag bietet Honda die CBR 1000 RR-R Fireblade SP als "30th Anniversary" in einer ähnlichen weiß-rot-blauen Lackierung wie die Urahnin von 1992 an. Die lässt sich Honda mit 27.299 Euro ordentlich bezahlen. Zur Präsentation des Jubiläumsmodells am Motegi Twin Ring in Japan war natürlich Tadao Baba eingeladen und durfte zusammen mit seinen Nachfolgern in der Projektleitung auch für ein Video parat stehen. Was er von der neuen Fireblade wirklich hält, sagte der 77jährige nicht offen, sondern drückte es mit japanischer Höflichkeit aus: "Sie haben meine Denkweise verstanden ... und machten es zu ihrer eigenen Sache. Ich habe nur gesagt, sie sollen dieses Wissen nehmen und es an die nächste Generation weitergeben."

Wir sind sicher, dass Tadao Baba immer noch seine alte FireBlade bevorzugen würde.

(fpi)