Motorrad-Infotainment "BMW Connectivity-Paket" auf der R 1250 RT im Test

Seite 2: Karte. Zieleingabe. Fazit

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Über die induktive Lademöglichkeit lud mein Huawei P30 Pro im Test zuverlässig auf und wurde dank eines Schnappmechanismus auch sicher fixiert. Eine aktive Belüftung des Faches verhindert den Hitzetod des Smartphones. Genutzt werden kann jeweils nur der USB-Anschluss oder die Ladeschale, falls jemand auf die Idee kommt, ein zweites Handy laden zu wollen. Größer als 6,5 Zoll sollte das Smartphone nicht sein, um noch in das Fach zu passen. Selbst in dieser Größe war der Anschluss eines USB-Kabels an mein P30 Pro nicht mehr möglich.

Motorrad-Infotainment BMW R1250 RT Teil 2 (10 Bilder)

In vielen Ebenen versteckt und erst über sechs Klicks umgestellt: Sitz- und Griffheizung
(Bild: Sebastian Bauer)

Die BMW Motorrad Connected App übernimmt die gesamte Rechen- und Renderarbeit für die Navigation. Sprachansagen kommen entweder per Lautsprecher der RT oder über einen gekoppelten Helm.

Offlinekarten stellen sicher, dass die Navigation (inklusive Routenberechnung) auch ohne Netzverbindung einwandfrei funktioniert. Während des Testzeitraums von zwei Wochen und über 1900 Kilometer kam es kein einziges Mal zu irgendwelchen Berechnungsfehlern, Verbindungsabbrüchen oder anderem Fehlverhalten. Sogar Verkehrsinformationen und Straßensperrungen wurden zuverlässig durchgereicht – besser sogar, als in der parallel auf einem anderen Handy mitlaufenden Calimoto App. Trotz der Möglichkeit, ein kurvenreiches Profil zur Routenplanung zu wählen, spielt die BMW App allerdings nicht auf dem Niveau des Berliner Startups, für einfache A-B-Navigation mit schönen Kurven reicht es aber dicke.

Die Kartendarstellung ist BMW überaus gut gelungen, sowohl in der Tag-, wie auch in der Nachtansicht. Abbiegeinformationen erscheinen frühzeitig und sind auch an Autobahnkreuzen schlüssig. Die Route lässt sich am Display gut nachvollziehen und die Ansicht ist zwischen 3D- und 2D-Ansicht umschaltbar, letztere entweder in Fahrtrichtung oder genordet. Und obwohl eine bildfüllende Kartennavigation auf dem Motorrad erstmal beeindruckend wirkt, fuhr ich die meiste Zeit im Splitscreen-Modus, mit der Kartenansicht im rechten Drittel.

Zur Planung von Routen ist die Calimoto-Routenplanung über den Browser am Rechner zuhause für größere Touren deutlich komfortabler, als die Zieleingabe in der BMW App. Sehr gut hat der Übertrag der geplanten Routen aus Calimoto per GPX-Datei in die BMW App funktioniert. Einzige Schwäche: Da Calimoto nach wie vor keine Sperrungen oder Verkehrsinfos kennt, stellt man schnell eine Route über teilweise gesperrte Straßenabschnitte zusammen. Das BMW-System hat Sperrungen zwar als Verkehrsinfos vorliegen, warnt aber nicht explizit davor und versucht erst einmal, die GPX-Route abzufahren, sofern ein Wegpunkt ausdrücklich dorthin führt. Eine Sperrung fällt dann erst vor Ort auf und eine Änderung der GPX-Route ist unterwegs nicht mehr ohne Weiteres möglich. In der Planung per BMW App werden Verkehrsinfos bereits berücksichtigt und Sperrungen umfahren.

Die Zieleingabe im BMW-System ist nur recht eingeschränkt möglich: Über die Headunit lassen sich lediglich POIs in wenigen Kategorien als Ziele heraussuchen. Diese lassen sich zwar problemlos als neue Ziele oder in eine bestehende Route integrieren (auch in eine GPX-Route). Für die Eingabe komplett neuer Ziele ist dann aber doch ein Stopp nötig, um das Handy in die Hand zu nehmen. Sind bereits Ziele im System hinterlegt, lassen sich diese natürlich problemlos am Motorrad aufrufen.

BMW hat mit der Weiterentwicklung des Systems nochmals einen großen Sprung gemacht und nutzt die Möglichkeiten des von Bosch zugelieferten "mySPIN" konsequent aus. Vor allem aber ergänzen sie das System durch eine App, der man einen erstaunlich hohen Entwicklungsgrad zusprechen muss. Trotz seiner technischen Kniffe wirkt das System nie frickelig oder unzuverlässig, während man eine der besten Motorradnavigationslösungen auf einem der besten Displays auf einem Zweirad durch die Gegend fährt. Ob andere Motorradhersteller gewillt oder in der Lage sind, einen solchen Entwicklungsaufwand wie die Münchner zu betreiben, wird die Zeit zeigen.

Ducati bietet das System mit 6,5- Zoll-Display in der neuen Multistrada V4 S (Test) an, Suzuki stattet die frisch vorgestellte GSX-S 1000 GT damit aus und nutzt eine weitaus weniger umfangreich angepasste Version des Systems mit Sygic Navigationssystem.

Festhalten lässt sich, dass BMW sehr üppig vorgelegt hat. Suzukis neuer Sporttourer wird damit ein interessanter Vergleichskandidat für eine eher "nackte" Version des "mySPIN"-Systems, die Multi für ein umfangreicher angepasstes Derivat. Und während Android Auto oder Apple CarPlay derzeit nicht an die gut integrierte und auf das Zweirad ausgelegte Lösung von BMW heranreichen können, sind sie am Ende für viele OEMs bei geringem Entwicklungsaufwand vielleicht doch die beste Lösung. Es bleibt spannend.

(fpi)