Vogel mit Perspektive? Suzuki GSX-R 1300 RR Hayabusa

Das Update verteidigt Suzukis Wanderfalken als schnellstes Bike nicht – die GSX-R Hayabusa schließt noch nicht einmal zu einigen Superbikes auf. Genügt das?

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Das "fliegende Ei" ist sich treu geblieben. Etwas zu treu, könnten manche finden.

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Ingo Gach
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Suzuki legt sein legendäres Speedbike Hayabusa neu auf. Sie trägt immer noch das aufgeblähte Aerodynamik-Gewand, doch der erwartete Leistungssprung bleibt aus, sie leistet mit 190 PS sogar weniger als ihre Vorgängerin. Dafür soll der Motor im mittleren Drehzahlbereich besser durchziehen. Damit könnte man die Hayabusa mittlerweile als beliebiges Superbike bezeichnen, einige leisten inzwischen weit über 200 PS und bieten ein besseres Handling.

Schon seit geraumer Zeit geisterte das Gerücht herum, dass Suzuki eine neue Hayabusa auflegen würde. Der "Wanderfalke" – so die deutsche Übersetzung – hatte 1999 als erstes 300-km/h-Motorrad für Furore gesorgt. Dafür hatte Suzuki das Design der GSX-R 1300 R Hayabusa völlig dem Diktat der Aerodynamik unterworfen und heraus kam ein rundliches, vollverschaltes Motorrad, das böse Zungen als "fliegendes Ei" bezeichneten.

Der 1298-cm3-Reihenvierzylinder leistete damals 175 PS und hielt tatsächlich das Versprechen, das schnellste Motorrad der Welt zu sein. Offiziell gab Suzuki 299 km/h an, weil ein stilles Übereinkommen der Hersteller vorsah, keine Motorräder zu bauen, die 300 km/h fuhren. Die Hayabusa brach damals aber sämtliche Beschleunigungsrekorde für Serienmotorräder, was ihr einen legendären Ruf bescherte.

Die Hayabusa war zu Beginn eine Sensation und viele Speedfreaks verfielen der Verlockung, das schnellste Motorrad zu besitzen, auch wenn sie eine eigenwillige Optik zeigte. 2008 kam dann eine gründliche Überarbeitung, der Hubraum stieg auf 1340 cm3 und die Leistung auf 197 PS. Offiziell blieb es bei 299 km/h, zahlreiche Messungen ergaben aber deutlich über 300 km/h Topspeed.

Suzuki Hayabusa Teil 1 (7 Bilder)

Die Hayabusa ist zurück. Suzuki legt sein legendäres Speedbike nach vier Jahren Pause wieder auf. Durch die Euro-5-Norm verlor der Motor aber sieben PS, wobei 190 PS noch immer ein Wort sind.

Zu dem Zeitpunkt hatte die Konkurrenz schon längst nachgezogen, Kawasaki hielt mit der ZZR 1200 und später Kawasaki ZZR 1400 dagegen und sogar BMW beteiligte sich am Wettrüsten mit der K 1200 S und ihrer Nachfolgerin BMW K 1300 S. Doch die Begeisterung für die nur auf Hochgeschwindigkeit ausgelegten Kraftprotze ließ in den 2010er Jahren deutlich nach. Von der ersten Hayabusa-Generation verkaufte Suzuki innerhalb von acht Jahren weltweit 115.000 Stück, bei der zweiten Generation waren es in neun Jahren dann nur noch 74.000 Einheiten.

Das Konzept der Powerbikes hatte sich überholt, sie verfügten alle über einen langen Radstand für Hochgeschwindigkeitsstabilität und wogen deutlich über fünf Zentner, waren daher alles andere als handlich und verhielten sich in Kurven behäbig. Auch galten Geschwindigkeitsexzesse mittlerweile als verpönt – legal waren sie ohnehin nur auf deutschen Autobahnen. Zwar ging die Leistungseskalation bei den 1000er-Superbikes weiter, aber die Hersteller legten den Fokus inzwischen auf die Fahrbarkeit mit exakt ansprechenden Fahrwerken und ausgeklügelten elektronischen Assistenzsystemen. Ende 2016 stellte Suzuki die Hayabusa ein, weil im folgenden Jahr die Euro-4-Norm anstand. Eine Neuauflage schien damals keine Option zu sein, doch nun präsentiert Suzuki die neue Hayabusa in Euro-5-Norm, sie hat also eine EU-Norm übersprungen.

Die von allen mit Spannung gestellte Frage war: Was für einen Motor würde die neue Hayabusa bekommen und welche Leistung? Würde sie mehr Hubraum haben oder vielleicht einen kleineren Motor, dafür aber mit Kompressor oder Turbolader? Alle Superbikes und sogar einige Naked Bikes leisten heute über 200 PS, eine Ducati Panigale V4 R holt aus einem Liter Hubraum eindrucksvolle 221 PS und die Kompressor-Kawasaki H2 satte 231 PS.

Da könnte Suzuki doch den Ehrgeiz haben, mit ihrer legendären Hayabusa wenigstens ebenbürtig zu sein. Aber bei der Präsentation machte sich Ernüchterung breit: 190 PS. Sieben weniger als die Vorgängerin. Das maximale Drehmoment sinkt von 155 auf 150 Nm. Es bleibt beim 1340-cm3-Reihenvierzylinder, es gibt keine Aufladung, nicht einmal variable Steuerzeiten durch so etwas wie die Shift-Cam-Technik, etwa bei der BMW M 1000 RR. Den Preis beziffert Suzuki mit 18.490 Euro. Nur zum Vergleich: Das Superbike Suzuki GSX-R 1000 holt mit variablen Einlass-Steuerzeiten 202 PS aus einem Liter Hubraum und kostet nur 16.590 Euro.

Suzuki preist die gestiegene Kraft der Hayabusa im mittleren Drehzahlbereich, wo der Motor früher einen leichten Durchhänger hatte. Ja, die Hayabusa erreicht laut Herstellerangeben immer noch 299 km/h. Vor 22 Jahren war das ein Kaufargument, heute legen die Kunden viel mehr Wert auf Agilität und entspannte Sitzposition – beides nicht die Paradedisziplinen der Hayabusa.

Sie sieht der Vorgängerin immer noch sehr ähnlich mit der spitz zulaufenden Front – Suzuki will hier einen Falkenschnabel imitiert haben – mit LED-Scheinwerfer und in die Verkleidung integrierten LED-Blinker, dem weit nach vorne gezogenen Vorderradkotflügel, dem flach stehenden Windschild, eine fast vollständige Verkleidung des Motors und einem buckligen Höcker als Abdeckung des Soziussitzes. Die beiden Endschalldämpfer wuchsen ins Gigantische, schließlich müssen sie aber auch je einen großen Katalysator aufnehmen und helfen, die Lärmemission legal zu halten.