Säulen-Eilige: Entwicklung der Ladeinfrastruktur für Elektroautos
Seite 2: Standortfragen und Roamingkonflikt
Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur bemängelt den Ausbaustand der DC-Säulen in mehrfacher Hinsicht. Es gibt nicht genug davon, sie sind nicht gut verteilt, und die Nutzerfreundlichkeit muss besser werden, so die Analyse. Konsequenz aus der Kritik: Statt wie bisher bestimmten Unternehmen die Ausführung zu überlassen und anschließend Fördergeld zu verteilen, erfolgt ein Paradigmenwechsel.
Bund schreibt DC-Standorte aus
Konkret schreibt der Bund demnächst 1000 DC-Standorte aus. Das heißt, dass Firmen wie bisher die Ladesäulen errichten und betreiben. Aber die Staatsförderung ist an Voraussetzungen gebunden: So wird es nicht mehr möglich sein, besonders attraktive Einzelstandorte zu versorgen und andere zu vernachlässigen. Stattdessen werden gute und schlechte nur zusammen vergeben. Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben der Betreiber schließt der Staat mit Steuergeld.
Die Nationale Leitstelle will auch den Komfort beim Laden erhöhen. Das betrifft scheinbare Banalitäten wie eine Überdachung, aber auch saubere Toiletten, einen kleinen Einkaufsladen oder freies WLAN. Es bleibt abzuwarten, wie genau die Ausschreibungsbedingungen aussehen. Die Gespräche dazu laufen. In wenigen Monaten soll es losgehen.
Roamingkonflikt eskaliert
Unterdessen spitzt sich der Streit um Roaminggebühren zu – auf Kosten der Elektroautofahrer. Prinzipiell bedeutet Roaming, dass es möglich ist, den Strom über das selbstgewählte Versorgungsunternehmen an jeder beliebigen öffentlichen Säule abzurechnen. Was zwischen diesem Electric Mobility Provider (EMP) und dem Betreiber der konkreten Ladestation, dem Charge Point Operator (CPO) pro Kilowattstunde bezahlt wird, ist gesetzlich nicht geregelt und kann darum frei verhandelt werden.
Das wiederum führt zu Auswüchsen oder besser: Zu einem speziellen Auswuchs. Ionity, das Joint-Venture der deutschen Autokonzerne sowie Ford und Hyundai, hat sich über den Aufbau eines europaweiten DC-Netzwerks eine starke Marktposition geschaffen. Und die wird von den beteiligten Automarken reichlich ausgenutzt. Wer keinen Vertrag mit Ionity hat, bezahlt in Deutschland 77 Cent/kWh. Wer dagegen zum Beispiel einen VW ID.3 hat, Kunde beim Dienst We Charge ist und eine monatliche Grundgebühr ausgibt, kommt auf nur 29 Cent/kWh. Aktueller Höhepunkt: Kunden des bekannten EMPs Plugsurfing müssen bei Ionity ab 15. Januar 1,09 Euro/kWh bezahlen.
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Greift der Staat ein?
Angesichts dieser Firmenpolitik verwundert es nicht, dass einer der größten Anbieter in Deutschland den eigenen Strom überall außer bei Ionity verkauft: Die EnBW, deren Ladeprodukt e-mobility+ auch als ADAC e-charge vertrieben wird, verzichtet zurzeit auf die Zusammenarbeit mit Ionity. Einige Elektroautofahrer wünschen sich darum ein Eingreifen des Staates, zum Beispiel in Gestalt der Bundesnetzagentur. Das Argument: Ionity hat genau wie alle anderen Ladesäulenbetreiber viel Fördergeld erhalten. Darum könnte eine Regulierung des freien Markts gerechtfertigt sein.
Wann kommt das perfekte Laden?
Angeblich diskutiert die Bundesregierung auch über eine verpflichtende Einführung einer Kreditkarten-basierten Zahlungsoption an jeder Säule. Das würde zusätzliche Bewegung in einen Markt bringen, der dabei ist, sich zurecht zu rütteln. Eigentlich würden sich Elektroautofahrer aber eine Lösung wie bei den Superchargern von Tesla wünschen: Es genügt, einmalig im Auto eine Kreditkartennummer zu hinterlegen. Das Laden an sich funktioniert nach dem Einstecken von der Identifikation bis zur Abrechnung automatisch. Und wie viel Cent pro Kilowattstunde das kostet, kann direkt im Display abgelesen werden. Ein Vorgang, der technisch bei allen Elektroautos machbar wäre. Stichwort: Plug & Charge nach ISO 15118. Bis zum perfekten Laden werden aber wohl noch drei bis vier Jahre vergehen. So bleibt es weiterhin am schönsten, den Strom zu Hause in die Batterie zu laden. Am besten den von der Fotovoltaikanlage auf dem Dach.
(mfz)